42. Chemiepokal: Sharafa Raman und Leon Bunn gewinnen Gold
Für die Kampfrichter war das Finale des Chemiepokals „Session 8“. Ein unspektakulärer Name für die Endkämpfe des 42. Chemiepokals, das zu den härtesten Boxturnieren der Welt zählt und wieder im Maritim Hotel in Halle ausgetragen wurde.
„Den Schwung aus den Vorrunden übernehmen“ und „wir gewinnen oder wir lernen“, so schwor Trainer Dr. Harry Kappell seine Finalteilnehmer ein.
Von den ursprünglich 14 DBV-Startern bissen sich Sharafa Raman, Abass Baraou, Leon Bunn und Max Keller bis in die Endkämpfe durch. Jetzt wollten sie Gold. Sharafa Raman war die Sensation des Pokals. Eigentlich sollte er gar nicht starten. Nur weil Sportsoldat Edgar Walth sich verletzt hatte, wurde er für Deutschland nachnominiert.
Im Bantamgewicht kämpfte der Bayer gegen Murodjon Akhmadaliyev, einem Usbeken von Weltformat. Wie seine Vorrundengegner verzweifelte aber auch der Usbeke an Ramans frechem Boxstil. Schlimmer noch, er trieb ihn beinahe in den Wahnsinn. Wütend prügelte Akhmadaliyev los und versuchte Raman an die Seile zu drücken, aber Seelzes Bundesliga-As ließ sich nicht stellen. Entweder entwischte er seitlich, oder entschärfte Akhmadaliyevs Schläge durch Clinchen. Trotz einer Verwarnung wegen Haltens gewann Raman überraschend die Goldmedaille. Platz drei belegte der Berliner Omar El-Hag, der Akhmadaliyev im Semifinale unterlag.
Das Gefecht zwischen Abass Baraou und Byamba Tuvshinbat war beste Werbung für den olympischen Boxsport. Baraou startete langsam und überließ dem Mongolen die Initiative. Dann zog der „Oberhausen-Express“ sein Powerplay auf und arbeitete mit einem Faustfeuerwerk nach vorn. Ein taktischer Fehler kostete ihm den Sieg. Er wich seitlich von seiner Angriffslinie ab und bewegte sich in die Gefahrenzone der mongolischen Schlaghand. Tuvshinbats Schwinger trafen den Deutschen am Kopf. Jetzt musste Baraou zulegen, denn rechnerisch lag er auf den Punktzetteln hinten. In den letzten drei Minuten gab er alles. Seine Führ- und Schlaghände bombardierten den Usbeken, der sich trotz des massiven Drucks über die Zeit rettete. Nach dem Schlussgong taumelte er in die Ecke und freute sich über seinen knappen Punktsieg.
Dem Schweizer Uke Smajli eilt der Ruf des eiskalten Konterboxers voraus. Darauf hatte sich Bunn eingestellt. Er schlug einen perfekt vorbereiteten Cross und verteidigte stark. Das schmeckte dem Eidgenossen gar nicht. Durch seine Konter war der deutsche Halbschwergewichtler nicht zu knacken. Ob er wollte oder nicht, Smajli musste angreifen. Dabei passierte es. In der dritten Runde zog er sich einen Cut an der Augenbraue zu und wurde vom Arzt aus dem Gefecht genommen.
Im Halbfinale verlor Superschwergewichtler Florian Schulz gegen den usbekischen Meister und Rechtsausleger Bakhodir Jalolov. Schulz hatte Pech. In der zweiten Runde bekam der Hauptgefreite den Schlaghand-Daumen des Usbeken ins Auge. Der Obergefreite musste sich solange hinter seiner Deckung verschanzen, bis er wieder klare Sicht hatte. Diese Auszeit war ein Grund für Jalolovs 2 : 1 Punktsieg.
Um Gold ging es für den usbekischen Tiger gegen Max Keller. Nach zwölf Sekunden fällte seine Pranke den Deutschen. Der Schlag traf Kellers Kinnspitze und riss ihn von den Beinen. Jalolov setzte nach. Nach einer harten Linken musste Keller erneut runter. Der Ringrichter brach ab und erklärte Jalolov zum TKO-Sieger.
„Eine Fliege mit Bumms und starkem Flügelschlag“, betitelte der MDR den Fliegengewichtler Ronny Beblik. Der Oberfeldwebel aus Chemnitz hatte die Trophäe bereits dreimal gewonnen. Für ihn ist der Chemiepokal das Turnier der kurzen Wege. Der Boxring im Maritim-Hotel liegt direkt unter den Unterkünften der Athleten. Beblik hatte Losglück und war direkt ins Halbfinale vorgedrungen. Der Fahrstuhl brachte ihn in die Kampfarena und hier wartete der Usbeke Abrorjon Kodirov auf ihn. Beblik fand nicht ins Gefecht. „Ich kam schlecht ran. Kodirov war spritzig, hatte seine Aktionen geschlagen und ich konnte nicht schnell genug antworten.“, kommentierte Beblik seinen Auftritt vor den 600 Zuschauern. Platz drei für Beblik.
Ebenfalls Bronze gab es für die deutschen Mittelgewichtler Josef Attanjaoui und Unteroffizier Denis Radovan. Während Attanjaoui dem späteren Turniersieger Max van der Pas (Holland) unterlag, konnte Radovan Christian M’Billi nicht auf Abstand halten. Der französische Champion ist ein Wühler und haut im Nahkampf wuchtige Haken. Radovan ließ sich auf den Infight ein. M’Billi punktete klarer als Radovan, dessen Fäuste zu häufig in der französischen Verteidigung stecken blieben.
Ebenfalls Bronze gab es für Eugen Dahinten und die Hauptgefreiten Robert Harutyunyan und Slava Kerber. Nordrhein-Westfalens Roman Fress und Adthe Gashi vom SV Motor Babelsberg boxten sich unter die letzten Acht.
Quelle: Wolfgang Wycisk, DBV / Fotos: Alyssa Bier, Bundeswehr