Der P4P-Superstar erleidet zum ersten Mal in seiner Laufbahn einen Niederschlag, trotzt jedoch diesem und stoppt seinen mexikanischen Widersacher in Runde 6.
Am Montag fand ein großartiges Event in der Hauptstadt von Japan statt. Im Tokyo Dome, einst Schauplatz des monumentalen Upsets zwischen Buster Douglas und Mike Tyson, sollte es 34 Jahre später erneut zu einer Boxveranstaltung kommen. Die Card bot gleich 4 vollwertige Weltmeisterschaftskämpfe. Das Highlight war jedoch eindeutig der Undisputed-Hauptkampf im Superbantamgewicht zwischen Naoya Inoue (27-0) und Luis Nery (35-2). Galt Inoue neben Terence Crawford als Nummer 1 der P4P-Liste im Boxen, bekam er mit dem Mexikaner Nery nun eine unangenehme Aufgabe gegenübergestellt, die mit Explosivität und Punch viel Gefahr ausstrahlen kann.
Inoues Siegeszug hält seit Beginn seiner Karriere an. Das Monster, so sein zutreffender Kampfname, wurde 2014 Weltmeister im Halbfliegengewicht. Seitdem hat sich in seiner Karriere enorm viel getan und er gewann neben der WBSS auch noch WM-Titel in 3 weiteren Gewichtsklassen, 2 mal davon sogar sämtliche Titel, also den Undisputed-Status. Der Japaner gilt als absolute aktive Boxlegende, dessen Kunst noch Generationen nach seinem aktiven Schaffen bewundern werden. Doch mit Luis Nery stand nun ein Mexikaner auf der Gegenseite, der selbst mit seiner Beweglichkeit, Explosivität und Schlagkraft beeindrucken kann. 2017 und 2018 stoppte er beispielsweise in Japan die vorherige P4P-Personalie Shinsuke Yamanaka (27-2-2) jeweils kurzrundig, weshalb er dort ein hohes Ansehen genießt. Entsprechend wurde für diesen Kracher der Tokyo Dome gewählt, damit das Mega-Event gebührend zelebriert werden konnte.
What an entrance for Naoya Inoue 🇯🇵
55,000 people in attendance! 🔥#InoueNery – Live Now pic.twitter.com/ChaYL6iaVZ
— Sky Sports Boxing (@SkySportsBoxing) May 6, 2024
Inoue früh am Boden – doch er dreht den Kampf
Der Kampf selbst hätte nicht aufregender beginnen können. Schon in der Anfangsphase erzielte Nery einen guten Körpertreffer und konnte Inoue ungewohnterweise in den Rückwärtsgang drängen. Ein Bild, welches man in der Karriere des Japaners nahezu nie sah. Wenig später wurde es dann still in der großen Indoor-Arena, als Nery mit einem perfekten Haken den japanischen Boxsuperstar zu Boden schlug. Es war der erste Bodenbesuch in Inoues Karriere. Doch direkt in der zweiten Runde war es dann Nery, der zu Boden ging. Er zeigte sich zu offen, schlug eine Hand zu kurz und erlitt postwendend einen Konter, der ihn niederstreckte.
DOWN GOES INOUE.
DOWN GOES INOUE.
DOWN GOES INOUE.
DOWN GOES INOUE. pic.twitter.com/af6jkMG417
— Top Rank Boxing (@trboxing) May 6, 2024
Der Tokyo Dome bebte, beide Boxer waren früh am Boden und ein großer Boxkampf zeichnete sich ab. In den weiteren Runden wurde Inoue seiner Favoritenrolle aber immer gerechter. Er wies die schnelleren Hände auf, traf Nery mehrfach klar, der sich teilweise beeindruckt davon zeigte. Der Mexikaner versuchte immer wieder hart gegenzuhalten, erschien jedoch in der Defensive zu löchrig, um diesen Kampf auf Dauer überstehen zu können. Am Ende der fünften Runde kam Inoue wieder hart durch und schickte Nery zum zweiten Mal zu Boden, der sich vorerst aber davon erholen konnte. Wenig später in der sechsten Runde sollte sein Ende jedoch besiegelt sein. Inoue kam mit harten Kombinationen durch, schlug Nery nieder, der in den Seilen lag. Der Ringrichter winkte daraufhin direkt ab. Auch wenn Nery einen fantastischen Start hinlegte und mit dem Niederschlag die Boxwelt kurzzeitig schockte, sollte er rückblickend doch chancenlos verbleiben.
