Influencer-Fight Night: So war „The GREAT FIGHT NIGHT Vol. 2“

Modisch ein Highlight mit Vokuhila und ohne Hose, dafür mit viel Herzblut: Jan Schlappen (re) im Duell mit Chefstrobel / Foto: Witters GmbH Sportfotografie

Prominente im Ring spalten die Boxwelt aktuell mehr denn je: während die einen eine Chance darin sehen, dass durch die sich duellierenden Youtuber und TikToker ein breites Publikum angesprochen und Werbung für das Boxen gemacht wird, befürchten Kritiker eher einen Imageschaden durch überzogene Showeinlagen und ausufernde Peinlichkeiten bei dürftigem sportlichen Niveau. Eine etwas andere Nachbetrachtung.

Der Düsseldorfer PSD Bank Dome zeigte sich vornehmlich durch die Streamerszene gefüllt, während aber auch Stars und Sternchen aus dem Profi-Kampfsport, wie z.B. P2M Weltmeisterin Nina Meinke und Axel Schulz als Co-Kommentatoren oder aber auch MMA Pro-Fighter Chris Jungwirth als Coach von Influencerin Anna Gazanis (244.000 Follower bei Instagram, 1,7 Mio bei TikTok) vor Ort anzutreffen waren.

Zur zweiten „großen Fight Night“ hat Influencer Trymacs (1,1 Mio Follower bei Instagram, 2,27 Mio bei Youtube) als Host geladen. Eine Besonderheit war, dass das Event – wie auch bereits im letzten Jahr – unter Sanktionierung des Bund Deutscher Berufsboxer e.V. stattfand und dessen Präsident Thomas Pütz persönlich als Delegierter am Ring wachte. Wenngleich das Gerücht bei anderen, vergangenen Promibox-Events immer wieder aufflammte, wurden diese nicht offiziell durch den größten Deutschen Profiboxverband beaufsichtigt. Entsprechende Refs haben „im privaten Auftrag“ die Kämpfe geleitet – dann aber auch mit abgeklebten BDB-Wappen, um diese Grenze klar zu ziehen.

Im Vorfeld wurde durch den BDB deutlich gemacht, dass wenn der Profiverband drauf steht, auch Profiboxen drin sein muss: folglich wurde jeder Promi einer Profi-Jahreshauptuntersuchung unterzogen, BDB Refs und Judges sowie Ringärzte und professionelle Cutmen waren ebenfalls vor Ort. Die Voraussetzungen waren also absolut formidabel und somit durfte man gespannt sein, wie sich Trymacs und das veranstaltende Unternehmen „Media Total“ beim Matchmaking geschlagen haben, bei welchem darauf geachtet wurde, dass die Influencer unter sich bleiben und keine ungleichen Duelle entstehen.

Zu den Kämpfen

Die Österreichische TikTokerin Tina Neumann (2,8 Mio Follower) duellierte sich mit der Kölnerin Regina Hixt (933.000 Follower bei Instagram), welche mit Pro Boxing Coach Mo Weber in der Ecke auftrumpfte. Nach reichlich Schlagabtausch gelang Neumann schließlich im 3. Durchgang ein Niederschlag, von welchem Regina Hixt sich nicht ausreichend erholen konnte und somit durch Knock Out verlor.

Den wohl unterhaltsamsten Kampf lieferten sich der Parcour-Athlet Jan Schlappen (240.000 Follower bei Instagram) und Gamer Chefstrobel (612.000 Follower bei Twitch). Schlappen, der als Nachrücker ins Teilnehmerfeld gekommen ist, trat ohne Hose aber dafür mit viel Herzblut an und konnte so den Kampf nach Punkten für sich entscheiden sowie das Zuschauervoting für den „Kämpfer des Abends“ abräumen. Natürlich gab es dann zum Sieg eine Salto-Einlage im Ring zu bestaunen.

Überraschte mit solider Leistung: Anna Gazanis (li) gewann durch TKO gegen Kathiyessir / Foto: Witters GmbH Sportfotografie

Die bereits erwähnte Anna Gazanis duellierte sich mit Tiktokerin Kathiyessir (14.500 Follower). Dabei war Gazanis für viele die Überraschung des Events, da sie trotz einer Vorbereitungszeit von nur wenigen Wochen eine solide Beinarbeit und gute Technik mit recht präzisen Schlägen an den Tag legte und ihre Kontrahentin (trat zum Schutz ihrer Nase mit einer Carbonmaske an) förmlich überrollte. Kathiyessir wusste sich nicht anders zu helfen, als sich den Schlägen durch mehrfaches Wegdrehen zu entziehen, sodass Ref Karoline Pütz den Kampf schlussendlich abgebrochen hat. Man muss resümieren, dass Anna Gazanis sich mit ihrer Leistung sicherlich auch in so manchem als Profikampf tituliertem Duell der Frauen nicht hätte verstecken müssen.

