In letzter Zeit ist die Anzahl von Boxkämpfen zwischen Prominenten, Influencern und Personen des öffentlichen Lebens, sowohl untereinander, als auch gegen gestandene Profiboxer, rasant angestiegen. Ein Kommentar.
Ganze Influencer Box-Events werden abgehalten und die Boxwelt ist gespalten: während sich die einen über steigendes Interesse am Boxsport erfreuen, sehen Kritiker insbesondere eine mangelhafte Kampfqualität und ein übertriebenes Maß an teils gespielt wirkenden Rahmenbedingungen mehr als kritisch. Verbale Gefechte und Schubsereien beim Wiegen oder Face-Off gehören leider ebenso zum Alltag vieler dieser Events wie den Ring stürmende „Kampfsport Fans“.
Die boxerische Qualität und den Nutzen für den Sport möchte ich in diesem Artikel gar nicht beurteilen. Vielmehr möchte ich die gesundheitlichen Risiken und die Vorsorge beleuchten.
Wenn wir uns anschauen, welche Unterschiede ein Profi- oder Amateurboxkampf mit Dachverband im Vergleich zum Influencerboxen im medizinischen Bereich mit sich bringt, dann fällt zunächst auf: es gibt keine einheitlichen Vorgaben! Es bleibt also jedem Sportler selbst bzw. jedem Promoter/Veranstalter überlassen, ob und -wenn ja- welche Untersuchungen vorab gefordert werden. Wo z.B. BDB und DBV eine umfangreiche Jahresuntersuchung, im Profibereich eingangs sogar konsequent mit Kopf-MRT, fordern, erfolgt im Promiboxen oftmals: nichts.
Auch entsprechende Pre-Bout Medicals erfolgen meiner eigenen Erfahrung nach nicht. Ich habe es schon selbst mehrfach bei derartigen Veranstaltungen erlebt, dass Profis nach BDB-Standard gecheckt wurden und bei den Influencern großzügig durchgewunken wurde: „der nicht, der macht nur einen Influencerkampf“.
Spannend ist doch nun die Frage: gibt es denn einen tatsächlichen Unterschied in puncto Wettkampffähigkeit zwischen professionellem und Showboxen? Ich behaupte: Nein!
Die Influencerkämpfe der jüngsten Vergangenheit zeigten uns eindrucksvoll, dass im Ring kein Kuschelkurs gefahren wird und KO-Niederlagen, Rippenfrakturen und anderweitige Sportverletzungen genauso wie die Showaspekte um den Kampf herum zum Alltag gehören. Aus medizinischer Sicht sind also die gleichen Voraussetzungen angeraten, wie im Profisport. Noch wichtiger werden solche Untersuchungen, wenn man sich vor Augen führt, dass aktuell ein Trend hin zu „Promi vs. Profi“-Kämpfen zu beobachten ist. Und hier wird es jetzt brandgefährlich: Profiboxer wissen nämlich nicht nur, wie man austeilt, sondern auch, wie man sich deckt – Anfängern gelingt dies oftmals nicht hinreichend, da man sich natürlich auf das Schlagen konzentrieren will und die Defensivarbeit möglicherweise vernachlässigt.
Bei einem solchen Mismatch zwischen Profis und Anfängern kann es also aufgrund teilweise erheblicher Niveauunterschiede bei den boxerischen Skills zu kritischen Situationen kommen, die bei entsprechendem Matchmaking vermeidbar sind.
Abschließend sei noch erwähnt, dass bei ausbleibender Voruntersuchung folglich auch selten bis gar nicht nachuntersucht wird. Im Profiboxsport gibt es hingegen feste Regularien, wie und wann ein Boxer nach KO nachuntersucht werden muss. Im Falle eines Knock-Outs muss eine Kopf-MRT vorgelegt werden, bevor es eine erneute Freigabe für den Ring gibt.
Abschließend möchte ich ein Positivbeispiel nennen: Bei der Influencerveranstaltung „The Great Fight Night“ rund um Influencer Trymacs hat man sich auf eine reine Veranstaltung zwischen Amateuren konzentriert und sich den BDB als Partner aus dem professionellen Boxsport dazu geholt. Jeder Fighter, der in den Ring gestiegen ist, wurde nicht nur im Vorfeld einer regulären „BDB-Jahreshauptuntersuchung“ inklusive Kopf-MRT unterzogen, sondern auch ein Pre-Bout Check sowie die Betreuung um den Kampf herum erfolgte durch einen BDB-Ringarzt.
Wohlwissend, dass bei all diesen Faktoren natürlich auch die Kostenfrage immer mitschwingt, appelliere ich dennoch an Euch Veranstalter: schützt Eure Influencer bitte genau so gut, wie ihr Eure Profis schützt und sorgt für eine bestmögliche medizinische Betreuung – vor, während und nach dem Kampf!