Das erste Amazon-PPV: Tszyu vs. Thurman am 30.03 in Las Vegas

Fightposter zu Tszyu vs. Thurman.

Showtime ist Geschichte im Boxen, Amazon lautet dafür der neue Anbieter. Nun soll auch das erste große PPV-Event stehen.

Es war durchaus ein trauriger und emotionaler Moment, als Showtime sich im vergangenen Dezember mit der letzten Boxveranstaltung verabschiedet hat. Zu viele Jahre war es ein fester Bestandteil bei den Boxfans, um dies einfach zu ignorieren. Wie so häufig im Leben schließt sich eine Tür – und eine andere geht auf. Amazon ergriff die Chance und schloss einen Deal mit der PBC ab und wird neuer Übertragungspartner. Damit erhofft sich der Multimilliardenkonzern noch höhere Relevanz im hart umkämpften Sportstreaming. Nun soll auch das erste große PPV-Event feststehen, welches auf Amazon präsentiert wird.

Tszyu sorgt für Furore – von Thurman hört man nicht viel

Tim Tszyu

Am 30. März soll in der T-Mobile Arena der Australier Tim Tszyu (24-0) den Hauptkampf gegen Keith Thurman (30-1) bestreiten. Tszyu hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von starken Siegen und Leistungen eingefahren, wodurch er sich den Status der Nummer 1 im Superweltergewicht erarbeitet hat. Zurzeit hält er dort den WBO-Titel. Er bringt sehr viel Potential mit, um die Gewichtsklasse in den kommenden Jahren zu dominieren, doch die ganz prominente Gegnerschaft gab es tendenziell noch nicht. Das ändert sich nun entsprechend, Tszyu soll als PPV-Mainfighter etabliert werden.

Thurman hingegen hatte vor einigen Jahren diesen Status schon inne. Der ehemalige Weltmeister der WBA und WBC im Weltergewicht hatte in der vergangenen Dekade seine große Zeit. Sicherlich wurde er dort auch immer wieder als P4P-Mann ins Spiel gebracht, was bei seiner Bilanz absolut folgerichtig erschien. Doch er kostete auch die Sonnenseiten des Lebens aus, heiratete und wandte sich zunehmend vom Boxen ab. Seit März 2017 gab es für Thurman lediglich 3 Profikämpfe. Seit seiner ersten Profiniederlage gegen Manny Pacquiao (62-8-2) im Juli 2019, nur noch einen kümmerlichen Kampf. Entsprechend ist es wenig überraschend, dass Thurman den Status der a-side in der absoluten Weltspitze nun verloren hat.

Apropos Verlieren: Den angesprochenen WBO-Titel wird Tszyu hier nicht verlieren können, weil die WBO schon gesagt hat, dass Thurman viel zu inaktiv verblieb und auch nicht in der Gewichtsklasse eigentlich boxt. Deshalb kann daraus kein Titelkampf gemacht werden. Der Hauptkampf wird ohne einen Titel in einem Catchweight stattfinden.

Rolly Romero verteidigt im Co-Mainevent seinen WM-Titel gegen Pitbull Cruz

Fightposter Romero vs. Cruz.

Ein größeres und teures PPV-Event zeichnet sich natürlich nicht nur durch einen Hauptkampf aus. Die gesamte vier Kämpfe umfassende Maincard muss dazu dienen, dass sich Leute für den Kauf eines PPVs entscheiden. Entsprechend muss auch im Co-Mainevent ein Kampf serviert werden, der Wertigkeit und Temperament vereint. Diese Eigenschaften bringt zweifellos der Kampf zwischen Rolando Romero (15-1) und Isaac Cruz (25-2-1) mit.

Romero ist ein Schützling von Floyd Mayweather Jr. und ist bekannt dafür, eine unfassbar große Klappe zu haben. Er ging einst gegen Gervonta Davies (29-0) KO. Zuletzt konnte er sich jedoch gegen den alten Ismael Barroso (25-4-2) den WBA-Titel im Superleichtgewicht kontrovers ergattern. Referee Tony Weeks, der neulich auch schon beim Vergil Ortiz-Kampf in der Kritik stand, brach den Kampf zwischen Romero und Barroso bei der ersten Gelegenheit ab, was Romero den Sieg bescherte. Zuvor war es jedoch nur Barroso, der Akzente setzen und Runden für sich entscheiden konnte.

Isaac Cruz hingegen musste im Dezember 2021 auch eine Niederlage gegen Gervonta Davis hinnehmen. Diese war jedoch äußerst eng und teilweise auch umstritten. Das sind solche Momente, wo ein Boxer trotz einer formalen Niederlage an Profil und Achtung gewinnt. Im Nachgang konnte der kleine Pittbull noch drei weitere gute Siege erzielen. Vermutlich muss man Cruz im Duell favorisieren, aber er wird hierfür auch eine Gewichtsklasse aufsteigen. Mit 1,63m galt er schon im Leichtgewicht als sehr klein, vermutlich ruhen dort die Hoffnungen bei Romero.

