Sebastian Formella im Interview: „Der Plan ist, dass ich 2019 um eine WM boxe!“

Foto: Torsten Helmke

Am Samstag wird Sebastian Formella bei der „Night of Champions“ in der Sporthalle Hamburg den Hauptkampf bestreiten. „Hafen-Basti“ wird dafür eine Gewichtsklasse hinunter gehen und im Weltergewicht auf Betuel Ushona aus Namibia treffen. Boxen1 traf ihn vorab zum Interview. 

Der Star für jedermann 

Wenn man als unwissende Person Sebastian Formella dieser Tage beobachten würde, käme man nicht auf die Idee, dass dieser am Wochenende in der vermutlich prall gefüllten Hamburger Sporthalle in einen Boxring steigen, geschweige denn als Hauptkämpfer im Zentrum des Interesses stehen würde. Pausenlos ist der 31-jährige am witzeln, sein Team und er werfen sich die Bälle hin und her. 

Es scheint, als sei die bevorstehende Aufgabe, die große Kulisse und all die Verantwortung, die damit einhergeht, die normalste Sache der Welt. Dass Formella und sein Trainerteam die Sache allerdings keineswegs auf die leichte Schulter nehmen, zeigt sich bei den wenigen Übungen, die heute auf dem Plan stehen. Man merkt zum Beispiel, dass die Bewegungsabläufe von Gegner Betuel Ushona akribisch in die Pratzenarbeit mit eingebaut worden. Formella bestreitet seinen Weg mit, aber nicht aus Spaß.

Sebastian Formella (l.) mit Boxen1-Redakteur Fynn Schröder. Foto: Torsten Helmke

Formella: „Ich denke der Kampf gegen Ilbay kommt“

Hallo, Sebastian! Du boxt am Samstag (15. Dezember) in der Sporthalle Hamburg – was machst du in den letzten Tagen vor dem Kampf noch?

Formella: In der Kampfwoche halte ich nur noch mein Gewicht und trainiere mit meinen Trainern Mark und Peter. Also Pratzen- und Techniktraining und dann halt das Gewicht halten.

Bereitet dir das Gewicht Probleme?

Formella: Nein, ich bin sehr diszipliniert vorgegangen, das letzte Kilo ist manchmal noch schwierig zu halten, aber ich konnte bisher noch jeden Tag richtig essen, ist also kein Thema.

Bekanntermaßen arbeitetest du nebenbei noch am Hafen – wie sah das aus, konntest du dir in den letzten Wochen freinehmen, um dich voll auf den Kampf zu konzentrieren?

Formella: Ich war jetzt noch ein paarmal am Wochenende arbeiten, ansonsten hatte ich nach meinem letzten Kampf schon über 100 Überstunden gesammelt, sodass ich die letzten 3-4 Wochen nicht mehr groß arbeiten musste. 

Du boxt am Samstag gegen Betuel Ushona aus Namibia – was haben du und dein Team über ihn in Erfahrung bringen können?

Formella: Es gibt einen Kampf von ihm auf YouTube (gegen Deniz Ilbay 2016, Anm. d. Red.), den sich mein Trainerstab mit mir angeguckt hat. Er ist ein unangenehmer Boxer, da er sich recht unorthodox bewegt, haut Führ- und Schlaghand schnell nach vorne und haut dann ab, um sich nicht treffen zu lassen. Ich muss aufpassen, dass er mich bei seinen wüsten Attacken nicht mit dem Kopf erwischt. Erol (Ceylan, Anm. d. Red.) hat uns einige Sparringspartner besorgt, die ähnlich wie Ushona kämpfen, die Vorbereitung lief also optimal.

Ushona stand auch schon mit Rico Müller und Deniz Ilbay im Ring – ist das für dich eine besondere Motivation, vielleicht noch besser gegen diesen auszusehen als die deutsche Konkurrenz? 

Formella: Nein, für mich ist das ein Gegner wie jeder andere. Ich muss ihn einfach schlagen, um weiter im Ranking nach oben zu kommen.

