Der Boxsuperstar kehrt am Cinco de Mayo-Wochenende zurück und könnte endlich wieder alle Fans restlos begeistern.
Die T-Mobile Arena in Las Vegas wird am Samstag Schauplatz eines großen PPV-Events sein. Boxsuperstar Saul „Canelo“ Alvarez (60-2-2) verteidigt sämtliche Gürtel im Supermittelgewicht gegen seinen mexikanischen Landsmann Jaime Munguia (43-0). Wie es sich für ein mexikanisches Duell gehört, wird dieses am Cinco de Mayo-Wochenende stattfinden, das in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt.
Zuletzt wusste Canelo nicht alle Kritiker und Fans zu überzeugen, doch dieser Kampf könnte eine Kehrwende darstellen.
Canelo – Siege ohne große Begeisterung
Es ist nicht leicht, ein Box-Superstar zu sein. Man wird stets kritisch beäugt, muss konstant starke Kämpfe eingehen und kann es selten allen Leuten gerecht machen. Im Profiboxen spielt zudem die Komponente mit hinein, dass man nicht nur Siege abliefern muss; die Kämpfe sollten im Idealfall auch noch Entertainment liefern, ansonsten wird man als Langweiler verschrien, was kontraproduktiv für etwaige PPV-Verkäufe ist.
Canelo ist nicht nur ein Superstar im Boxen, er gehört schon seit vielen Jahren zur absoluten Elite in der Sportszene und zu den bestbezahltesten Athleten der Welt. Der Champion konnte zuletzt aber nicht immer restlos überzeugen. Da gab es zum einen die überraschend eindeutige Niederlage gegen Dmitrii Bivol (22-0), wo er ziemlich vorgeführt wurde. Zwar geschah dies im Halbschwergewicht und am P4P-Kandidaten Bivol werden sich auch noch ganz andere Boxer ihre Zähne ausbeißen, aber Canelo-like war der Kampf keineswegs.
Im Nachgang kehrte Canelo zwar wieder auf die Siegerstraße zurück mit Erfolgen über Gennadiy Golovkin (42-2-1) oder auch Jermell Charlo (35-2-1), doch diese eindeutigen Punktsiege boten nur wenig Spannung und spektakuläre Momente für die Zuschauer. Selbst sein Homecoming gegen einen auf dem Papier dankbaren Gegner wie John Ryder (32-7) wurde schlussendlich ein mühsamer Punktsieg ohne Glanz; Jaime Munguia hingegen stoppte Ryder in einem Feuerwerk.
Nun wird das PPV gegen Munguia fast 90 $ in den USA kosten, ein hoher Preis, wo die Zuschauer auch mehr erwarten als nur einen klaren Punktsieg. Es bedarf einer spektakulären Performance, und Munguia scheint dafür der perfekte Tanzpartner zu sein.
Munguia ist ein absoluter Actionfighter
Es könnte also nicht passender erscheinen, dass auf der Gegenseite mit Jaime Munguia ein absoluter Offensivboxer steht, der auch maximale Action garantiert. Sein Siegeszug begann im Superweltergewicht, wo er im Mai 2018 WBO-Weltmeister wurde mit einem Sieg über Sadam Ali (27-3), der zuvor noch den Titel gegen die Boxlegende Miguel Cotto (41-6) gewonnen hatte. Wenig später konnte Jaime Munguia vielleicht seinen bislang besten Karriereerfolg einfahren, mit der erfolgreichen Verteidigung gegen Liam Smith (33-4-1).
In den Folgejahren versuchte sich Munguia auch im Mittelgewicht, doch auf der Waage gegen D’Mitrius Ballard (21-2-1) dehydrierte Munguia stark und brach teilweise zusammen. Schnell war ersichtlich, dass er keine Zukunft in der Gewichtsklasse haben würde und er stieg ins Supermittelgewicht auf, wo er nun seine Chance des Lebens gegen den Landsmann Canelo hat.
Munguia selbst kann man durchaus als einen typischen Mexikaner bezeichnen, der gerne am Mann arbeitet und teilweise seine Deckung vernachlässigt. Das führt zu spektakulären Kämpfen, die von einer hohen Intensität und auch Brutalität geprägt sind. Beispielsweise lieferte er sich eine unglaubliche Schlacht im vergangenen Jahr mit dem Ukrainer Sergiy Derevyanchenko (15-5), wo er am Rande einer Niederlage stand. Er steckte jedoch nicht auf und konnte in der letzten Runde noch einen Niederschlag landen, der zum hauchdünnen Punktsieg entscheidend war. Es war gewiss der Kampf des Jahres 2023 gewesen.
