Exklusive Foto von Devad Handanovic
„Alles kann passieren. Vielleicht war das der letzte Boxkampf in meiner Karriere…“. Felix Sturm sieht mitgenommen aus, wie er da auf der Pressekonferenz nach seiner Niederlage gegen Fedor Chudinov den Journalisten Rede und Antwort steht. „Vielleicht nehme ich mir auch ein Jahr Pause. Oder ich werde Reporter bei Sport1 und nehme ihnen den Job weg.“, sagt’s, und grinst in die vordersten Reihen. Na also, seinen Humor hat er noch nicht ganz verloren. Dafür aber, langsam und stetig, seine Reputation.
Felix Sturm – das war mal einer der ganz großen Namen im deutschen Boxsport. Ein vierfacher Weltmeister im Mittelgewicht, einer, der mit Oscar de la Hoya im Titelvereinigungskampf in Las Vegas über die Runden ging und nicht zuletzt vom übertragenden Sender HBO vorne gesehen wurde. Schnell, wendig, variabel. Das waren die Markenzeichen von Felix Sturm.
Jetzt, nach drei Niederlagen und einem Unentschieden aus den letzten sechs gewerteten Kämpfen, sieht die Welt für den Leverkusener anders aus. Die verdiente Niederlage im Kampf um die vakante WBA-Weltmeisterschaft zeigte einmal mehr Sturms Schwächen auf. Und lässt die Angst vor dem sportlichen Abstieg real werden.
Für Axel Schulz steht indes fest: sein Feuer lodert noch für ein bis zwei Kämpfe. Diese Feststellung jedenfalls tätigte der Sat1-Boxexperte am Rande der gestrigen TV-Übertragung. Eine Feststellung die Fragen aufwirft. Nicht zuletzt jene nach möglichen Kontrahenten.
Eigentlich sollte Sturm noch in diesem Jahr auf Arthur Abraham treffen, der in wenigen Wochen zum vierten Mal gegen Robert Stieglitz in den Ring steigen wird. Nach Sturms überraschender Niederlage allerdings, warten zum Ende seiner Karriere voraussichtlich andere Gegner. Vincent Feigenbutz wäre ein Kandidat, der für einen Kampf gegen Felix Sturm höchstwahrscheinlich ins Mittelgewicht absteigen würde. Gleiches dürfte für Juniorenweltmeister Tyron Zeuge gelten.
Ebenfalls im Bereich des Möglichen könnte ein Rückkampf gegen Robert Stieglitz liegen, vorausgesetzt, dass dieser im Duell mit Abraham unterliegt.
Wird Felix Sturm zum Journeyman?
Duelle also, die angesichts der bewegten Karriere Sturms nur wenig Reiz versprechen, zumal der Auftritt gegen Fedor Chudinov nur wenig Hoffnung auf Besserung aufkeimen ließ. Sturm wirkte Kraft- und Ideenlos, erkannte seine Chancen zumeist viel zu spät und konnte gegen den keinesfalls übermächtigen Russen nur in wenigen, seltenen Momenten wirklich überzeugen.
Eine Tatsache, welche die Frage aufkeimen lässt, ob Sturm sich den Entbehrungen und Ärgernissen des Profisports noch weiter aussetzen muss – oder ob es das war, für den Boxer Felix Sturm.
Am Ende kommt es eben darauf an, wie stark das Feuer noch brennt. Und ob Sturm sich einem Rückkampf gegen Chudinov auf russischem Boden aussetzen möchte. Denn das könnte sie dann nämlich wirklich sein – die letzte Chance vor dem endgültigen Abstieg.