Am Samstag veranstaltet Top Rank in Lake Tahoe, Nevada, USA. Neben einer sportlich interessanten Undercard erfolgt ebenfalls ein spannender Hauptkampf im Schwergewicht.
Die Top Rank-Veranstaltung am Samstag im Bundesstaat Nevada bietet dem geneigten Zuschauer einiges an Abwechslung. Neben interessanten Undercard-Kämpfen, die überwiegend im Superfedergewicht und im Leichtgewicht stattfinden, ist auch das Schwergewicht hoch im Kurs. Das unterstreicht der Hauptkampf eindeutig, in dem der Nigerianer Efe Ajagba (18-1) auf den Australier Joseph Goodall (10-1-1) trifft. Beide Boxer blicken zuletzt auf erfolgreiche Kämpfe zurück, wodurch sie sich für diesen Hauptkampf empfohlen haben.
Ajagba kämpfte sich nach seiner Frank Sanchez-Niederlage wieder an die Weltspitze
Ajagba wurde in den USA als gefürchteter Puncher vermarktet. Da half auch die Kontroverse beim Kampf gegen Curtis Harper im August 2018. Harper ist direkt aus dem Ring geflüchtet und wurde entsprechend disqualifiziert. ESPN hat es so vermarktet, als hätte Harper Angst vor dem imposanten Puncher Ajagba gehabt und deshalb panisch den Ausgang gesucht. Die Wahrheit lag eher darin, dass es wohl finanzielle Unstimmigkeiten gegeben hat, aber manchmal muss man sich die Geschichten eben zurechtbiegen.
Nach einigen soliden Siegen, unter anderem gegen Ali Eren Demirezen, sollte Ajagba seine Feuertaufe gegen das ungeschlagene PBC-Schwergewicht Frank Sanchez im Oktober 2021 erhalten. In diesem Kampf enttäuschte Ajagba, der mit dem flinken, agilen und langweiligen Sanchez absolut nicht zurechtkam. Schnell kristallisierte sich heraus, dass Ajagba vermutlich doch nicht über das entsprechende Niveau verfüge, um in der absoluten Weltspitze mithalten zu können. Doch in den vergangenen Kämpfen hat sich der Nigerianer wieder rehabilitiert. Es erfolgte ein knapper Sieg über Stephen Shaw und der absolut kontroverse Lowblow-Sieg über den Universum-Schützling Zhan Kossobutskiy. Nun wartet ein Australier auf Ajagba, der zuletzt ein überragendes US-Debüt feierte.
Goodall hat den Quervergleich eindrucksvoll gegen Ajagba gewonnen
Der Australier Goodall ist im Profibereich noch kein relevanter Name. Das liegt auch daran, dass er bisweilen nur in seiner Heimat kämpfte, zumindest bis zum Juli dieses Jahres. Dort feierte Goodall sein US-Debüt bei Top Rank und schlug überraschend Stephan Shaw vorzeitig. Das war jener Shaw, gegen den zuvor Ajagba nur mit Mühe knapp nach Punkten gewann. Nun verhält es sich so, dass Quervergleiche im Boxen nicht immer sinnvoll erscheinen, aber als Fingerzeig sollte es definitiv beachtet werden. Zudem haben beide Boxer bei den Amateuren ihre Berührungspunkte gehabt. So hat Goodall schon Ajagba bei den Amateuren bezwingen können. Goodall war nämlich ein sehr guter Amateur und hat beispielsweise Bronze bei den Weltmeisterschaften 2017 in Hamburg geholt, wo er auch Víktor Faust in die Schranken verwies. Nebenbei blickt er noch auf zwei Goldmedaillen bei den Ozeanien-Meisterschaften, was ihm insgesamt einen mehr als beachtlichen Amateurhintergrund verschafft.
Goodall steht nicht im Fokus, was zur Unterschätzung führen kann
Nun hat Goodall bisher erst einen Kampf in den USA bestritten, der auch noch auf der tiefen Undercard unterging. Er steht selbstverständlich nicht im Fokus, was trügerisch erscheinen könnte. Er verfügt über einen sehr guten Amateurhintergrund, kombiniert Punching Power mit einem starken Kinn und ist mit 1,97 Metern auch physisch sehr beeindruckend. Das könnte also eine knifflige Aufgabe für Ajagba bedeuten, der boxerisch nicht immer überzeugen konnte. Auf jeden Fall können sich die Fans auf ein spannendes Schwergewichtsduell freuen, und dem Sieger könnten in Zukunft vielleicht noch die ganz großen Kämpfe bevorstehen.
