Katie Taylor: „Das ist es, was große Champions tun“

Katie Taylor – Foto: „CNN International“

Für eine Sonderausgabe von „CNN Connect the World“ traf sich Becky Anderson mit Katie Taylor – der irischen Boxerin, die die Welt des Frauenboxens erobert hat und zur unbestrittenen Weltmeisterin im Leichtgewicht wurde.

Taylor ist für viele eine „lebende Legende“ für ihr Engagement im Frauenboxen. Zu Beginn ihrer Karriere musste sie sich als Junge ausgeben, um überhaupt antreten zu können –  in einer Zeit, in der Frauenboxen in Irland nicht geduldet wurde. Mit gerade einmal 15 Jahren nahm sie am ersten offiziellen Frauen-Boxkampf in der Geschichte Irlands teil. Im Jahr 2012 gewann Taylor ihre erste olympische Goldmedaille im Leichtgewichtsboxen der Frauen.

Ihr Leben war geprägt von Herausforderungen, wie etwa der Trennung ihrer Eltern oder der Entscheidung ihres Vaters, die Familie zu verlassen. In einem emotionalen Interview mit CNN erklärt sie, wie schwierig es war, den Kontakt zu ihrem Vater zu verlieren, der bis dahin ihr Trainer und größter Unterstützer war: „Es war absolut herzzerreißend.“

Zitate aus dem Interview:

Nach der Trennung ihrer Eltern und dem Ausscheiden ihres Vaters aus der Familie:

„Seit ich im Alter von 10 Jahren mit dem Boxen anfing war hat mich mein Vater trainiert. Wir verbrachten jeden einzelnen Tag zusammen. Wir haben viele tolle Momente miteinander, als wir uns auf große Kämpfe und Wettbewerbe vorbereiteten. Wir waren einfach ein tolles Team […]. Aber leider ist er aus der Familie ausgetreten […] .Jedes Mal, wenn ich darüber spreche, werde ich ein wenig emotional. Es gab offensichtlich einen riesigen Bruch in der Beziehung. Und gerade das brachte mir so viel Kummer ein. Ich schätze, es liegt daran, dass die ganze Familie wegen der ganzen Geschichte ein gebrochenes Herz hat. Ich konnte mich einfach nicht mehr richtig konzentrieren – und es war wirklich schwierig für mich. Man weiß nie, was einem das Leben manchmal antun wird  angesichts der ganzen Höhen und Tiefen. Ich hatte die Höhen von London und dann die absoluten Tiefen von Rio. Das war die schwierigste Zeit meiner Karriere. Aber auch persönlich war es absolut herzzerreißend. Und so ist das reale Leben.“

Über ihren Glauben:

„Es ist wahrscheinlich der wichtigste Teil von mir. Ich bin in einem christlichen Haushalt aufgewachsen und gehe jeden Sonntag in die Kirche. Ich wuchs mit dem Wissen auf, dass Gott einen großen Plan für mein Leben hat – und selbst in schwierigen Zeiten war er auch ein Anker [für mich]. Ich wäre ohne diesen Glauben nicht in der Lage gewesen, diese schwierigen Zeiten zu überstehen.“

Über ihre Rolle als Vorbild:

„Ich mag diese Verantwortung. Ich liebe es, einen positiven Einfluss auf die Entwicklung junger Mädchen haben zu können und ein gutes Beispiel für sie zu sein. Und es hat einen großen Einfluss auf diese Nation gehabt, was ein tolles Gefühl ist. Und jeder einzelne Boxclub im ganzen Land ist jetzt voller Boxerinnen. Als ich anfing zu boxen, fühlte ich mich, als wäre ich die einzige Boxerin überhaupt. So viele Mädchen zu sehen, die zu dir aufblicken und so viel Talent haben, ist wahrscheinlich der befriedigendste Teil dieser Reise.“

Über einen möglichen Ruhestand:

