Oder verzichtet Anthony Joshua auf sein sofortiges Rückkampf-Recht gegen Oleksandr Usyk und macht so den Kampf Tyson Fury vs. Oleksandr Usyk möglich?
Dillian Whyte wartet inzwischen schon einige Jahre auf einen WBC-Titelkampf, allerdings hat Whyte dazwischen im August 2020 gegen den Russen Alexander Povetkin durch KO verloren und war dadurch die Nr. 1 Position bei der WBC wieder los.
Allerdings besiegte dann Whyte, in dem beim ersten Kampf vertraglich festgeschrieben Rückkampf, fünf Monate später, Alexander Povektin durch tKO in der vierten Runde, wobei es auch bei diesem Kampf – wie auch im ersten Kampf der Beiden – um den Interims-Titel der WBC ging. Trotz dieses Sieges bestimmt die WBC Whyte nicht als offiziellen Herausforderer von WBC Weltmeister Tyson Fury.
Daraufhin reichte Whyte eine gerichtliche Klage gegen die WBC ein, um seinen Status als offizieller Herausforderer der WBC wieder zu bekommen. Die WBC möchte seit der gerichtlichen Niederlage gegen den leider inzwischen verstorbenen Graciano Rocchigiani, wobei der Weltverband zu einer Wiedergutmachungszahlung von über 30 Millionen Dollar an Rocchigiani verurteilt wurde, am liebsten jeder neuerlichen Klage aus dem Weg gehen und einigte sich deshalb mit Whyte, in dem sie diesen nun doch als offiziellen Herausforderer von Tyson Fury benannte.
Die WBC hat den Kampf nun inzwischen offiziell angeordnet, aber einige Fragen bleiben nun weiterhin ungelöst.
Das Standardverfahren für einen Pflicht-Verteidigungs-Kampf sieht vor, dass die Sanktionsbehörde den Parteien 30 Tage Zeit für eine freie Verhandlungen einräumt und dann die Versteigerung des Kampfes anordnet, wenn eben die Promoter beider Parteien keine Einigung erzielt haben.
Versteigerungs-Gebote ermöglichen dann aber allen Promotern, nicht nur die Promoter der beiden Boxer, die um den WBC-Titel kämpfen, für den Kampf mit zu bieten, wobei der Höchstbietende das Recht erhält, den Kampf auszutragen.
Damit Börsen-Gebote bei einer Versteigerung aber überhaupt möglich sind, muss die WBC Sanktionsbehörde jedoch im Vorfeld dieser Versteigerung eine prozentuale Aufteilung für den Kampf festlegen und entscheiden, wer der beiden Boxer welchen Anteil des gewinnenden Gebots erhält.
Genau dies ist derzeit aber inzwischen ein neuer Streitpunkt, weswegen Dillian Whyte nun schon wieder in einem gerichtlichen Schiedsverfahren mit der WBC eingebunden ist.
Da er seinem Titelkampf so lange hinterher jagt, hat der Brite im vergangenen Jahr Klage gegen die WBC Sanktionsbehörde eingeleitet und dann im Vergleich seinen Willen bekommen und er denkt wohl, dass dies so weiter geht.
Die von ihm angestrebte Pflicht-Herausforderer-Position ist dadurch nun zwar gesichert, aber er kämpft nun weiter für eine seiner Meinung nach fairen prozentuale Aufteilung des gewinnenden Höchstgebotes für den Titelkampf.
Das Promoter-Team von Tyson Fury, Bob Arum und Frank Warren, hat erklärt, dass eine 80%:20%tige Aufteilung des höchsten Börsengebotes, zu Gunsten ihres Boxers Tyson Fury geteilt wird, was sie für fair halten.
Dillian Whyte Whyte räumt ein, dass Fury als Champion natürlich die Mehrheit bekommen sollte, will aber eine viel engere Aufteilung des Börsengebotes im Verhältnis 55%:45%.
Die Entscheidung in dieser Angelegenheit soll nun offenbar vom Schiedsgericht entschieden werden. Die Frage dabei ist aber, wie lange dauert es bis das Schiedsgericht zu einer Entscheidung kommt und welche Rechtsmittel gibt es, die gegen diese Entscheidung dann wieder eingelegt werden können. Da kann unter Umständen eine Ewigkeit vergehen, in dieser Zeit dann Fury seinen WBC-Titel nicht gegen einen anderen Boxer verteidigen darf.
Aber eines dürfte jetzt schon sicher sein, dass weder Tyson Fury noch seine beiden Promoter Arum und Warren bereit sein werden, Dillian Whyte die geforderten 45% des höchsten Börsenangebotes zuzugestehen, selbst dann nicht, wenn das Schiedsgericht dies so im Sinne von Dillian Whyte entscheiden würde. In diesem Fall legt Tyson Fury eher seinen grünen Gürtel selbst nieder.