Erislandy Lara verteidigt seinen WBA-Titel im Mittelgewicht gegen den hungrigen Zerafa

Erislandy Lara
Stephanie Trapp/TGB Promotions

Erislandy Lara (29-3-3) trägt den Kampfnamen „The American Dream“, weil der Kubaner sich 2007 in die USA abgesetzt hat, um dort einer Profikarriere nachzugehen. Dies war gewiss keine schlechte Wahl, denn er hat sich in der Elite durchaus etabliert. Seine stärkste Zeit hatte er vor etwa 10 Jahren, als er Austin Trout (37-5-1) besiegte und wenig später gegen Saul „Canelo“ Alvarez (60-2-2) höchst umstritten nach Punkten verlor. In den darauffolgenden Jahren blieb Lara weiterhin erfolgreich, doch sein kubanischer Kampfstil war nicht zwingend ein Garant für Zuschauerinteresse. Im gediegenen Alter hat er sich ins Mittelgewicht begeben und bewies dort überraschenderweise recht offensive und auch schlagstarke Leistungen, die man Lara nicht zwingend zugetraut hätte. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass seine Gegner seit dem Unentschieden gegen Brian Carlos Castano (17-1-2) im März 2019 nicht mehr über die höchste Qualität verfügten.

Michael Zerafa (31-4) hat solch eine Resümee voller Weltmeistertitel nie gehabt. Der Australier blickte dennoch auf einige größere Kämpfe, darunter gegen die Exweltmeister Kell Brook (40-3) und Jeff Horn (20-3-1). Einen Weltmeisterschaftskampf durfte Zerafa niemals bestreiten, derweil ist er in den Weltverbänden sehr gut gerankt. Bei der WBA auf Nummer 1, entsprechend bekommt er nun die Gelegenheit, sich endlich auch um jenen Titel zu messen. Das letzte Ausrufezeichen setzte Zerafa im April 2022, als er in Australien seinen hartschlagenden Landsmann Issac Hardman (15-2) in 2 Runden zerstörte.

Wer sich in diesem Duell durchsetzen wird, steht vermutlich in den Sternen. Lara ist auf dem Niveau bedeutend erfahrener, aber er wird fast 41 Jahre alt sein im März, wodurch dieser Faktor gegen ihn sprechen sollte. Zerafa verfügt zweifellos über viel Potential, aber er wird es auch gegen einen renommierten Spitzenmann wie Lara unter Beweis stellen müssen. Es gibt auf beiden Seiten sicherlich Argumente für den Sieg.

The Towering Inferno ist im Einsatz gegen den ukrainischen Puncher

Sebastian Fundora.

Sebastian Fundora (20-1) verfügt über einen hohen Wiedererkennungswert. Der sympathisch lächelnde Amerikaner misst für ein Superweltergewicht unglaubliche 1,97m. Nun bringt er das Kunststück fertig, seine theoretischen Reichweitenvorteile kaum auszuspielen, weil er in bester Mexikaner-Manier trotz seiner enormen Parameter den Infight sucht. Daraus ergeben sich vielleicht taktisch selten dämliche Szenarien – aber unglaublich unterhaltsame Actionfights! Fundora gehört zweifellos zu den unterhaltsamsten Boxern in der aktuellen Ära. Qualität verfügt er derweil auch, was er unter anderem beim Stallduell gegen Erickson Lubin (26-2) unter Beweis gestellt hat. Lubin sah nach acht Runden mit Fundora wie ein potentielles Wesen aus dem All aus. Im letzten Kampf gab es dann aber eine mehr als überraschende Niederlage gegen Brian Mendoza (22-3). Fundora hatte den Kampf komplett im Griff, ehe Mendoza einmal hart durchkam und den KO dadurch erzielte. Es war eine spektakuläre Wendung aus dem Nichts.

Der Ukrainer Serhii Bohachuk (23-1) stand noch nicht so groß im Rampenlicht. Er wird von Tom Loeffler promotet und kämpfte eher bei etwas kleineren Events. Alle 23 Siege konnte der gefürchtete Puncher vorzeitig holen. Im März 2021 erfolgte seine einzige Niederlage gegen Brandon Adams (23-3) in Puerto Rico, wo er in Führung liegend noch gestoppt wurde. Hinter seinem Kinn muss man vielleicht ein Fragezeichen setzen, aber die offensive Wucht ist zweifellos vorhanden. Entsprechend kann man bei dieser Paarung um den Interims-WM Titel der WBC von einem harten Kampf ausgehen, wo beide Boxer den KO suchen werden – und eventuell auch finden können.

PPV auf Amazon in den USA – und was wird aus uns?

Dieses Event wird in den USA als erstes Amazon-PPV Event in die Geschichte eingehen. Und man muss konstatieren, dass es sich hierbei um eine wirklich tolle Card handelt. Es sind tolle Boxer dabei, aber auch sehr interessante und ausgeglichene Kämpfe. Jeder Boxfan sollte sich den 30. März rot im Kalender markieren.

Ob wir in Europa durch die Amazon-Übernahme eventuell profitieren werden, ist ungewiss. Es wäre für Boxfans hierzulande natürlich ein Jackpot, wenn zukünftig die PBC-Events auch im Amazon Prime-Abo enthalten wären. Aber davon ist nicht zwingend auszugehen. In der Vergangenheit hat sich Fite.tv als Übertragungspartner für PPV-Events der PBC etabliert. Ob das auch noch in der Zukunft so Bestand hat, wird man im März dann in Erfahrung bringen können.

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