Munguia könnte ein dankbarer Gegner sein
Nun verhält es sich so, dass man als Actionfighter natürlich die Herzen der Massen zugeflogen bekommt und auch sehr PPV-freundlich aufgestellt ist, doch sportlich kann das im Elitesegment sehr problematisch sein. Canelo ist keineswegs ein offen agierender Mexikaner, der sich in wilde und offene Prügeleien stürzt. Das kann er auch nicht sein, weil er sonst diese Weltkarriere über so viele Jahre nicht gehabt hätte.
Entsprechend darf man schon die Siegeschancen von Munguia in Frage stellen. Kann er wirklich im Elitesegment mit seiner offensiven Herangehensweise bestehen? Oder schult ihn der Altmeister dann doch mit dem Timing und teilt am Samstag hart aus? Oscar de la Hoya, der Promoter von Munguia, war sich natürlich siegessicher und verriet, dass Munguia über die Workrate auf den Scorecards große Chancen haben wird. Insbesondere in den hinteren Runden bekommt Canelo häufig konditionelle Probleme und kann nicht mehr so nachlegen, wie es wünschenswert ist. Darin besteht dann eine Chance für Munguia, dass er über die Schlagfrequenz punktet.
Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass Canelo durch etliche klare und harte Treffer Munguia so zusetzt, dass dieser mit der Zeit entweder massiven Respekt erhält und zurückweicht oder sogar KO geht. Das kam zwar nur noch selten bei Canelo-Kämpfen zuletzt vor, aber gegen Munguia ist es durchaus ein mögliches Szenario. Unabhängig vom genauen Ausgang des Kampfes ist gewiss, dass dieser Kampf viel Action und auch eine enorme Atmosphäre garantiert, weil beide Landsmänner sehr gut miteinander harmonieren dürften, wodurch es ein sehenswerter Kampf ist.
Mario Barrios verteidigt seinen Interimstitel
Da die Card fast 90 $ kosten wird in den USA, benötigt man entsprechend auch eine Undercard, die ebenfalls sehenswert ist. Das Co-Mainevent bietet dafür mit Mario Barrios (28-2) einen populären Kämpfer, der zuletzt gegen Yordenis Ugas (27-6) seinen besten Karriereerfolg erzielen konnte. Der WBC-Interimschampion wird nun seinen Titel gegen den Argentinier Fabian Andres Maidana (22-2) verteidigen, der zuvor noch nie groß in Erscheinung getreten ist. Zuletzt konnte er den WBC-Latino-Titel gewinnen und mehrmals verteidigen, wodurch er aktuell die Nummer 20 der WBC ist.
Vielleicht tut man Maidana Unrecht damit, aber auf dem Papier wirkt diese Paarung als Co-Mainevent äußerst bescheiden. Weder hat Maidana den Status noch die potenzielle Leistungsfähigkeit, um hier wirklich zu beeindrucken. Dennoch ist es natürlich nun seine große Chance und dabei sicherlich auch gewillt, den Kampf zu gewinnen.
Brandon Figueroa garantiert große Action
Erfreulich ist die Anwesenheit von Brandon Figueroa (24-1-1), der nicht nur ein sehr starker und fähiger Boxer ist, sondern zugleich mit seiner offensiven Herangehensweise ein grandioser Actionfighter darstellt. So erscheint es wenig verwunderlich, dass auch der Autor des Artikels ein großer Fan von Figueroa ist.
Er war Weltmeister bei der WBA und WBC im Superbantamgewicht und hat dort beispielsweise den Mexikaner Luis Nery (35-1) zu dessen erster Profiniederlage verholfen, der nun im Mai der kommende Gegner von Boxsuperstar Naoya Inoue (26-0) wird. Nach einer sehr knappen und diskutablen Punktniederlage gegen Stephen Fulton (21-1) stieg Figueroa in das Federgewicht auf, wo er sich zuletzt den WBC-Interimstitel mit einem Punktsieg über Mark Magsayo (25-2) sicherte.
Nun wartet mit Jessie Magdaleno (29-2) ebenfalls ein Ex-Weltmeister im Superbantamgewicht auf Figueroa. Magdalenos Stern ging im November 2016 gegen die Boxlegende Nonito Donaire (42-8) auf, wo er diesen über 12 Runden dominierte. Kein halbes Jahr später verlor Magdaleno jedoch prompt den Titel wieder an Isaac Dogboe (24-4), der ihn chancenlos aussehen ließ und schlussendlich auch in Runde 11 stoppte.
