Osleys Iglesias beeindruckt beim Kanada-Debüt

Osleys Iglesias beim Sieg über Marcelo Coceres.
©Vincent Ethier 2024

Am Donnerstag fand in Kanada ein Event statt. Im Co-Mainevent konnte ein in Berlin lebender Kubaner sich auf die Landkarte setzen.

In der gestrigen Nacht veranstaltete der größte kanadische Promoter Eye of the Tiger ein Event in Montreal. EOTT, was so die gängige Abkürzung ist, hat einige aufstrebende Boxer wie Christian Mbilli (26-0) oder den zuletzt strauchelnden Arslanbek Makhmudov (18-1) unter Vertrag. Seit Neuestem ist es das kubanische Supermittelgewicht Osleys Iglesias (10-0) ebenfalls, der seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland unterhält. Zuletzt konnte man Iglesias bei einem MDR-Hauptkampf von SES in Magdeburg sehen, wo er im Oktober seinen IBO-Titel überzeugend mit einem KO über Artur Reis (12-1) verteidigte. Das weckte Begehrlichkeiten, auch bis nach Kanada, wo Iglesias einen langfristigen Vertrag unterzeichnete und nun sein Debüt dort gab.

Iglesias stoppt einen zähen Mann schon in Runde 1

Osleys Iglesias und sein Trainer Georg Bramowski.
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Iglesias wird weiterhin von Georg Bramowski gecoacht, entsprechend war der erfahrene Ringfuchs ebenfalls in Kanada an seiner Seite. Iglesias und Bramowski, ein Traumduo, das passt, mittlerweile auch im Ausland. Vor dem Kampf gab es durchaus einige Komplikationen bei der Waage. Iglesias brachte das Limit nicht, ein Handtuch erfolgte, sowie die Entblößung seines austrainierten Körpers. Nicht unbedingt die Wunschkonstellation für den ersten Auftritt im Ausland.

Auf der Gegenseite stand der erfahrene Gatekeeper Marcelo Coceres (32-7-1), der beinahe Weltmeister wurde im November 2019 gegen Billy Joe Saunders. In Führung liegend wurde er noch in Runde 11 gestoppt. Im Nachgang häuften sich zwar die Niederlagen, aber das waren zumeist Punktniederlagen, die auch enger verliefen. Beispielsweise kam er über die Runden gegen Edgar Berlanga (22-0) und hatte diesen sogar im Kampf am Boden. Die positive Vita half Coceres an diesem Abend jedoch sehr wenig. Iglesias war von Beginn an sehr dominant und überzeugend. Er schlug variabel mit beiden Händen, brachte den Jab scharf und variierte auch das Ziel dabei. Es sah technisch wirklich äußerst ansprechend von Iglesias aus, ein Kopftreffer folgte dann und der zähe Coceres ging auch schon prompt zu Boden. Plötzlich ließ er sich auch auszählen und der Kampf war beendet, ein Erstrunden-KO glückte entsprechend für Iglesias. Georg Bramowski kam aus dem Strahlen nicht mehr heraus, das nennt man wohl ein geglücktes Auslandsdebüt.

Auch wenn ein vorzeitiger Erfolg sicherlich im Rahmen des Möglichen war, dass sich dieser jedoch so schnell einstellen würde, damit hätte vermutlich keiner gerechnet. Coceres enttäuschte natürlich auch, vielleicht war der Schlag so hart und unglücklich – vielleicht fehlte jedoch auch die ultimative Verbissenheit, die er zuvor konstant in den Ring brachte. Unabhängig davon steht ein äußerst überzeugender Sieg für Iglesias in den Büchern, der seinen Top-Talentstatus damit beeindruckend zementiert hat.

Butler stoppt Rolls ebenfalls sofort

Steven Butler zerstört Steve Rolls.
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Iglesias war an diesem Abend jedoch das Co-Mainevent; der eigentliche Hauptkampf lautete auf Steven Butler (34-4-1) gegen Steve Rolls (22-4) im Mittelgewicht. Dieses nationale Duell wurde im Vorfeld äußerst knapp eingeschätzt. Rolls war bei den Buchmachern sogar leichter Favorit als b-side, aber es war wirklich eine 50/50-Nummer. Entsprechend hatten die Zuschauer die Hoffnung, dass der Kampf deutlich mehr liefern würde als das schnelle Co-Mainevent mit Iglesias, doch dem war nicht so.

