Nachbericht Hertha BSC Berlin – Nordhäuser SV

Fotograf: Ulrich Friebel
Fotograf: Ulrich Friebel

Ein Unentschieden war das Minimalziel, ein knapper Erfolg im Vorfeld das Optimum. Am Ende setzten sich die Boxer des Nordhäuser SV im Hinkampf um die Meisterschaft gegen Hertha BSC Berlin in souveräner Manier mit 15:9 durch und legten den Grundstein, um am kommenden Samstag in der Ballspielhalle die zweite Mannschaftsmeisterschaft der Vereinsgeschichte perfekt machen zu können. „Es waren enge Kämpfe, die wir aber nicht unverdient gewannen. Dass es so deutlich wird, hätte ich allerdings nicht erwartet. Trotzdem dürfen wir uns noch nicht in Sicherheit wiegen, denn die Herthaner können ähnliches auch in Nordhausen schaffen. Sie werden sicher mit einer veränderten Mannschaft anreisen“, unterstreicht NSV-Cheftrainer Andreas Dietrich-Scherfling.

Enge Kämpfe aus Messers Schneide: NSV behält in Berlin kühlen Kopf und sorgt für eine erste Vorentscheidung im Titelkampf

Beide Teams hatten im Vorfeld mit den mittlerweile fast zur Gewohnheit gewordenen Abstellungssorgen zu kämpfen. So fehlten auf Seiten der Hauptstädter Omar El-Hag, Chemiepokalsieger Murat Yildirim oder Schwergewichtler Marco Deckmann, während die Nordhäuser wegen internationaler Einsätze auf Abass Baraou, Silvio Schierle oder Ibragim Bazuev verzichten mussten.

Dias Kuzembaew / Fotograf: Ulrich Friebel
Dias Kuzembaew / Fotograf: Ulrich Friebel

Andreas Dietrich-Scherfling baute seine Mannschaft im Vergleich zu den vorherigen Kämpfen im Bantamgewicht um, wo Dias Kuzembaew anstellte von Raman Sharafa in den Ring stieg. „Wir wollten schauen, auf welchem Level sich Dias befindet und die Berliner etwas überraschen“, so die Erklärung. Der Schachzug der NSV-Verantwortlichen zahlte sich aus. Gegen den größenmäßig überlegenen Alen Rahimic, immerhin der Deutsche Vize-Meister der U21, setzte Kuzembaew aus der Defensive heraus die klareren Treffer und machte so den Auftakterfolg perfekt. „Das war ein Sieg, mit dem ich im Vorfeld nicht unbedingt rechnete“, so Dietrich-Scherfling zufrieden.

Beflügelt durch den erfolgreichen Auftakt knüpfte der Niederländer Enrico La Cruz im Duell mit dem mehrmaligen Deutschen Meister Adthe Gashi an die Leistung Kuzembaews an. Zwar verlor der Schützling von Nationalcoach Hennie van Bemmel in der zweiten Runde etwas den Faden, fand im dritten Abschnitt aber den Weg zurück auf die Siegerstraße und brachte viele seiner langen Hände ins Ziel. Das honorierten auch die Punktrichter, denn vier der insgesamt fünf sahen ihn vorne.

Für die deutliche 8:4-Halbzeitführung und eine makellose Bilanz zur Pause sorgten anschließend sowohl Wladislaw Baryshnik durch ein enges 3:2-Urteil gegen Saeeb Omer sowie Publikumsliebling Balázs Bacskai in seiner Abschiedssaison vom Amateurboxsport. Mit all seiner Routine setzte Bacskai den Herthaner Benito Sprick von Beginn an unter Druck, sodass dieser angezählt wurde. Über die gesamte Kampfdauer war der Ungar der Aktivere und brachte seinen Gegenüber sogar kräftig ins Wanken.

Im Mittelgewicht sah es zunächst danach aus, als ob die Berliner noch mal aufschließen könnten. Zelimhan Dadaev bezwang in einem engen Fight auf Augenhöhe Stefan Nikitin. „Die Niederlage ging in Ordnung, da Stefan vor allem die ersten beiden Runden zu passiv agierte“, bewertete Dietrich-Scherfling anschließend. Doch schon seinem Heidelberger Trainingskollegen Athanasios Kazakis gelang es überraschenderweise, das alte Vier-Punkte-Polster wieder herzustellen. Im Vergleich mit dem deutschen Kaderathlet und WM-Ersatzmann Abdulrahman Abu-Lubdeh schenkten sich beide Boxer nichts. Abu-Lubdeh wurde durch den Ringrichter in den ersten beiden Runden jeweils wegen eines Kopfstoßes verwarnt, doch auch Kazakis erhielt in der dritten Runde eine solche, sodass vor der Urteilsverkündung noch mal Spannung aufkam. Die Punktrichter entschieden sich für den summa summarum technisch saubereren Boxer.

Dragan Veljkovic / Fotograf: Ulrich Friebel
Dragan Veljkovic / Fotograf: Ulrich Friebel

Den Auswärtserfolg bereits vor den „schweren Jungs“ gesichert, wollten die Nordhäuser noch nachlegen und für einen Kantersieg, gleichbedeutend mit der Vorentscheidung im Titelkampf, sorgen. Dragan Veljkovic bekam es mit dem bulligen Ungarn Gerghely Savoly zutun, behielt nach einer engen ersten Runde anschließen kühlen Kopf und nutzte geschickt seine Reichweite, um gezielte Treffer zu setzen. Wie schon in den Kämpfen zuvor, gab es wieder ein 3:2-Urteil – das Vierte im Verlauf des Abends und zum dritten Mal zugunsten der Rolandstädter. „Wir waren heute das nötige Quäntchen voraus, was den Ausschlag für uns gab. Trotzdem hat sich Hertha als würdiger Gegner erwiesen und uns das Leben schwer gemacht. Im Rückkampf kann so etwas auch umgekehrt passieren“, warnt NSV-Mannschaftsleiter Michael Döring.

Den Schlusspunkt setzte Kapitän Max Keller, der genau wie sein Gegenüber Alexander Müller vom Berge mit offenem Visier boxte und so für den wohl spektakulärsten Kampf des Abends sorgte. Zweimal wurde der Berliner angezählt, steckte aber trotzdem nie auf – der amtierende Deutsche Meister im Superschwergewicht musste bis zum Schlussgong auf der Hut sein, um sich den Sieg zu sichern.

„Die Berliner haben uns mit ihrer Aufstellung überrascht. Durch beherzte Kämpfe konnten wir uns aber klar durchsetzen und haben uns eine gute Ausgangssituation für nächsten Samstag geschaffen“, bilanzierte der Kapitän anschließend zufrieden.

Trotz des klaren 15:9 Sieges wollen sich die Nordhäuser vor eigenem Publikum am kommenden Samstag ab 19:30 Uhr in der Ballspielhalle noch mal teuer verkaufen und erneut für klare Verhältnisse sorgen. „Wir werden keine Experimente eingehen und möchten jeden Kampf gewinnen. Wir geben bis zum Schluss 100 Prozent und wollen unsere weiße Weste in eigener Halle beibehalten. Wir rechnen mit starken Berlinern“, kündigt Michael Döring an.

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