„Hafen-Basti“ bei der Pratzenarbeit. Foto: Torsten Helmke

Jetzt hatte ich den Namen Ilbay ja bereits angesprochen. Man konnte lesen, dass EC Boxing ihn als deinen Gegner für den 15. Dezember vorgesehen hatte. Es soll ein Angebot gegeben haben, aber ein Kampf kam nichts zustande. Woran lag es?

Formella: Ich weiß es nicht ganz genau, da das Promoter-Sache ist. Aber was ich weiß, ist, dass Team Ilbay ein fertiger Vertrag unsererseits vorlag, aber dann hat er bei Sauerland unterschrieben und vielleicht kam es deshalb nicht zustande. Aber er hat mich ja auch schon öffentlich herausgefordert, also denke ich, dass der Kampf noch kommt. Er hatte ja auch eine Verletzung, vielleicht hat ihn das dazu bewogen, den Kampf erstmal nicht zu machen. 

Sagen wir mal der Ilbay-Kampf kommt nicht – gibt es noch andere deutsche Boxer im Welter- oder Super-Weltergewicht, gegen die du im nächsten Jahr gerne in den Ring steigen würdest?

Formella: Also mit Rico Müller bin ich gut befreundet, wir tauschen uns auch viel aus, also wäre das aktuell wohl keine Option. Ansonsten hab ich mich damit noch gar nicht so beschäftigt. Ich weiß auch nicht wie die Rankings sind, Erol beschäftigt sich hauptsächlich damit und guckt auch international, was da so geht. Wir sind nur die Boxer, wir gehen rein und geben Feuer (lacht).

Jetzt bist du bei der WBO im Super-Weltergewicht auf Rang 8, durch einen Sieg am Wochenende könnest du auch im Weltergewicht nach oben rutschen – angenommen am Montag kommt ein Anruf aus den USA und du bekommst ein Angebot für einen WM-Kampf, z. B. gegen Jaime Munguia, sagst du dann blind zu?

Formella: Also zunächst muss natürlich das Angebot stimmen, eine WM muss ja ordentlich Geld einbringen. Munguia habe ich gerade bei der WBO-Convention in Panama kennengelernt. Der ist richtig stark und groß, da würde man sicherlich als Außenseiter reingehen, aber ich würde es machen, weil dafür macht man’s ja. Einerseits würde es mich sportlich weiterbringen, aber es muss auch eine entsprechende finanzielle Entschädigung geben. Erols Plan ist es, dass ich 2019 sowieso um irgend eine WM boxen, er hat auch Kontakte zu kleineren Verbänden wie der IBO. 

Du kämpfst jetzt zum wiederholten Male vor großer heimischer Kulisse und wirst auch am Samstag zahlreiche eigene Fans mitbringen, die für eine bombastische Stimmung sorgen werden. Kannst du uns erklären, was das für ein Gefühl ist, wenn man im Tunnel steht und dann kommen diese Schlachtrufe?

Formella: Es ist unbeschreiblich wenn du da stehst und all die Leute sind da und brüllen deinen Namen und pushen dich dann von Runde zu Runde. Wenns läuft, drehen sie durch, wenns nicht läuft, dann ebenfalls, weil sie versuchen dich wieder nach vorne zu peitschen. Gegen Angelo Frank waren über 1000 Leute, also ein Drittel der Halle, nur von mir. Das war schon der Wahnsinn. Da kommen dann auch Menschen, die sich gar nicht fürs Boxen interessieren, wollen aber mich unbedingt sehen. Ich versuche deshalb auch mir nach dem Kampf noch 1-2 Stunden Zeit zu nehmen, um mit den Leuten und den Kindern Fotos zu machen. Mir ist diese Nähe sehr wichtig, denn ohne die Zuschauer würde es das alles nicht geben. Ich bin da sehr dankbar.

Wir von Boxen1.com möchten uns nochmal recht herzlich bei Sebastian Formella für dieses Interview bedanken.

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