Osleys Iglesias verteidigt erstmalig seinen IBO-Titel in Kanada. Auch der Hauptkampf des Abends verspricht maximale Spannung.
Am heutigen Donnerstag meldet sich der Nummer-1-Promoter in Kanada, Eye of the Tiger, zurück. Im Gepäck befinden sich gleich mehrere Titelkämpfe, darunter auch Personalien mit deutschem Bezug. Im Co-Main Event trifft nämlich der von Georg Bramowski trainierte Kubaner Osleys Iglesias auf den Russen Evgeny Shvedenko, der lange Zeit bei Fächer Sports in Karlsruhe unter Vertrag stand. Der eigentliche Hauptkampf des Abends ist jedoch ein Duell zweier Söhne der Stadt, die beim Wiegen schon eine Menge Emotionen freien Lauf ließen.
Butler und Volny wollen es im Hauptkampf wissen
Der Hauptkampf des Abends im Casino von Montreal wird das Mittelgewichtsduell zwischen Steven Butler (34-4-1) und Patrice Volny (18-1) sein. Beide Männer kommen direkt aus Montreal, was stimmungstechnisch ein richtig starkes Aufeinandertreffen verspricht. Wenig überraschend also, dass schon längst sämtliche Karten ausverkauft sind. Butler ist durchaus ein renommierter Puncher, der im vergangenen Jahr seine WM-Chance bei der WBO erhalten hat und gegen Zhanibek Alimkhanuly in den USA kämpfte. Gegen den Kasachen blieb Butler jedoch chancenlos und wurde vorzeitig gestoppt. Er konnte danach aber zwei vorzeitige Siege in Folge feiern. Besonders im Kampf gegen Steve Rolls (22-4) wusste Butler zu überzeugen, als er Rolls überraschend klar in der ersten Runde im März stoppte. Durch den Sieg hat er sich wieder für größere Kämpfe empfohlen.
Volny stand hingegen etwas weniger im Spotlight, was aber nicht zwingend an seiner Qualität liegt. Er ist ein sehr guter Mann, der physisch auch viel mitbringt. Seinen bisher größten Kampf verlor er jedoch im November 2021 gegen den ehemaligen WM-Herausforderer Esquiva Falcao (30-1). Dort kam Volny immer besser in den Kampf hinein und setzte Falcao auch zu, doch ein Cut führte dazu, dass in Runde 6 auf die Scorecards gegangen werden musste, wo Falcao den Punktsieg erhielt. Seitdem wurde es ruhiger um Volny, der mit 34 Jahren nun aber seinen großen Hauptkampf gegen Butler erhält.
Grundsätzlich sind beide Boxer ähnlich stark einzuschätzen. Butler hat vermutlich mehr Erfahrung auf diesem Level sammeln können, dafür ist Volny größer und sicherlich besonders heiß auf diese Chance. Mit der großartigen Atmosphäre in Montreal wird das ein ganz heißer Ritt, bei dem beide Seiten maximale Siegeschancen haben. Ein würdiger und richtig toller Hauptkampf also.
Iglesias und Shvedenko bereit zum IBO-Titelkampf
Im Co-Main-Event wird hingegen das zuvor angesprochene Supermittelgewichtsduell um den IBO-Titel zwischen Osleys Iglesias (10-0) und Evgeny Shvedenko (16-1-1) stattfinden. Iglesias lebt in Berlin und wird von Georg Bramowski trainiert. Als Iglesias neulich das Angebot aus Kanada erhielt, war es für ihn selbstverständlich, die Zusammenarbeit mit Bramowski fortzuführen. Die beiden sind ein Gespann, das alles erreichen kann. Iglesias wurde im Dezember 2022 in Polen IBO-Titelträger, als er Andrii Velikovskyi (21-3-2) stoppte. Im Oktober 2023 gab es dann die erfolgreiche Titelverteidigung gegen Artur Reis (12-1) in Magdeburg. Zuletzt hat er noch sein Kanada-Debüt im März gegeben, wo er den eigentlich toughen Argentinier Marcelo Coceres (32-7-1) schon in der ersten Runde stoppte.
Wie weit kann es für den schlagstarken Kubaner gehen? Vermutlich sehr, sehr weit. Zunächst wartet Evgeny Shvedenko, der in Deutschland ebenfalls bestens bekannt ist. Shvedenko galt stets als starker Mann und bekam im Juli 2022 seine große Chance, um den IBF-Final Eliminator zu kämpfen. Leider wurde der Kampf etliche Male zuvor verschoben, weil der Ex-Weltmeister Caleb Truax (31-6-2) immer wieder verletzungsbedingt absagen musste. So wurde es dann am Ende der Agon-Schützling William Scull (22-0), der Shvedenko in Erding auspunktete und Pflichtherausforderer der IBF wurde, was er bis heute noch ist. Die Niederlage war schmerzhaft für Shvedenko, der eine WM-Chance in weite Ferne rücken sah. Zuletzt kämpfte er im September 2023 in Russland, wo er positiv mit einem Unentschieden gegen Pavel Silyagin (14-0-1) in Erscheinung trat. Nun hat er seine Titelchance in Kanada, obgleich es natürlich lediglich der IBO-Titel ist. Dennoch dürfte Shvedenko alles für den Sieg heute geben.
