Am vergangenen Sonntag ist der einstige „Pound-for-Pound“-Star Pernell Whitaker, im Alter von nur 55 Jahren, bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen (BOXEN1 berichtete). Whitakers Tod sorgte bei seinen weltweiten Fans und früheren Weggefährten für große Bestürzung. Der ehemalige Weltmeister in vier verschiedenen Gewichtsklassen wird von heutigen namhaften Box-Stars als ihr Vorbild benannt. Grund genug, um auf jene einzigartige Karriere zurückzublicken!
Pernell Whitaker (1964-2019): Vorreiter der Defensivkunst!
Wenn man von Spitzenboxern wie Floyd Mayweather Jr., Terence Crawford und Gervonta Davis als Inspiration – oder gar als Idol – bezeichnet wird, darf man sich schon einer großen Wertschätzung erfreuen. Genau dieses Privilieg genoss Pernell Whitaker bereits zu Lebzeiten! „Wenn es einen Boxer gibt, zu dem ich aufgeschaut habe – dann war das zweifellos Pernell!“, sagte beispielsweise Weltergewichts-Champion Terence Crawford in einem früheren Interview.
Pernell Whitaker, der am 2. Januar 1964 in Norfolk (Virginia, USA) das Licht der Welt erblickte, war schon als Amateur eine Ausnahmeerscheinung. Neben mehreren nationalen und internationalen Erfolgen, gelang dem Rechtsausleger bei den olympischen Spielen in Los Angeles 1984 sein bis dahin größter Triumph. Nachdem Whitaker – nahezu problemlos – all seine fünf Widersacher in die Schranken weisen konnte, sicherte er sich letztlich die begehrte Goldmedaille im Leichtgewicht.
Noch im selben Jahr wechselte er zu den Profis, als er bei seinem Debüt den bis dahin in elf Profikämpfen ungeschlagenen Farrain Comeaux vorzeitig bezwang. Man musste zum damaligen Zeitpunkt nicht unbedingt zum ausgewiesenen Kreis von anerkannten Experten gehören, um dem jungen Pernell Whitaker eine erfolgreiche Karriere zu prophezeien. Es sollte allerdings noch gut drei Jahren dauern, ehe er seine erste WM-Chance erhielt.
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Nachdem Whitaker all seine fünfzehn Profikämpfe siegreich gestalten konnte, verlor er im März 1988 den Kampf um die WBC-Weltmeisterschaft im Leichtgewicht gegen Titelverteidiger Jose Luis Ramirez höchst umstritten nach Punkten (Split Decision). Nicht wenige Beobachter sahen den Herausforderer als Sieger und sprachen von einem Fehlurteil. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass sich Whitaker zu Unrecht als Verlierer begnügen musste.
Doch schon ein knappes Jahr später, krönte er sich zum neuen IBF-Champion, nachdem er seinen Landsmann Greg Haugen über zwölf Runden einstimmig besiegte. Einige Monate später kam es zum Rematch mit Jose Luis Ramirez. Diesmal ließ Whitaker nicht den geringsten Zweifel an seiner Überlegenheit zu und gewann deutlich nach Punkten. Mit jenem Sieg sicherte er sich außerdem noch den vakanten WBC-Gürtel.
Folglich entstand eine Ära der jahrelangen Dominanz! Pernell Whitaker blieb bis ins Jahr 1997 ungeschlagen und war Weltmeister im Leicht-, Superleicht-, Welter- und Superweltergewicht. Zu seinen „Opfern“ zählten Größen wie Azumah Nelson oder James „Buddy“ McGirt, die er meist mit einer gewissen Leichtigkeit und herausragenden Fähigkeiten ausboxte.
Vor allem seine einzigartigen Reflexe, die es seinen Gegnern meist unmöglich machten, klare Treffer zu verbuchen, wurden mit Staunen und Bewunderung honoriert. Aus seinem ursprünglichen Nickname „Sweet Pete“ wurde schnell „Sweet Pea“ (zu Deutsch: süße Erbse), nachdem eine US-Zeitschrift die Sprechchöre der Fans falsch interpretierte. Geschadet hat ihm sein etwas merkwürdiger und leicht ironischer Kampfname allerdings nie.
Als Whitaker im Jahr 1993, vor über 65.000 Zuschauern im Alamodome in San Antonio (Texas, USA), die mexikanische Box-Legende Julio Cesar Chavez über die volle Distanz von zwöf Runden größtenteils beherrschte, schien der verdiente Punktsieg eigentlich nur als eine logische Folge zu resultieren. Doch als dann ein Unentschieden als Ergebnis bekanntgegeben wurde, trauten die meisten Zuseher und Experten ihren Ohren nicht! Jene Entscheidung des damaligen Kampfgerichts, gilt selbst heute noch als eine der größten Fehlurteile in der Geschichte des Boxsports.
Auch bei seiner erst zweiten Niederlage, im April 1997, hatte Pernell Whitaker gegen Oscar De La Hoya nur umstritten und mit einem faden Beigeschmack das Nachsehen. Nach zwei weiteren Niederlagen gegen Felix Trinidad und Carlos Bojorquez, welche bereits im Spätherbst seiner glanzvollen Karriere folgten, hing Whitaker seine Boxhandschuhe 2001 für immer an den Nagel. Sechs Jahre später fand er Einzug in die legendäre Ruhmeshalle der „Boxing Hall of Fame“. Nun ist Pernell Whitaker am vergangenen Wochenende mit nur 55 Jahren verstorben. Doch auch sein tragischer Tod wird seinen Legendenstatus mit Sicherheit nicht schmälern – ganz im Gegenteil!
BOXEN1 verneigt sich vor einer außergewöhnlichen und höchst erfolgreichen Boxer-Persönlichkeit. Unsere Anteilnahme gilt seiner Familie und seinen Freunden. Rest in Peace, Champ!