Das Rätsel Ulli Wegner – Wie nah ist der Abschied der Trainerlegende wirklich?

Ulli Wegner 2017
Foto: Thomas Schildmann

Mit Aussagen wie „Für Mittelmaß stehe ich nicht zur Verfügung“ oder „Mir fehlt ein Matchmaker, der uns Gegner und Möglichkeiten für das Sparring unserer Boxer besorgt“ sorgte Trainerlegende Ulli Wegner für einen Urknall, denn nach momentanem Stand, ist am 30.6.2018 bei Deutschlands größtem Boxpromoter, dem Team Sauerland, Schluss. Damit würde eine über 20-jährige Verbindung, einseitig von Sauerland, aufgelöst werden und das obwohl Wegner gerne noch mindestens zwei Jahre machen würde.

Paukenschlag im Boxgeschäft: Wegner ohne neuen Vertrag bei Sauerland

Doch schauen wir uns zunächst die Fakten an. Dass das Boxgeschäft seit Jahren rückläufig ist, dürfte niemandem vom Pferd ziehen. Doch dass mittlerweile auch das Team Sauerland den „Sparkurs“ verfolgt, ist noch nicht bei allen angekommen. Das erste Zeichen dieses neuen Kurses war zweifelsohne der Austritt von Trainer Karsten Röwer, dessen Vertrag trotz eigentlich guter Erfolge seiner Boxer, ebenfalls seitens Sauerland, nicht verlängert wurde.

Georg Bramowski, Ulli Wegner und Arthur Abraham (Foto: Jonny Orban)

Im Anschluss folgte das nächste Erdbeben, denn der langjährige Co-Trainer von Ulli Wegner, Georg Bramowski stand auch auf der Abschussliste von Sauerland. Dieser Schritt wurde wohl auch auf Verlangen Wegners nicht in Betracht gezogen. Aber endgültig schrillten die Alarmglocken, als die Deutsche Halbschwergewichtsspitze um Enrico Kölling und Stefan Härtel den Weg nach Magdeburg zu Ulf Steinforth fanden – immerhin im Ranking der Promoter auf Platz zwei und mittlerweile ein ernstzunehmender Konkurrent auf dem deutschen Markt im Kampf um die Führung des Boxbusiness in Deutschland.

Sauerland vor dem Neuanfang? Mit Brähmer und Culcay verlassen zwei bekannte Pferde den (Box)Stall

Doch besser wurden die Nachrichten für die Sauerländer zunächst nicht, denn mit Jürgen Brähmer und dem Darmstädter Jack Culcay verließen zwei Boxer den Stall, die auf jeden Fall zur erweiterten Weltspitze ihrer Gewichtsklassen zählen. Culcay sprach hier von Vertragsbruch und verblüffte mit der Aussage „Die wollten sogar, dass ich verliere“, ging zum Berliner Profi-Boxstall Agon Sports & Events und greift dort mittlerweile nach Hüftgold im Mittelgewicht.

Jürgen Brähmer und Tyron Zeuge / Foto: Team Sauerland

Der dickste Knüller folgte jedoch mit dem Austritt von Jürgen Brähmer. Spätestens hier sprachen die meisten Boxfans vom Auseinanderfallen des Boxstalls. Doch lauschte man den Worten Brähmers, zielte er in die gleiche Kerbe wie die anderen Ex-Sauerländer. Er sagte in einem Interview mit dem „Boxsport“: „Mein Team und ich haben sich um das Management gekümmert, Sparringspartner verpflichtet und die Reisen organisiert. Wenn wir sowieso alles selbst machen, wozu brauchen wir dann Sauerland?“

Diesem Statement folgte auch der einzig verbliebene Weltmeister in Deutschland, Tyron Zeuge. Der wollte zunächst sofort aus seinem Vertrag, hat sich aber nun mit den Verantwortlichen darauf geeinigt, diesen noch zu erfüllen. Da stellt sich uns die Frage – in welchem Fiasko hätte das geendet?

Wegner also vor dem Aus bei Sauerland?