Insgesamt ist dies ein sehr guter und interessanter Titelkampf zwischen den beiden, mit vielen Überschneidungspunkten nach Deutschland. Shvedenko dürfte in der Theorie der bisher stärkste Gegner für Iglesias sein. Wenn Iglesias wirklich in die absolute Elite-Sphäre aufsteigen möchte, muss er diese Hürde heute nehmen.
Der Schweizer Ramadan Hiseni steht vor dem größten Kampf seiner Karriere
Für den Schweizer Ramadan Hiseni (18-1-1) bietet sich noch eine große Gelegenheit im Mittelgewicht. Er trifft auf den Russen Shamil Khataev (12-0), der sein Kanada-Debüt geben wird. Shamil Khataev ist der Bruder des Olympiamedaillengewinners Imam Khataev (7-0), der ebenfalls in Kanada unter Vertrag steht. Shamil Khataev hat Angaben zufolge 300 Amateurkämpfe bestritten, wovon er 290 gewonnen haben soll. Entsprechend darf sich Hiseni auf eine Menge Gegenwehr einstellen, was er sicherlich auch tut.
Hiseni wurde 2019 Juniorenweltmeister der WBC und hat, bis auf eine Ausnahme in Deutschland, ausschließlich in der Schweiz geboxt. Für ihn ist dieser Auswärtskampf nun die schwierigste Aufgabe, die er bislang zu meistern hat. Im Dezember 2022 verlor er seinen ersten Profikampf gegen den sehr großen und starken Ismael Seck (12-8-2). Insgesamt fanden sich schon einige sehr enge Kämpfe bei Hiseni, wenn die Gegnerschaft entsprechend stärker wurde. Er wird in den Kampf als klarer Underdog gehen, allerdings hat Shamil Khataev bislang bei den Profis auch noch nicht sonderlich viel bewiesen. Er kämpfte zuvor ausschließlich in Russland, wo die Gegnerwahl nicht sonderlich namhaft erschien. Was für Hiseni spricht, ist die Tatsache, dass er der längere Mann ist, der tendenziell auch über mehr Reichweite verfügt. Vielleicht hilft ihm das in diesem wirklich sehr schweren Kampf. Es ist jedenfalls ein Box-Highlight für die Schweizer.
Die weitere Undercard in Montreal
Movladdin Biyarslanov (12-0) vs. Elias Mauricio Haedo (14-5) Superleichtgewicht: Das ist ein Titelkampf um den vakanten North American Boxing Federation-Gürtel. Biyarslanov war ein sehr guter Amateur und nahm bei den Olympischen Spielen von Rio de Janeiro teil, wo er im Achtelfinale gegen den Deutschen Artem Harutyunyan verlor. Bei den Profis verlief sein Aufbau vielversprechend, und er blickt auf eine KO-Quote von über 85 %. Haedo ist Argentinier und wird als Außenseiter in den Kampf gehen. Zuletzt verlor er einen Kampf eindeutig nach Punkten, dies war jedoch im Weltergewicht. Im Superleichtgewicht hat er sich meistens ganz gut geschlagen. Haedo ist tough und physisch stark, wodurch er sicherlich kein so schlechter Gegner ist.
Jhon Orobio (9-0) vs. Jose de Leon Jasso (13-4-1) Leichtgewicht: Orobio ist ein spannender 20-jähriger Puncher aus Kolumbien. Zuletzt konnte er erstmalig einen Gegner nicht stoppen, weil dieser sehr zäh erschien – und der Kampf auch nur auf 4 Runden angesetzt war. Nun wartet ein Kampf über 8 Runden, was eine Herausforderung für ein junges Prospect darstellt. Der Mexikaner De Leon kämpfte schon zweimal zuvor in Kanada, wo er zwei Punktniederlagen erlitt. Insbesondere im Kampf gegen den starken Mathieu Germain (24-2-1) hielt er sehr gut mit und konnte Akzente setzen. Entsprechend wird das ein richtig knackiger Test für Orobio heute werden.
Luis Santana (11-0) vs. Guillermo Leonel Crocco (20-3-1) Leichtgewicht: Ebenfalls im Leichtgewicht darf sich Santana präsentieren. Er ist ein guter Techniker, dem aber eigentlich die Schlagkraft etwas fehlt. Überraschenderweise kommt er nun aus drei vorzeitigen Siegen in Folge. Gegen Crocco könnte nun ein weiterer folgen. Der Argentinier hat zwar numerisch einen interessanten Rekord, der aber völlig leer erscheint. Das dürfte keine große Hürde für Santana bedeuten.
Event ist im hauseigenen Abo-Dienst verfügbar
Die genaue Kampfabfolge ist oben ersichtlich. Insgesamt werden sechs Kämpfe stattfinden, die man im hauseigenen Punchinggrace-Abo verfolgen kann. Dort muss man jedoch ein ziemlich kostspieliges Quartalsabo abschließen. Zusätzlich wird ESPN das Event ab 1 Uhr übertragen.