Die Blutschlacht von Las Vegas – Muss man denn solch einen Kampf nicht abbrechen?

Badou Jack kämpft nach Hammer-Verletzung noch 5 Runden bis zum Kampfende weiter – Eine Nachbetrachtung von Ebby Thust

In der Nacht zum heutigen Sonntagmorgen standen sich im zweiten Hauptkampf, der Veranstaltung in der Grand Garden Arena des MGM Hotels in Las Vegas – Hauptkampf war die WBA Weltmeisterschaft zwischen Manny Pacquiao vs Adrien Broner – zwei der beiden zur Zeit besten Halbschwergewichtler der Welt gegenüber: Badou Jack, Ex-Weltmeister im Super-Mittegewicht und Ex-Weltmeister im Halbschwergewicht und der in 23 Kämpfen noch ungeschlagene Marcus Browne, kämpften über die Meisterschaftsdistanz von 12 Runden um den Silver-Belt der WBC und um das Recht den amtierenden WBC Weltmeister Oleksandr Gvozdyk herausfordern zu dürfen.
In den ersten 6 Runden dieses Kampfes hatte der ungeschlagene 23-jährige, 1,92 Meter große Rechtsausleger Marcus Browne mehr Vorteile als der Schützling des Veranstalters Floyd Mayweather, der 35-jährige Badou Jack.
Es geschah in der 7. Runde dieses Kampfes als beide Boxer mit den Köpfen zusammen knallten. Sofort öffnete sich bei Badou Jack mitten auf dessen Stirn eine breite senkrechte Wunde. Es sah furchterregend aus und ich bekam schon beim Anschauen der TV-Bilder eine Gänsehaut. Es sah schon fast so aus als hätte in einem schlechten Gewaltfilm Jemand mit einer Axt einem anderen den Kopf spalten wollen.
Nach dem Gong der die 7. Runde beendete dachte sicher nicht nur ich, sondern bestimmt auch 90% aller Zuschauer in der Halle, dass nun entweder der hinzugezogene Ringarzt oder der Ringrichter, aber ganz bestimmt die Ecke den Kampf abbricht. Aber genau das geschah nicht. Das Fernsehen zeigte nur in großen Bildern, wie der Cutman in der Ecke von Jack erfolglos versuchte die Wunde zu schließen und so gingen beide Boxer dann in die 8. Runde.
Mit dem Gong der die 8. Runde anläutete waren es noch ganze fünf lange Runden bis dieser Kampf (normal) zu Ende ging. Es war für mich unvorstellbar, dass ein Boxer mit solch einer Verletzung noch volle fünf Runden weiter boxen kann. Natürlich zielte Browne jetzt immer wieder auf diese aufgeplatzte Stirnwunde und Jack konnte den Schlägen auch kaum ausweichen, denn er sah durch das viele aus der Wunde austretende Blut – das ihm auch noch in die Augen floss – kaum noch etwas.
So plätscherten die Runden dahin und was da im Ring zu Las Vegas geschah hatte eigentlich nur noch wenig mit dem Boxsport, den wir alle so lieben, zu tun. Dieser Kampf hätte eher in die Arena des alten Roms gepasst wo Gladiatoren um ihr Leben kämpften und nur der Gewinner überlebte. In jeder Runden-Pause sah man dann immer wieder wie der Cutman erfolglos versuchte diese klaffende Wunde zu schließen. Es gelang ihm nicht und der Kampf wurde von Runde zu Runde wieder frei gegeben. Inzwischen hatte Badou Jack gefühlt auch schon mindestens zwei Liter Blut und mehr verloren und Referee Tony Weeks, der diesen Kampf leitete, sah eher aus wie ein Metzgergehilfe im Schlachthof als wie ein Ringrichter. Das Hemd von Tony Weeks hatte sich inzwischen von hellblau in dunkelrot gefärbt.

Ringrichter Tony Weeks sah eher aus wie ein Metzgergehilfe im Schlachthof als wie ein Ringrichter.