Seitdem wurde es ruhig um Magdaleno, der das Weltklasselevel in den letzten Jahren nicht mehr erreichen konnte. Der Kampf gegen Figueroa ist nochmal seine Chance, an einen WM-Kampf zu kommen, andererseits wird es schwer für ihn sein, nochmals an große Kämpfe anzuknüfen. Zwar ist Figueroa deutlich zu favorisieren im Kampf, dennoch verspricht es ein attraktives Gefecht zu werden, was den Zuschauern einiges bieten sollte in einer sehr attraktiven Gewichtsklasse.
Stanionis verteidigt seinen regulären WBA-Titel
Den Opener der PPV-Card wird im Weltergewicht der Litauer Eimantas Stanionis (14-0) liefern, der seinen regulären WBA-Titel gegen Gabriel Maestre (6-0-1) verteidigt. Stanionis sicherte sich den regulären WBA-Titel im April 2022 gegen den starken Radzhab Butaev (15-1) vor den wachsamen Augen von Richard Schäfer, der ihn zu der Zeit promotete. Stanionis lieferte eine großartige Leistung gegen Butaev und zeigte insbesondere ein technisch extrem starkes Boxen. Er ist sehr schnell und dynamisch, verfügt über einen fantastischen Jab und bringt auch genügend Nehmerqualitäten mit, um in der Weltspitze zu bestehen.
Leider erfolgte seit dem Sieg im April 2022 kein Kampf mehr von Stanionis, was auch daran lag, dass im vergangenen Jahr Vergil Ortiz Jr (21-0) gleich zwei Kämpfe kurzfristig gegen Stanionis absagte. Nun steht der Litauer jedoch endlich im Ring und verteidigt den WBA-Titel gegen Gabriel Maestre (6-0-1).
Maestre war ein sehr starker Amateur und wechselte erst spät ins Profilager. Dort konnte er nicht immer vollends überzeugen. So benötigte er beispielsweise die Hilfe von den Punktrichtern beim Sieg über Mykal Fox (22-4), was als größte Robbery des Jahres 2021 galt. Im letzten Kampf konnte Maestre jedoch sein Können aufblitzen lassen und stoppte im vergangenen August das zuvor ungeschlagene Talent Travon Marshall (9-1) spektakulär in Runde 2, wodurch er sich in den Fokus kämpfte.
Auch wenn Stanionis stärker einzuschätzen ist, hat dieser Kampf durchaus eine Spannung zu bieten, was leider bei den anderen PPV-Main-Undercardkämpfen kaum aufkommt.
💣 ¡Tenía la bomba preparada!
🥊 Espectacular KO del venezolano Gabriel Maestre en el round 2 ante el hasta hoy invicto estadounidense Travon Marshall.pic.twitter.com/osX0sYygBm
— 𝐓𝐡𝐞 𝐒𝐩𝐨𝐫𝐭𝐢𝐧𝐠 𝐍𝐞𝐰𝐬 México 🇲🇽 (@sportingnewsmx) August 13, 2023
Die kostenlosen Prelims
Vor der PPV-Maincard erfolgen noch zwei kostenlose Kämpfe auf den Prelims. Es handelt sich um diese beiden Paarungen im Superweltergewicht:
Vito Mielnicki Jr (17-1) vs. Ronald Cruz (19-3-1): Mielnicki Jr ist ein PBC-Schützling, der schon seit vielen Jahren stark gepusht wird. Seine Leistungen im Ring waren dafür zumeist nicht sonderlich spektakulär, doch in den letzten Kämpfen entdeckte er den Punch für sich und konnte einige Männer frühzeitig stoppen. Für den 21-jährigen „White Magic“ geht die Leistungssteigerung nun auch mit einer Steigerung in der Gegnerqualität einher. Zwar mag Cruz gewiss kein überstarker Mann sein, dürfte aber zu den stärksten Gegnern in der bisherigen Karriere von Mielnicki Jr zählen, was entsprechend durchaus stimmig erscheint.