UNBELIEVABLE.
Witness the destruction from ringside 🤯😳 pic.twitter.com/5bBsdibJmy
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Sollte ein Aufstieg in das Federgewicht erfolgen?
Für Inoue war es der 24. vorzeitige Erfolg im 27. Kampf. Er unterstrich seinen P4P-Status, obwohl der Niederschlag natürlich ein Makel darstellt. Wie sein weiterer Weg aussieht, bleibt abzuwarten. Er könnte sicherlich noch im Superbantamgewicht seine Titel gegen John Riel Casimero (33-4-1) oder Sam Goodman (18-0) verteidigen, aber auch in diesen Kämpfen wäre er klarer Favorit.
Vermutlich wird der Japaner auf der Höhe seines Schaffens weiterziehen müssen und sich im Federgewicht beweisen wollen. Die Gewichtsklasse wäre sicherlich noch einmal sportlich ein harter Brocken und somit reizvoll für die Boxlegende. Neben boxerisch kniffligen Aufgaben wie Robeisy Ramirez (13-2), Luis Alberto Lopez (30-2) oder Rey Vargas (36-1-1) gäbe es auch physisch starke Männer dort zu bezwingen wie Brandon Figueroa (25-1-1) oder Rafael Espinoza (24-0).
Kickboxer Takei wird auch im Boxen Weltmeister
Im Co-Mainevent kam es zur WBO-Weltmeisterschaft im Bantamgewicht. Der Australier Jason Moloney (27-3) verteidigte zum zweiten Mal seinen Titel und traf nun in Japan auf Yoshiki Takei (9-0). Takei war K1-Champion im Kickboxen und galt als P4P-Größe dort. Er wechselte 2021 ins Profiboxlager und verfolgte seitdem das Ziel, eines Tages im Boxen ebenfalls an der Spitze zu stehen. Nach etwas über 3 Jahren hatte er nun die Gelegenheit, sein Ziel umzusetzen. Takei stand zuvor in 8 Profiboxkämpfen im Ring und konnte jeden davon vorzeitig gewinnen. Entsprechend war Vorsicht für Moloney geboten, der aber mit dem Rückenwind des Weltmeisterstatus nach Japan reiste.
Schon in den ersten Runden konnte Takei seine Qualitäten unterstreichen. Immer wieder landete er harte Powerpunches zum Körper von Moloney, der sichtlich beeindruckt war. Teilweise kamen die Schläge aber auch etwas tief, wodurch der Ringrichter ziemlich vorschnell schon einen Punkt in Runde 2 abzog. Erst ab der Mitte des Kampfes wurde der Australier stärker und konnte Takei vermehrt in den Rückwärtsgang drängen. Ab diesem Zeitpunkt war der Kampf sehr ausgeglichen und spannend. Moloney machte immer mehr Druck und der Kampf bog in die Zielgerade ein. Als man Moloney das Momentum im Kampf zusprechen musste, tauchte plötzlich Takei wieder vermehrt auf und konnte etwas überraschend die Runden 10 und 11 für sich entscheiden. In dieser Phase kam schlichtweg zu wenig von Moloney, der vermutlich das hohe Tempo nicht standhalten konnte. So musste er wohl in der letzten Runde den KO erzielen und schaffte es sogar fast noch. Takei wirkte sichtlich angeschlagen, nahm etliche Schläge von Moloney. Der Japaner taumelte, konnte sich aber auf den Beinen halten und überstand diese schwierige Phase.