„Ich habe noch viele Jahre vor mir. Ich denke nicht einmal an den Ruhestand. Und ich bin der unbestrittene Champion. Aber ich habe das Gefühl, dass ich erst richtig anfange. Zum Leid meiner Familie. Ich denke, sie würden es sehr begrüßen, wenn ich die Handschuhe an den Nagel hängen würde. Sie wären nicht mehr so nervös vor jedem einzelnen Kampf. Aber ich fühle mich sehr, sehr frisch. Und es gibt noch so viele große Kämpfe, die wie für mich gemacht sind. Und ich mag meinen Job sehr. Ich liebe das, was ich tue. Warum die Handschuhe an den Nagel hängen, wenn es noch so viel mehr zu erreichen gibt?“

Über ihren neuen Trainer Ross Enamait:

„Meine Karriere ging sehr, sehr schnell bergab. Ich denke, zu der Zeit hatte ich einfach keinen Spaß mehr am Boxen. Es war eine Pflicht für mich, zu trainieren. Ich war mir darüber bewusst, dass gerade nicht gut boxen würde. Als ich dann zu Ross ging, entfachte er das Feuer wieder in mir. Ich fing wieder an, mein Boxen zu genießen. Und ich liebe es, zu trainieren. Ich liebe auch seine Philosophie der Ausbildung. Er ist ein echter Old-School-Typ […]“.

Über ihre Boxanfänge als Junge:

„Ich trug früher eine Kopfbedeckung und hatte die Haare hochgesteckt. Damals war ich bekannt als Kay Taylor […]. Als am Ende des Kampfes alle merkten, dass ich ein Mädchen war, da gab es einen Aufruhr“.

Über ihr Engagement, Frauenboxen zu einer olympischen Sportart zu machen:

„Ich erinnere mich, dass ich zu einem Wettbewerb nach Chicago eingeladen wurde. Ich boxte damals für das Olympische Komitee und man sagte mir vor unserem Kampf: ‚Dieser Kampf bestimmt, ob Frauenboxen bei den Olympischen Spielen stattfinden wird.‘ Und so lastete ein riesiger Druck auf mir. Aber was für eine Ausgangsposition, in der man jetzt war?! […]. Und wir haben es geschafft. Frauenboxen ist jetzt Teil der Olympischen Spiele und wird es auch bleiben. Aber es gab definitiv viele Kämpfe und Herausforderungen […]. Es war kein einfacher Weg.“

Über den Gewinn der olympischen Goldmedaille:

„Seit ich zehn oder elf Jahre alt war, träumte ich davon. Und es gibt keinen Tag, an dem ich nicht von dieser Goldmedaille träume“.

Über ihren Kampf gegen Delfine Persoon aus Belgien:

„Ich wusste, dass es einer der härtesten [Kämpfe] in meiner Karriere werden würde. Es war definitiv ein sehr zermürbender Kampf und nicht meine beste Leistung, das ist sicher. Aber ich denke, ich habe mich reingehängt und einen Weg gefunden, zu gewinnen. Das ist es, was große Champions tun. Wenn sie in der Nacht nicht in Bestform sind, finden sie einen Weg zum Sieg. Es gab definitiv auch nach dem Kampf viele Kontroversen. Ich denke, das ist ein wesentlicher Bestandteil des Sports. Ich meine, du wirst manchmal in der Kritik stehen und manchmal verstehe ich die ganze Diskussion nicht, es war ein wirklich harter Kampf. Es hätte so oder so laufen können, man kann einen solchen Kampf keinen ‚Raub‘ oder eine schlechte Entscheidung nennen, wenn es ein wirklich zermürbender Kampf wie dieser war. Und viele Leute waren auch damit zufrieden. Aber die Leute konzentrieren sich nicht auf solche Kommentare, sie konzentrieren sich auf die Diskussion und so läuft das einfach in dieser Welt“.

Hier das komplette Video der 23-minütigen CNN-Sondersendung

Boxen1 dankt CNN International für diesen tollen Bericht.

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