Jesus Alejandro Ramos Jr (20-1) vs. Johan Gonzalez (34-2): Ramos Jr ist ein bekanntes Gesicht bei der PBC, der schon in größeren Kämpfen stand. Zuletzt sogar auf drei PPV-Maincards am Stück. Doch beim letzten Kampf erfolgte die erste Profiniederlage für Ramos Jr, der durchaus kontrovers nach Punkten gegen Erickson Lubin (26-2) verlor. Nun folgt der erste Kampf nach der Niederlage, und er bekommt den Prelims-Slot, um sich mit einem Sieg wieder für bessere Kämpfe zu empfehlen. Einen leichten Gegner erhält Ramos Jr jedoch nicht, sondern muss mit Gonzalez schon eine schlagstarke Hürde direkt nehmen. Der Venezuelaner hat 33 seiner 34 Siege vorzeitig geholt. Im letzten Kampf gewann er zwar „nur“ nach Punkten, doch der Sieg über Guido Emmanuel Schramm (16-2-2) auf einer ProBox-Veranstaltung stellt seinen bisher besten Karriereerfolg dar. Für einen kostenlosen Prelims-Kampf ist diese Paarung sehr ansprechend.
Agon-Schützling William Scull ebenfalls im Einsatz
Interessant dürfte aus deutscher Sicht natürlich auch der Supermittelgewichtskampf von William Scull (21-0) sein, der durch seinen Erfolg im Juli 2022 über Evgeny Shvedenko (16-1) der Pflichtherausforderer bei der IBF ist. Entsprechend darf er den Hauptkämpfer Canelo um die Weltmeisterschaft herausfordern, zumindest in der Theorie. Seit nunmehr fast zwei Jahren wartet Scull auf die große WM-Chance und musste sich stets gedulden. Nun bekommt er am Samstag zumindest die Gelegenheit, sich dem US-Publikum zu präsentieren – oder auch nicht? Da der Kampf mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf den Prelims stattfinden wird, liegt folglich auch keine Übertragung vor. Wenn Agon nicht um die Genehmigung bittet, vielleicht mit dem Smartphone eine Liveübertragung vom Kampf zu starten, wird dieser Kampf unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Denn eines ist gewiss: In Las Vegas wird sich kaum ein Zuschauer so früh schon in der Halle verirren.
Hemphill ist als Gegner keine Laufkundschaft
Scull bekommt es mit dem Amerikaner Sean Hemphill (16-1) zu tun, einem großgewachsenen Mann, der schon bei den Amateuren durchaus Erfolg hatte. Seinen größten Profikampf verlor er jedoch, als er im Januar 2023 bei einem ShoBox-Hauptkampf auf Showtime von David Stevens (13-1) in der letzten Runde gestoppt wurde. Das war zwar ein mächtiger Dämpfer für Hemphill, der dennoch weiterhin als starker Mann eingeschätzt werden muss und nun auch eine große Gelegenheit mit Scull erhält, der die IBF-Rangliste anführt.
Stevens war ein kompakter Mann, der die Ringmitte dominierte und mit einer hohen Powerpunchrate viel Druck erzeugte, dem Hemphill schlussendlich erlag. Scull hingegen ist ein völlig anderer Boxer, der technisch versiert ist, gerne auch im Rückwärtsgang agiert, mit einer eher niedrigeren Workrate und einer hohen Explosivität. Entsprechend handelt es sich hierbei um ein völlig anderes Matchup für Hemphill, was ihm unter Umständen eher liegen dürfte als das gegen Stevens.
Da auch dieser Kampf, insbesondere aus deutscher Perspektive, natürlich spannend klingt, wäre eine Übertragungsmöglichkeit mehr als wünschenswert. Für den Agon-Stall ist dieses Duell auch wegweisend. Hat man in den vergangenen Wochen empfindliche Niederlagen einstecken müssen, so ist William Scull als Pflichtherausforderer noch ein großer Hoffnungsschimmer. Sollte er jedoch auch diesen Kampf verlieren, wäre der absolute Supergau perfekt.
Das PPV kostet in Deutschland 19,99 €
In der Nacht zum Sonntag ab 2 Uhr beginnt die PPV-Maincard, die 4 Kämpfe beinhaltet. Das PPV kann man sich bei zwei verschiedenen Anbietern holen. Zum einen wäre dort DAZN, wo das PPV 19,99 € kostet, aber zugleich ein DAZN-Abo voraussetzt. Wer kein DAZN-Abo verfügt, kann zudem auf den Anbieter TrillerTV zurückgreifen, wo das PPV abofrei für 20,99 $ angeboten wird.
Die Prelims hingegen erfolgen zwei Stunden zuvor um 0 Uhr, welche man beispielsweise auf YouTube kostenlos verfolgen kann.
gut geschriebene und ausführliche ankündigung 🙂