In den letzten Tagen wurde von vielen deutschen Medien ausführlich über den großen WM-Fight von Enrico Kölling (23-1-0, 6 Ko’s) gegen den russischen Weltklasseboxer Artur Beterbiev (11-0-0, 11 Ko’s) berichtet. In einigen Stunden steigt im kalifornischen Fresno (USA), das Gefecht um den vakanten IBF-Titel im Halbschwergewicht. Der Berliner Sauerland-Schützling gilt bei seinem WM-Debüt als krasser Außenseiter. Doch wie muss Enrico Kölling boxen, um vielleicht doch die Sensation zu schaffen? BOXEN1 analysiert die Möglichkeiten des symphatischen Halbschwergewichtlers!
Köpfchen, Kondition, Schnelligkeit – So schafft Kölling die Sensation!
Ausgerechnet bei seinem ersten WM-Kampf, bekommt es der 27-jährige Enrico Kölling mit einem der gefürchtesten Puncher der Welt zu tun! Artur Beterbiev (32, Russland) sind schon einige Top-Boxer aus dem Weg gegangen. Auch für den haushohen Favoriten ist es der erste Anlauf auf die Krone im Halbschwergewicht. Doch was macht diesen Beterbiev so gefährlich? Fakt ist: Keiner seiner bisherigen elf Gegner schaffte es bisher über die vorgegebene Zeit! Den ehemaligen Europa- und Weltmeister im Amateur-Bereich, zeichnet vorallem seine bemerkenswerte Physis aus. Mit einer großen natürlichen Robustheit und Stärke, hat er schon vielen Widersachern das „Leben zur Hölle“ gemacht.
Beterbiev ist in seinen Aktionen besonders aggresiv und explosiv, ohne dabei ungestüm zu wirken. Er kann sekundenschnell die Auslage wechseln und mit beiden Händen sehr hart und genau schlagen! Auch im Oberkörper zeigte sich Beterbiev auch bisher meist sehr beweglich. Besonders beeindruckend ist der ständige Druck, den der russische Ausnahmeboxer auf seine Kontrahenten ausübt. Was muss Enrico Kölling also machen, um gegen den bärenstarken Beterbiev eine Chance zu haben? Was vielleicht viele Box-Experten nicht wissen, ist die Tatsache, dass Artur Beterbiev auch schon einmal am Boden war!
Im Dezember 2014 boxte Beterbiev gegen einen gewissen Jeff Page Jr. im kanadischen Quebec. Gegen den bis dahin in 15 Profikämpfen ungeschlagenen Page Jr., musste Artur Beterbiev in der ersten Runde kurz zu Boden! Als Beterbiev selbst versuchte einen Angriff zu starten, wurde er im Konter von einer trockenen rechten Schlaghand kalt erwischt und musste daraufhin zu Boden. Zwar kam die russische Ko-Maschine sofort wieder hoch und gewann den Fight letztlich schon im nächsten Durchgang (Ko-Sieg Rd. 2; Anm. d. Red.), interessant war dieser Niederschlag, in Betracht auf eventuelle Schwächen Beterbievs, dennoch!
Wenn Beterbiev einen Schlagversuch unternimmt, neigt er (teilweise) dazu, seine eigene Verteidigungsbereitschaft zu vernachlässigen. Genau da könnte die Chance für Enrico Kölling liegen, mit schnellen langen Händen, in Kontersituationen zum Erfolg zu kommen. Enrico Kölling ist boxerisch sehr gut ausgebildet. Der Olympiateilnehmer von 2012 in London, hat das erforderliche technische Rüstzeug. Bei den Profis hatte Kölling, in den letzten fünf Jahren, viel Zeit um sich als Boxer weiterzuentwickeln. Der Berliner hatte bei einigen weniger überzeugenden Auftritten, des Öfteren den Fehler gemacht, zu passiv zu boxen und sich den Kampf vom Gegner auftragen zu lassen. Dies darf ihm gegen Beterbiev natürlich nicht passieren!
Enrico Kölling muss im bevorstehenden WM-Fight sehr schnell und beweglich im Oberkörper und auf den Beinen sein. Der Berliner darf nicht verkrampft sein und in der Halb- und Nahdistanz stehen bleiben- sonst würde er seinem Kontrahenten nur in die Karten spielen! Kölling muss nach einer eigenen Aktion, sofort „dicht machen“, um Beterbiev nicht die Möglichkeit zum Kontern zu liefern. Vorallem mit einer schnellen und effektiven Führungshand, kann es Kölling gelingen, das richtige Distanzgefühl zu entwickeln und den Kampf auf seine Seite zu ziehen.
Kölling muss clever boxen und darf Beterbiev kein festes Ziel bieten. Besonders wichtig ist natürlich die Kondition! Gerade wenn der Kampf ein hohes Tempo erfährt, kann sich Kölling nur beweisen, wenn er topfit ist. Aber aufgrund der langen Wettkampfvorbereitung, ist davon auszugehen, dass es an der Form von Kölling nicht scheitern dürfte. Trainer Stephan Kühne ist definitiv zuzutrauen, dass er seinen Schützling hervorragend eingestellt hat. Bleibt Enrico Kölling nur zu wünschen, dass er die theoretischen Chancen, auch gegen einen Weltklasseboxer wie Artur Beterbiev umsetzen kann. Die deutschen Boxfans drücken ihm dabei sicherlich die Daumen!