Die Undercard besticht mit starken Kämpfen
Auf der Undercard wird das vielversprechende Talent Raymond Muratalla (18-0) seinen 19. Kampf bestreiten. Der schlagstarke Leichtgewichtler trifft auf den mexikanischen Puncher Diego Torres Nunez (18-0). Obwohl Muratalla eine KO-Quote von über 80 % vorweisen kann, übertrifft Torres ihn mit über 94 %.
Muratalla hat in letzter Zeit einige starke Siege errungen, darunter sein eindrucksvoller Erfolg auf der Undercard des Haney vs. Lomachenko-Events, bei dem er den hoch eingeschätzten Jeremia Nakathila bereits in der zweiten Runde stoppte. Obwohl der Ringrichter den Kampf frühzeitig beendete, war dieser Erfolg dennoch beeindruckend. Torres hingegen hat noch nie außerhalb von Mexiko gekämpft. Seine Gegnerschaft war begrenzt, was sich auch in seiner Boxrec-Platzierung widerspiegelt. Torres ist auf Platz 95 gelistet, während Muratalla auf Platz 6 steht. Man kann davon ausgehen, dass Muratalla seiner Favoritenrolle gerecht wird, aber ein Duell zwischen zwei Punchern sollte niemals unterschätzt werden. Dies verspricht einen actionreichen Kampf mit vielen harten Treffern auf beiden Seiten.
Das Duell zwischen Lebron und Foster lll bietet enorme Spannung
Auf der Undercard gibt es auch das Duell im Superfedergewicht zwischen Henry Lebron (18-0) und William Foster III (16-0), bei dem beide Boxer ihre makellose Kampfrekordbilanz aufs Spiel setzen. Ein Blick auf die Weltverbände zeigt, dass beide Boxer bereits ihre Spuren hinterlassen haben. Lebron ist in den Top 10 der IBF und WBO gerankt, während Foster III in der WBA gelistet ist.
Lebron ist zweifellos ein starker Boxer, aber seine Kämpfe sind nicht immer Garanten für Action. Foster III hingegen bietet in der Regel mehr Spektakel. Er konnte zuletzt Misael Lopez auf ProBox vorzeitig besiegen und hat einen Sieg auf ShoBox im Jahr 2022 gegen Edwin De Los Santos stehen, der nun gegen Shakur Stevenson baldig kämpft. Foster III ist ein äußerst talentierter Boxer, leider ohne die Unterstützung eines großen Promoters, der ihn angemessen fördert. Daher muss er sich immer wieder auf fremdem Terrain beweisen, was er bisher jedoch hervorragend gemeistert hat. Mit Lebron steht ihm nun seine bisher größte Herausforderung bevor. Die Buchmacher erwarten einen äußerst engen Kampf, und derzeit hat Foster III die Nase leicht vorn. Unabhängig vom Ausgang dieses Duells kann man einen sportlich hochwertigen und ausgeglichenen Kampf erwarten, der die Qualität der Undercard unterstreicht.
Die weitere Undercard bietet noch starkes Matchmaking und zwei weitere Schwergewichtskämpfe
Die weitere Undercard bietet einige interessante Kämpfe, darunter zwei Schwergewichtsduelle. Der 2,06 Meter große „El Gigante“ Antonio Mireles (8-0) trifft auf Skylar Lacy (7-0) in einem Duell der ungeschlagenen Riesen. Beide Boxer sollen über 2 Meter groß sein, was sicherlich ein beeindruckendes Schauspiel im Ring verspricht. Das Schwergewichtsduell zwischen Brandon Moore (12-0) und Robert Simms (12-3-1) ist ebenfalls von Interesse. Simms machte zuletzt Schlagzeilen auf Triller, als er den zuvor ungeschlagenen James McKenzie Morrison mühelos nach Punkten besiegte. Es handelt sich übrigens um den Sohn des verstorbenen Tommy Morrison. Obwohl Simms recht klein wirkt und nicht austrainiert ist, verfügt er über geschmeidige Bewegungen und lässt die Schwergewichtler oft ins Leere schlagen.
Neben den Schwergewichtskämpfen gibt es voraussichtlich sechs weitere Paarungen auf der Undercard. Die Zuschauer können sich also auf eine Kombination aus Qualität und Quantität freuen. Zuletzt stand Top Rank nicht unbedingt für gelungene Undercards, aber dieses Mal scheint eine erfreuliche Ausnahme vorzuliegen.
In den USA wird die Veranstaltung auf ESPN+ ab Mitternacht übertragen. In Deutschland wird es wahrscheinlich keine Übertragung geben, was den Stellenwert des Boxens hierzulande widerspiegelt. Eine mögliche Option für deutsche Fans wäre der polnische Sender TVP-Sport, der das Event ab 2 Uhr kostenlos anbieten wird. Man muss jedoch das Geoblocking umgehen, um darauf zugreifen zu können.