Butler, der im vergangenen Jahr um die Weltmeisterschaft gegen Zhanibek Alimkhanuly (15-0) gestoppt wurde, begann das Duell gegen den eigentlich sehr zähen Rolls angriffslustig. Schon konnte er diesen am Ringseil stellen und landete einen klaren Treffer zum Kinn von Rolls. Dieser wirkte stehend KO, war am Ringseil aber noch angelehnt bzw. wurde davon getragen und Butler setzte noch einige Hände nach, ehe der Ringrichter dazwischenging. Insgesamt dauerte der Kampf nur 1:05 Minuten. Auch mit diesem Ausgang hätte in der Form wohl kaum einer gerechnet. Butler war nach dem Kampf sichtlich aufgewühlt und konnte sich die Tränen nicht verkneifen. Er empfahl sich nun wieder für höhere Aufgaben.

WBC Schwergewichtsweltmeisterschaft beeindruckte

Vanessa Lepage-Joanisse vs. Abril Argentina Vidal
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Die beiden Hauptkämpfe boten nicht gerade viele Szenen und Spannung, zum Glück lieferte der Kampf zuvor umso mehr ab. Es trafen Vanessa Lepage-Joanisse (7-1) und Abril Argentina Vidal (10-2) im Schwergewicht aufeinander. Dort kämpften sie um den WBC-Weltmeisterschaftstitel. Bei den Männern ist das absolute Objekt der Begierde, bei den Damen sieht es ziemlich diametral aus. Es gibt nicht viele Boxerinnen in solch einer hohen Gewichtsklasse, entsprechend reißen sich auch keine Kandidatinnen um jenen Titel. Es war die historisch erst siebte WBC-Weltmeisterschaft.

Doch das tat diesem Kampf keinen Abbruch. Vidal startete sehr gut in den Kampf. Zwar versuchte Lepage-Joanisse mit Aktivität zu punkten, doch im Vorwärtsgang wurde sie immer wieder klar mit Kontern getroffen. Insbesondere die Haken von Vidal waren eine Waffe, wodurch die ersten 3 Runden tendenziell ihr gehörten. Der Kampf konnte von Beginn an überzeugen, ein enormes Tempo wurde gegangen. Schnell machten sich Verletzungen bei Lepage-Joanisse bemerkbar, auch der Ringarzt schaute sich die blutende Nase an, doch der harte Kampf ging weiter. In der mittleren Phase des Kampfes war es eher Lepage-Joanisse, die die Oberhand haben sollte. Sie tat optisch schlichtweg mehr, drückte und traf zumindest nicht weniger, wodurch das vermutlich ihre Runden auch gewesen sind. Zudem passte sie ein wenig ihre Taktik an und vermied den bedingungslosen Infight, wo sie stets offen erschien. Mit etwas Abstand fing sie sich somit weniger klare Treffer von Vidal ein, die in den Schlussrunden unter Druck stand.

Der Kampf gewann in den letzten beiden Runden nochmals an Fahrt. Die neunte Runde war ziemlich eng, Vidal konnte aber tendenziell die besseren Powerpunches landen. In Runde 10 ging Vidal dann konsequent nach vorne und rannte nur noch an. Lepage-Joanisse musste viel einstecken, tat dies jedoch auch und der Kampf ging über die Runden. Die Kanadier am TV werteten unglaubliche 98-92 für Lepage-Joanisse, was den Kampf keineswegs widerspiegelte. Am Ende werteten die Punktrichter es geteilt für Lepage-Joanisse mit 2x 97-93 – Vidal bekam auch eine Wertung mit 96-94 zugesprochen. Das Urteil ging durchaus noch in Ordnung, wobei der Heimvorteil sicherlich nützlich war. Vanessa Lepage-Joanisse ist damit neue Weltmeisterin im Schwergewicht.

Weitere Undercard bot keinerlei Überraschungen

Mehmet Ünal trifft Facundo Nicolas Galovar.
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Die weitere Undercard bot keine Überraschungen. Sämtliche Favoriten setzten sich durch, und das fast ausnahmslos vorzeitig. Einzig die türkische Boxhoffnung Mehmet Ünal (9-0) konnte seinen zähen argentinischen Gegner Facundo Nicolas Galovar (15-11-2) nicht vorzeitig bezwingen. Der türkische Olympiateilnehmer zeigte dennoch eine solide Leistung, auch wenn er seinen achten KO nicht erreichen konnte.

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