Boxsuperstar Kenshiro Teraji behauptet sich als die Nummer 1 im Halbfliegengewicht mit einem FOTY gegen Carlos Canizales.
Am Dienstag fand in Osaka, Japan, ein großes Event von Teiken Promotions statt. Im Hauptkampf verteidigte Kenshiro Teraji (23-1) seine beiden Weltmeisterschaftsgürtel (WBA und WBC) im Halbfliegengewicht. Zugleich ging es auch um den „The Ring“-Titel sowie den Lineal-Status in der Gewichtsklasse, weil Teraji als klare Nummer 1 gilt. Beim heutigen Kampf musste er sich gegen den venezolanischen Boxer Carlos Canizales (26-2-1) beweisen, der den Pflichtherausfordererstatus der WBA innehatte durch einen Erfolg über den Kubaner Daniel Matellon (13-1-2), den er im Juni des vergangenen Jahres in Argentinien bezwang. Canizales sollte sich rückblickend als ein unfassbar harter Gegner entpuppen.
Beide Boxer früh im Kampf am Boden
In Europa haben die höheren Gewichtsklassen häufig das Hauptaugenmerk. Beispielsweise gilt das Schwergewicht als der unanfechtbare Krösus, dem man maximale Aufmerksamkeit schenken muss. Wahre Boxliebhaber erkennen allerdings häufig in den tiefen Gewichtsklassen die Schönheit, die Intensität und teilweise Brutalität des Boxens an. Geschwindigkeit, Ästhetik und Schlagfrequenz, diese Parameter findet man in höheren Gewichtsklassen eher weniger. Dieser Kampf ist ein Paradebeispiel dafür, wofür es sich lohnt, die tieferen Gewichtsklassen anzuschauen.
Beide Boxer legten von Beginn an ein enormes Tempo an den Tag. Canizales überraschte etwas, dass er sich wirklich auch dem Infight mit dem vernichtenden Teraji stellte. In der ersten Runde konnte er so eine sehr harte Runde für sich knapp entscheiden, doch in der zweiten Runde rächte sich scheinbar das mutige Vorhaben. Canizales kam mit einer Hand etwas durch, fing aber gleichzeitig einen schweren Konter ein und ging hart zu Boden. Es hätte auch schon das Ende dieses Kampfes bedeuten können, doch der Herausforderer überstand diese schwere Phase. In der darauffolgenden Runde dann die große Überraschung. Canizales zeigte sich gut erholt und schlug den Champion zum Ende der dritten Runde kurz zu Boden – es spielten sich unglaubliche Szenen in Osaka ab.
Kenshiro Teraji retains his WBC, WBA, Ring & lineal light flyweight titles with a majority decision victory over Carlos Cañizales which seen both men down in an absolute slugfest, scores reading as 113-113 & 114-112 x2. pic.twitter.com/LQ009nflVs
— 𝒟𝒾𝒶𝓇𝒾𝑜𝓈 (@DiariosJournals) January 23, 2024
Beide Boxer schenken sich nichts, wechseln das Momentum ab und wirken angeschlagen
Auch wenn in den darauffolgenden Runden keine weiteren Niederschläge mehr verzeichnet wurden, hat der Kampf nichts an Intensität und Brutalität einbüßen müssen. Beide Boxer lieferten sich eine harte Materialschlacht auf Augenhöhe. Canizales versuchte die Punktrichter mit der alten Wegner-Manier zu beeindrucken, indem er in der Schlussphase einer Runde nochmal für Furore sorgte. Zuvor war es jedoch meist Teraji, der mehr Aktionen landete, wodurch die Runden 4-8 mehrheitlich an den Champion gingen.
Es waren dennoch alles enge Runden, das Momentum wechselte sich stets ab, was das Zeichen ist, dass es sich hierbei um etwas ganz Großes handelt. Insbesondere zum Körper schlugen sich beide Männer wund, gaben aber niemals auf und schlugen noch mehr und mehr. Der Kampf ging in die Schlussphase, noch war alles möglich.