In der Zwischenzeit kommen die Verhandlungen kaum voran. Vertreter beider Seiten äußern den Wunsch, so schnell wie möglich über die endgültige Börsengebots-Aufteilung zu entscheiden.
Ohne diese Entscheidung ist es schwierig, realistisch zu verhandeln, da sich das gesamte Szenario je nach endgültiger Aufteilung ändern wird.
Während sich all dies hinzieht, wird Fury zweifellos ungeduldig und hat inzwischen auch schon gar keine Lust mehr gegen Dillian Whyte anzutreten. Fury sagte schon in vergangener Zeit, dass er nicht gegen Loser boxen wolle und Whyte hätte ja schon seine Chance gegen Anthony Joshua gehabt, der ihn ja dann ausgeknockt hätte.
Der WBC-Champion Tyson Fury hatte zwischen seinen letzten beiden Titel-Kämpfen gegen Deontay Wilder eine 20-monatige Pause gehabt und ist auch nur wieder aufgrund einer Gerichtsentscheidung dazu verurteilt worden, seinen Titel erneut gegen Wilder zu verteidigen. Ein für ihn sicher viel lukrativer WM-Kampf gegen Anthony Joshua in Saudi Arabien, ist damals eben wegen dieser Entscheidung eines Richters geplatzt. Deshalb sagt Tyson heute: „Ich beabsichtigt nicht wieder so lange inaktiv zu sein. Ich möchte spätestens im März kommenden Jahres wieder im Ring stehen und boxen!“
Er hat seinen Promotern Bob Arum und Frank Warren bereits gesagt, dass sie ihm einen Kampf im März sichern sollen, denn sie sind seine Promoter und sie müssen ihm Kämpfe besorgen, dass er Geld verdienen kann. Deshalb hat Bob Arum nun vorgeschlagen, den Whyte-Kampf aufzugeben und nach anderen Gegnern zu suchen. Hierüber hat Boxen1 schon ausführlich berichtet.
Bob Arum sagte gegenüber dem US-Internet-Sportportal ‚talkSPORT‘: „Wenn wir uns mit Dillian Whyte nicht einigen, dann kämpfen wir eben um den ‚Ring Magazine-Gürtel‘ und um den ‚linearen‘ Titel und suchen uns dafür einen anderen Gegner.“
„Wir müssen für Tyson Fury einen Kampf abschließen, dass er bis Ende März 2022 wieder im Ring stehen kann.“
„Frank Warren und ich sind entschlossen, mit einem akzeptablen Gegner einen Kampf gegen Tyson Fury abzuschließen und wir möchten diesen Kampf gerne in Cardiff, Wales, Großbritannien, promoten.“
„Andy Ruiz Jr. wäre dabei ein interessanter und akzeptabler Gegner. Aber auch Joseph Parker hat gerade am letzten Wochenende einen guten Sieg über Derek Chisora eingefahren – auch er könnte ein möglicher Gegner sein. Aber wir schauen uns auch noch ein paar andere Namen an, die passen könnten.“ Wahrscheinlich wären Arum und Warren Gegner lieber, die keinen Promoter-Vertrag mit Eddie Hearns Matchroom Boxing haben, denn so würden die beiden Promoter sich wohl eher finanziell mit einem möglichen Fury-Gegner einigen.
Obwohl Arum es nicht ausdrücklich gesagt hat, müsste Tyson Fury in diesem Fall mit ziemlicher Sicherheit seinen WBC-Schwergewichtstitel zurück geben oder die WBC würde/müsste ihm diesen gemäß ihres eigenen Reglements aberkennen, wobei sich die WBC dabei sicher richtig schwer tun wird, denn dann wären sie beim nächsten Kampf von Tyson Fury auch aus dem Geschäft und würden keine Sanktionsgebühren kassieren können.
Mit der Anordnung des Whyte-Kampfes und all den Gesetzmäßigkeiten rund um Whytes Verfolgung seines WBC Titelkampfes, erscheint es äußerst unwahrscheinlich, dass der „Gypsy-King“ einen Kampf ohne WBC-Titel austragen kann und den WBC-Titel trotzdem behalten darf.
Nach dem Reglement der WBC würde, wenn Tyson Fury den WBC-Titel niederlegt oder aberkannt bekäme, Dillian Whyte, höchstwahrscheinlich am grünen Tisch zum WBC Weltmeister gekürt werden, da er ja zur Zeit den WBC-Interims-Titel inne hat.