Ich kann es nicht nachvollziehen warum der Ringrichter diesen Kampf nicht abgebrochen hat. Lag es vielleicht daran, dass bis zu dieser fürchterlichen Verletzung Badou Jack nach Punkten zurück lag und dass wenn die Punktzettel nach einem Kampfabbruch regelkonform ausgezählt worden wären, er diesen Kampf nach Punkten verloren hätte? Traute sich der Ringrichter deshalb nicht abzubrechen, weil Badou Jack beim Veranstalter Floyd Mayweather unter Vertrag stand? Die gleiche Frage kann man auch an den Ringarzt richten, den Tony Weeks zwar immer wieder zu Rate zog, aber der bei jeder Begutachtung der Verletzung diese Wunde als ungefährlich sah und immer wieder riet weiter boxen zu lassen.

Badou Jack in der Klinik.

Ich glaube nicht nur ich, sondern mit mir Millionen Boxfans weltweit an den TV-Schirmen waren froh als endlich die zwölf Runden vorbei waren und man Badou Jack schnellstmöglich in eine Klinik bringen konnte um ihm diese klaffende Wunde zunähen zu können. Ich finde, dass dieser Blutkampf von Las Vegas keine Werbung für den Boxsport war. Es sollte Grenzen geben und ich finde die waren hier weit überschritten. Wobei es ja nicht alleine um die eigentliche Verletzung von Jack geht, es sind vielmehr auch noch diese unzähligen harten Kopftreffer die dieser nur deshalb nehmen musste, weil er die Schläge seines Gegners nicht mehr kommen sah und ihnen nicht ausweichen konnte.

Die Wunde von Badou Jack wurde mit 36 Stichen genäht.

Ich kann nur hoffen, dass Badou Jack außer einer Narbe nichts weiter zurück behält und dass künftig so etwas nicht noch einmal passiert. Der Ringrichter und auch der Ringarzt sind mitverantwortlich für die Gesundheit eines Boxers und dies wissend sollten sie auch reagieren und handeln.

Noch im Krankenhaus konnte Badou Jack schon wieder lachen.

Natürlich werden jetzt einige sagen: Das ist eben Boxen und Boxen ist ein harter Männersport. Was macht da schon eine läppische Fleischwunde? Mir ist natürlich auch bewusst, dass die Wunde selbst zwar schon ziemlich schlimm aussah, aber sicher an sich alleine nicht lebensgefährlich war. Das stimmt auch, denn auch wenn diese Wunde über die ganze Stirn ging und bis zum Schädelknochen tief war, war sie sicher nicht lebensgefährlich, aber dadurch, dass diese Wunde unmöglich selbst vom besten Cutman der Welt nicht zu schließen war, ist in jeder Runde so viel Blut aus der Wunde ausgetreten, dass beide Augen von Badou Jack zu jeder Zeit voller Blut waren und er kaum etwas sehen konnte. Und genau das war hierbei das Gefährliche, denn ab der 8. Runde traf Marcus Browne Jack wie er es wollte und knallte diesem unzählige harte Schläge, die der gar nicht mehr kommen sah, an den Kopf. Hier lag die ganz große Gefahr und alleine deshalb hätte man den Kampf abbrechen müssen, denn hierdurch hätten irreparable Schäden entstehen können die viel schlimmer als dieses Cut sind.

Sind wir alle froh darüber, dass es letztlich noch einmal gut ausgegangen ist, aber jeder der das was hier geschehen ist verharmlost und Sprüche loslässt, dass jeder Boxer für seine Gesundheit selbst verantwortlich ist und er ja selbst aufgeben kann, wenn er will, der sollte wissen dass genau das falsch ist. Ein Boxer gibt ganz selten selbst auf und vor allem kann ein Boxer die Gefährlichkeit einer Verletzung selbst am Wenigsten abschätzen. Deshalb gibt es eben Ringrichter, Ringärzte und Betreuer die für die Gesundheit eines Boxers verantwortlich sein.

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