Chancenlos: NoahZett (li) im Duell mit Nici Stemmler / Foto: Witters GmbH Sportfotografie

Im nächsten Duell konnte Youtuber Nici Stemmler (171.000 Follower; Bruder vom Host Trymacs) seinen guten Kumpel und Gegner Noah Zett (201.000 Follower bei Twitch) bereits in der ersten Runde mit präzisen Kombinationen zu Boden schicken. Noah Zett rettete sich in die Pause, musste aber in Runde 2 nach harten Wirkungstreffern zum Kopf erneut auf die Bretter, schaffte es dann aber rechtzeitig wieder auf die Beine. BDB-Ref Marco Morales gab den Kampf nocheinmal frei, stoppte diesen jedoch kurz darauf endgültig, um die Gesundheit des Streamers zu schützen. Auch Nici Stemmler konnte das Publikum mit einer soliden Boxleistung überzeugen.

Im Vorletzten Kampf standen sich The Genetic One (Fitness Youtuber mit 215.000 Followern) und The Franklin (ebenfalls Fitness Youtuber mit 315.000 Followern, bereitete sich bei und mit dem Team Steko vor) gegenüber. Beide sind Sportler durch und durch, sodass so mancher Profiboxer sich von der Shape der beiden Jungs inspirieren lassen sollte. Das Duell auf Augenhöhe zeigte nach anständiger Leistung ein verdientes Unentschieden.

Verdientes Unentschieden: Fitness Youtuber TheGeneticOne (li) und The Franklin nach ihrem Kampf / Foto: Witters GmbH Sportfotografie

Der Mainfight des Abends wurde dann von Youtuber Crispyrob (2 Mio Follower) und Webvideo Creator Jonas Ems (3,4 Mio Follower bei Tiktok, 2,89 Mio bei Youtube) bestritten und ging über die volle Distanz von 5 Runden á 2 Minuten. Als Gewinner konnte Crispyrob schließlich das Seilquadrat verlassen und somit den Influencer Boxabend schließen.

Zusammenfassend lässt sich über das Boxevent von Trymacs und Media Total, welches auf Joyn ausgestrahlt wurde, folgendes festhalten: haben wir im Profiboxen schon bessere Kämpfe gesehen? Ja! Waren die Kämpfe unterhaltsam? Auf jeden Fall! Jedoch gab es auch schon so manchen „Profikampf“, der qualitativ sicherlich unter dem Niveau der gebotenen Showkämpfe dieser Veranstaltung lag. War diese Veranstaltung ein positives Beispiel, wie man Boxveranstaltungen mit Promis durchführen kann? Definitiv!

Schlussendlich muss jeder für sich selbst bewerten, wie man zu Promi-Boxevents steht. Fakt ist: wir beobachten hier einen Trend, der mutmaßlich in der Zukunft noch mehr Zuspruch und Aufmerksamkeit erhalten wird, als es jetzt ohnehin schon der Fall ist. Es gilt also, auch mit solchen Events in der Boxsportwelt adäquat umzugehen und sie nicht einfach zu ignorieren.

Zu den Rahmenbedingungen lässt sich sagen, dass man maximal bemüht um die Gesundheit und Sicherheit der Influencer war. Dies begann beim Matchmaking, führte über die Hinzuziehung des Bund Deutscher Berufsboxer e.V und endete bei einer entsprechenden Vorbereitung. So sind fast alle Streamer in der Vorbereitung zum Beispiel bei den Profiboxern von P2M in Hamburg zu Gast gewesen und haben sich Tipps und Tricks von Profis wie Peter Kadiru oder Viktor Jurk geben lassen.

Die Stimmung in der Halle war grandios und sicherlich ein positives Beispiel dafür, wie man den Boxsport auch für die breite Masse zugänglich machen kann – ganz ohne gestürmte Hallen und ungleiche Duelle mit schweren Knockouts. Sofern auch andere Promoter und Organisatoren nun auf den Geschmack gekommen sind, appelliere ich: gerne abschauen und nachmachen! Am Ende des Tages ist und bleibt es ein Showevent, jedoch darf der Schutz der Promis niemals hinten angestellt werden. Dies wurde hier hervorragend umgesetzt.

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