Contender for FOTY & it's only January 😮💨#TerajiCanizales | LIVE on @ESPNPlus | @PrimeVideo in Japan pic.twitter.com/FVEm8mmitN
— Top Rank Boxing (@trboxing) January 23, 2024
Teraji schwächelt in der Endphase – das Urteil wird kontrovers diskutiert
In der neunten Runde konnte Canizales den Champion in die Seile zurückdrängen und beeindrucken. Danach kippte der Kampf zunehmend. War es zuvor noch eine fürchterliche Infight-Schlacht, wo sich beide Boxer nichts schenkten und ihr Leben im Ring ließen, wurde Teraji zunehmend passiver und nahm seine Beine in die Hand. So änderte sich die gesamte Statik des Kampfes, und Canizales jagte überwiegend den Champion durch den Ring. Auffällig dabei: Teraji brachte nur noch selten seine Schlaghand, versuchte mit dem Jab, sich über die Runden zu schlängeln. Das gelang auch einigermaßen gut, weil Canizales nicht mehr so präzise den Druck aufrechterhalten konnte. Dennoch war er der pressende Mann, der sicherlich auch in der Endphase die Runden hätte gewinnen müssen. Bei Teraji musste man sich die Frage stellen, ob er eine Verletzung erlitt.
Am Ende ging ein bombastischer Kampf über die volle Distanz von 12 harten Runden. Einzig die letzten Runden waren etwas weniger brutal, weil Teraji zunehmend flitzte, aber es änderte am Gesamteindruck nur wenig. Nun steigerte sich die Anspannung, wer diesen Kampf des Jahres wohl gewinnen würde? Das Fachpersonal wertete den Kampf 113-113 und zweimal 114-112 für Teraji. Damit gewinnt Teraji den Kampf knapp nach Punkten und bleibt die Nummer 1 im Halbfliegengewicht.
Auffällig dabei: Zwei Punktrichter gaben Teraji sogar die letzten beiden Runden zum knappen Sieg, wo er gefühlt keinen Powerpunch mehr austeilte. Man kann sicherlich über dieses Resultat diskutieren, denn verloren hat Canizales den Kampf eher nicht. Es böte sich deshalb mehr als an, dass man ein Rematch ansetzt.
https://www.youtube.com/watch?v=1nt-6p-eeYc
Kampfsportsuperstar Tenshin Nasukawa erzielt seinen ersten vorzeitigen Boxerfolg
Im Co-Mainevent trat der Kampfsportsuperstar Tenshin Nasukawa (3-0) an. Dieser blickt auf eine unglaubliche Kickboxkarriere mit einem Profirekord von 44-0 zurück und hat sich auch erfolgreich im MMA mehrmals ausprobiert. Kein Wunder, dass er in Japan eine gewaltige Nummer ist, entsprechend möchte er nun auch im Boxen für Furore sorgen. Er trat gegen den Mexikaner Luis Robles Pacheco (15-3-1) an, der zumindest im Bantamgewicht auf Platz 14 bei der WBA und WBO gerankt war. Im Kampf selbst fand der Mexikaner aber kaum statt. Nasukawa bewies einen schnellen Jab, schöne Körpertreffer und war insgesamt sehr dominant. Nach drei einseitigen Runden blieb Robles auf dem Stuhl sitzen und gab an, dass er sich eine Verletzung zugezogen habe. Für Nasukawa war es der erste vorzeitige Erfolg im dritten Boxprofikampf.
Weitere Resultate der Undercard
Es gab im Fliegengewicht noch ein Duell zwischen Artem Dalakian (22-1) und Seigo Yuri Akui (19-2-1), bei dem Akui den flitzenden Champion nach Punkten überdeutlich bezwingen konnte. Boxen1 hat dazu schon einen separaten Artikel verfasst.
Im Maincard-Opener gewann Juiki Tatsuyoshi (15-0-1) einen knappen Kampf via Mehrheitsentscheidung gegen Yuki Yonaha (13-6-1) im Superbantamgewicht. Die Eltern von Tatsuyoshi, die am Ring saßen, nahmen den Erfolg ihres Sprösslings relativ emotionslos zur Kenntnis.
You could feel the love from Tatsuyoshi's parents after winning the match against Yonaha. Viva Japan! 🇯🇵 pic.twitter.com/jHxktFKfUh
— OLE (@ajoaquinarieta) January 23, 2024