Wir sehen also, die Causa Sauerland-Wegner ist nicht einfach zu durchblicken. Das wohl größte Problem dürften die unterschiedlichen Ansichten der Protagonisten sein: Sauerland verfolgt schon länger die Ansicht, dass die Trainer auf selbstständiger Basis arbeiten sollten und an den Gagen der Sportler beteiligt werden.

Arthur Abraham und Ulli Wegner / Foto: Sebastian Heger
Arthur Abraham und Ulli Wegner / Foto: Sebastian Heger

Nachvollziehbar ist diese Denkweise durchaus, denn immerhin ist dieses System in England und Frankreich gang und gäbe, aber gerade nachdem der Boxsport auf der Insel lange Zeit am Boden war, sprießen die gestreuten Früchte wie Pilze aus dem Boden und jetzt folgt die Zeit der Ernte, zumal dort die meisten Geschicke von Frank Warren und dem noch größeren Eddie Hearn und seiner Matchroom Promotion geleitet werden. Diese verfügen gerade durch den Fernsehsender Sky auch über den nötigen finanziellen Background.

Wir finden dort dieselbe Situation vor, wie in Deutschland Anfang der 90er Jahre mit Sauerland und dann zu Beginn der 2000er Jahre mit Klaus-Peter Kohl und seiner Universum Promotion. Damit kommen wir wohl auch zum nächsten Streitpunkt, dem Geld. Der Name Wegner zieht eben noch, wenn auch nur als Trainer – doch ist gerade er der Garant dafür, dass die besten Nachwuchstalente Deutschlands fast alle bei Sauerland unter Vertrag stehen. Unter Wert sollte und wird sich Herr Wegner nicht verkaufen wollen.

Folgt das Karriereende oder sogar der Wechsel zu einem anderen Boxstall? Eine Einschätzung

Der letzte und größte Streitpunkt sind wohl die Ansichten über das Matchmaking und die Organisation des Stützpunktes bei Ulli Wegner. Dies beklagte er auch im Interview in der aktuellen „Boxsport“. Dort sagte er es fehle ihm an Sparringspartnern und guten Kämpfen. Er ist der Meinung, nur so käme man wieder an die Weltspitze heran. Ebenso beklagte er auch die seit längerem fehlende Bindung an die Weltverbände. Wo man früher einiges im Sinne der Promotion regeln konnte, fehle heute der Kontakt und all diese im Moment gegeben Voraussetzungen reichen dann eben nicht mehr für die vorderen Plätze.

Dieses Rad kann man dann natürlich selbstredend weiter drehen – ohne große Kämpfe und bekannte Namen fliegt auch kein Geld ins Haus. Ein Teufelskreis. Es bleibt abzuwarten, ob es für Ulli Wegner in der Causa Sauerland ein glückliches Ende gibt, denn wer den sympathischen Wahl-Berliner kennt, der weiß was es für ihn bedeuten würde, wenn es so bei Sauerland zu Ende gehen würde. Doch auch für Sauerland wäre diese Konstellation nicht zu unterschätzen, denn wer weiß schon, wie sich die „jungen Wilden“ dann verhalten und was dieser Verlust in ihrem Fortschritt bedeuten würde.

Ulli Wegner bei einem anderen Boxstall? Dieses Szenario könnte durchaus realistisch sein. Wegner ist häufig auch bei anderen Veranstaltungen zugegen, so zum Beispiel auch oft bei SES-Veranstaltungen. Auf die Frage des Boxsport-Magazins hin, ob er sich vorstellen könne, künftig bei einem anderen Stall zu trainieren, schwieg er zunächst, um dann zu antworten: „Dazu sage ich jetzt nichts.“

Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir Ulli Wegner weiterhin im Boxgeschehen sehen werden. Ein Karriereende scheint für den deutschen Kult-Trainer nicht denkbar. Seine geliebte Frau Margret würde das zwar befürworten, doch ob Wegner wirklich den Ruhestand für sich vorzieht, darf bezweifelt werden. Es warten dementsprechend spannende Wochen auf uns!

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