MAYHEM IS ON THE ATTACK 🤯🍿 pic.twitter.com/Nsnc9cSTVe
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Takei ist der 100. Weltmeister aus Japan
Am Ende ging der Kampf über die volle Distanz, und Takei bekam den einstimmigen Punktsieg zugesprochen mit 2x 116-111 und 117-110, was sicherlich 1-2 Runden zu eindeutig ausfiel. Damit ist Takei neuer Weltmeister im Bantamgewicht und nebenbei der 100. Japaner (mit JBC-Ausrichtung), der jemals Weltmeister im Boxen wurde.
Takei becomes the 100th Japanese world champion*
(*As recognised by the JBC)
— Asian Boxing (@asianboxing) May 6, 2024
Beide Inoue-Brüder waren erfolgreich
Im Bantamgewicht verteidigte auch Takuma Inoue (20-1), der Bruder von Naoya, seinen WBA-Titel. Er traf auf den bedeutend größeren Landsmann Sho Ishida (34-4) und musste ebenso wie sein Bruder einen Schreckmoment verdauen. Schon in der ersten Runde ging Takuma Inoue nämlich nach einem Jab zum Kinn hinunter. Doch davon ließ er sich nicht beirren, und er konnte fortwährend überzeugen.
Ishida blickte zwar auf Reichweitenvorteile zurück, doch er verstand sie nicht nennenswert auszuspielen. Anstatt in der Distanz mit dem Jab zu punkten, suchte er lieber die Nahdistanz, womit er den schnelleren Inoue einlud, gute Powerpunches unterzubringen. Ishida wirkte am stärksten, wenn er den Jab aus der Distanz ausspielte oder zum Körper schlug, was leider viel zu selten in dem Kampf vorkam. So kam es dazu, dass Inoue den Kampf im Griff hatte, obschon es insbesondere in den hinteren Runden einige enge Runden gab, da Inoue auch an Tempo einbüßte. Die Punktrichter werteten den Kampf einstimmig 116-111 und 2x 118-109 für Inoue, der seinen WBA-Titel zum zweiten Mal erfolgreich verteidigen konnte.
Akui behält auch im Rückkampf die Oberhand
Das weltmeisterliche Quartett wurde von der WBA Fliegengewichts-WM eröffnet. Dort traf Seigo Yuri Akui (20-2-1) im Rematch auf Taku Kuwahara (13-2). Der erste Kampf fand im Juli 2021 bereits statt, damals konnte Akui seinen japanischen Meistertitel in einem engen Kampf verteidigen und Kuwahara in den hinteren Runden stoppen. Seitdem hat sich jedoch viel bei beiden Boxern getan. Akui wurde im Kampf zuvor gegen Artem Dalakian (22-1) Weltmeister und durchbrach dessen Regentschaft, die seit 2018 anhielt. Kuwahara hingegen machte mit einigen vorzeitigen Siegen von sich aufmerksam und wollte im zweiten Aufeinandertreffen unbedingt die Revanche gelingen lassen.
Akui versuchte das Zepter direkt im Kampf zu übernehmen, hielt die Ringmitte und erzeugte Druck. Kuwahara agierte viel im Rückwärtsgang und ließ seinen Landsmann auch einiges verfehlen. Nach einem ausgeglicheneren Auftakt war es jedoch Akui, der mehr vom Kampf aufwies, da er auch mehr Druck erzeugte. Zwar gelang es ihm nicht immer gut, Kuwahara effektiv zu pressen, doch er hatte mehr Aktionen und mehr Erfolg aufzuweisen. In den hinteren Runden baute dann Kuwahara auch merklich ab und musste einige Treffer einstecken, wodurch die eindeutige Punktniederlage beschlossen war.
Akui setzte sich auch im Rematch durch und bekam einen einstimmigen Punktsieg über Kuwahara zugesprochen. Das genaue Urteil lautete: 2x 117-111, 118-110 für Akui.