Erst gestern wurde bekannt, dass der ehemalige unumstrittene Cruisergewichtsweltmeister Oleksandr Usyk der neue offizielle Pflichtherausforderer bei der WBO im Schwergewicht ist. Warum der Verband diese Entscheidung traf und nicht den auf #1 gerankten Dillian Whyte zum Pflichtgegner des Siegers aus Joshua vs. Ruiz Jr. II ernannt, wird nachfolgend beleuchtet.
Oleksandr Usyk ist WBO-Pflichtherausforderer – Doch warum?
Der 1. Juni dürfte bei vielen Boxfans für lange Gesichter gesorgt haben. Der mexikanischstämmige US-Amerikaner Andy Ruiz Jr. trat ursprünglich als Joshua-Ersatzgegner für den mehrfach des Dopings überführten Jarrell Miller ein. In Joshuas US-Debüt gelang dem Schwergewicht, der anders als Joshua nicht einem Adonis gleicht, dann die Sensation. Selbst in Runde 3 am Boden, konnte er sich aufrappeln und Joshua in selbiger zweimal sowie ebenso in Runde 7 zweimal auf die Bretter schicken. Ringrichter Michael Griffin brach die Schwergewichts-WM ab und erklärte Andy Ruiz Jr. zum neuen Weltmeister nach Version der IBF, IBO, WBA und WBO.
Letzterer Weltverband verkündete nun, wie bereits gestern berichtet, dass nicht etwa der auf Platz #1 bei der WBO gerankte Brite Dillian Whyte (25-1(1)-0) neuer Pflichtherausforderer wird, sondern der ehemalige unumstrittene Weltmeister im Cruisergewicht: Oleksandr Usyk (16-0, 12 KOs). Dieser konnte im Finale der World Boxing Super Series (WBSS) am 21. Juli 2018 nicht nur Murat Gassiev schlagen, sondern alle Titel der großen Weltverbände vereinigen: IBF, (IBO), WBA, WBC und WBO. Da Usyk im Cruisergewicht damit alle großen Namen geschlagen und alle wichtigen Titel vereinigen konnte, war die nächste logische Konsequenz, ins Schwergewicht aufzusteigen. Doch das geplante Debüt am 25. Mai gegen Carlos Takam wurde verletzungsbedingt seitens Usyks vertagt.
Dillian Whyte geht leer aus, trotz Beschwerden
Dass die WBO Usyk nun zum Pflichtherausforderer ernannt hat, kommt nicht von ungefähr. Bereits kurze Zeit nach Ruiz Jr’s Sieg über Joshua, beantragte das Usyk-Lager bei der WBO, den ukrainischen Olympiasieger zum Pflichtherausforderer zu ernennen. Als Begründung gab man an, dass Usyk im Cruisergewicht WBO-Superchampion war. Das WBO-Reglement besagt nämlich, dass ein Superchampion (der WBO), sofern er denn eine Gewichtsklasse auf- oder absteigt, berechtigt ist, sofortiger Pflichtherausforderer zu werden. Ein Beispiel hierfür wäre Terence Crawford. Im August 2017 wurde dieser „Undisputed Champion“ im Superleichtgewicht gegen Julius Indongo. Crawford stieg dann ins Weltergewicht auf und wurde Pflichtgegner des Aussies Jeff Horn (und besiegte diesen im Juni 2018).
Doch die Reaktion seitens Dillian Whyte und dessen Team ließen nicht lang auf sich warten. Da Whytes Kampfrekord, bezogen auf das Schwergewicht, besser ist, als der von Usyk (der noch keinen Kampf in der Königsklasse absolvierte) und Whyte seit langem die WBO #1 ist, plädierte dessen Team darauf, Whyte zum Pflichtgegner zu machen. Außerdem gab man an, dass Usyk noch keinen Kampf im Schwergewicht bestritten hat und sowieso derzeit verletzt sei.
Entscheidung der WBO zugunsten Oleksandr Usyks
Das Usyk-Lager wiederum reichte ein neues Schreiben ein, indem man Whytes Ansprüche zu entkräftigen versuchte. So sei Usyks Status als WBO-Superchampion höher anzusiedeln, als Whytes Résumé im Schwergewicht. Außerdem reichte man ein medizinisches Gutachten ein, aus welchem hervorgeht, dass Oleksandr Usyk nicht mehr verletzt sei. Er könnte damit sofort den Pflichtkampf gegen den aktuellen WBO-Champion wahrnehmen. Whyte hingegen könne nicht, da er am 20. Juli gegen Oscar Rivas in den Ring steigen wird. Ein Antrag von Whytes Team, mit einer Entscheidung bezüglich des WBO-Pflichtherausforderer-Status noch bis 20. Juli zu warten, lehnte der Weltverband ab.
Die World Boxing Organization (WBO) gab dann vielmehr offiziell bekannt, dass Oleksandr Usyks langjährige Erfolge im Boxsport, sowohl als Amateur als auch Profi, sowie der Superchampion-Status ausschlaggebende Punkte waren, um den Ukrainer zum Pflichtherausforderer zu ernennen. Dies kann folgenden Dokumenten entnommen werden (anklicken zum Vergrößern):
Die offizielle Anordnung für einen Pflichtkampf seitens der WBO ist noch nicht erfolgt. Denn erst muss das Rematch zwischen Anthony Joshua und Andy Ruiz Jr. stattfinden.