Sollte Dillian Whyte auf diese Weise so zum neuen WBC Weltmeister werden, müsste er sich dann möglicherweise verpflichten diesen WBC-Titel innerhalb von drei Monaten gegen die Nr. 1 der WBC-Weltrangliste zu verteidigen, denn die WBC will ja mit ihren Titeln Geld verdienen.
Derzeit auf Platz 1 der WBC-Weltrangliste ist Deontay Wilder. So könnte es sein, dass die WBC Anfang des kommenden Jahres den Kampf zwischen Dillian Whyte vs. Deontay Wilder ausschreibt.
Das hängt natürlich davon ab, ob der ‚Bronze-Bomber‘ überhaupt Lust hat weiter zu boxen, nachdem er, nach dem dritten Kampf gegen Fury, schon seinen Rücktritt angedeutet hatte.
Aber wenn Tyson Fury sich entscheidet den WBC-Titel zurückzugeben und Dillian Whyte zum Weltmeister aufsteigt, könnte ein Kampf um den WBC-Titel zwischen Whyte vs Wilder im Jahr 2022 Realität werden.
Tyson Fury scheint dies alles ziemlich egal zu sein, denn er sagt: „Die Boxfans wissen auch ohne, dass ich den WBC Gürtel trage, dass ich der beste Boxer der Welt und der wahre lineare Champion bin.“
Verzichtet Anthony Joshua auf sein sofortiges Rückkampf-Recht gegen Oleksandr Usyk und macht so den Kampf Tyson Fury vs. Oleksandr Usyk möglich?
Es gibt natürlich aber noch eine weitere Variante, über die in Expertenkreisen schon länger diskutiert wird und die auch Promoter Eddie Hearn unterstützt und das wäre: wenn Anthony Joshua auf sein, im ersten Kampfvertrag mit Oleksandr Usyk festgeschriebenem sofortigem Rückkampf-Recht verzichtet, um so einen Titelkampf zwischen Oleksandr Usyk vs Tyson Fury um alle WM-Gürtel der vier großen Boxverbände ermöglicht und er dann gegen den Sieger dieses Kampfes, wiederum um alle vier Titel boxen könnte.
Das wäre auch für Anthony Joshua sicher das Beste was er machen könnte. Denn mit zwei Niederlagen in Folge wäre er sicher so ziemlich aus dem Geschäft mit den 100 Millionen-Dollar-Kämpfen. Wenn er vereinbaren würde, dass er sein sofortiges Rückkampfs-Recht zurückzieht um den Kampf Fury vs Usyk zu ermöglichen und er dann sein Rückkampfs-Recht geltend macht, denn dies müsste bei einem Vertrag zwischen Fury und Usyk dann auch Fury übernehmen, im Falle, dass er Usyk besiegt, dann würde Joshua nämlich zwei Mal richtig verdienen. Einmal, weil er sich den Verzicht auf den sofortigen Rückkampf sicher in Millionenhöhe bezahlen lassen würde und dann eben, wenn er vielleicht Ende nächsten Jahres gegen den Gewinner aus Fury vs Usyk antreten würde.
Denn sollte Joshua im März kommenden Jahres erneut gegen Oleksandr Usyk verlieren und dann zwei Niederlagen hintereinander in seinem Rekord haben, dann würde Tyson Fury nicht mehr gegen Joshua boxen. Denn Tyson Fury sagte schon im Vorfeld: „Ich boxe doch niemals gegen Jemand der gleich zweimal hintereinander verloren hat.“
Was für diese Variante spricht wäre auch noch, dass dann Dillian Whyte gar nicht mehr länger gegen die WBC wegen der Börsengebots-Aufteilung eines Kampfes gegen Fury vor dem Schiedsgericht streiten könnte, denn alle vier großen Box-Weltverbände haben in ihren Statuten festgelegt, dass nur ein WM-Vereinigungskampf eine Pflichtverteidigung aushebelt.
Diese Variante wäre sicher für Anthony Joshua, Oleksandr Usyk und Tyson Fury die lukrativste. Einzig Dillian Whyte wäre dabei der Verlierer und würde dann wohl wieder in die Wartestellung zurückkehren. Aber wer will eigentlich auch einen Kampf von Fury vs Whyte sehen? Sicher ist doch, dass die gesamte Boxwelt auf den Kampf Tyson Fury vs Oleksandr Usyk wartet.
Es ist auf jeden Fall spannend wer hier auch wie entscheidet. Am Ende werden die Boxfans ganz große Kämpfe im Schwergewicht sehen, wobei nun wirklich eigentlich der am wenigsten attraktive Kampf der zwischen Tyson Fury vs Dillian Whyte wäre.