Vom Laufsteg in den Boxring: Wie Hanna Hansen den Boxsport aufmischen will

Foto: Torsten Helmke

Als Model und DJane ist die 37-jährige Hanna Hansen aus Köln gefragt. Als Kickboxerin wurde sie fünfmal deutsche Meisterin sowie Weltmeisterin. Nun will sie den Boxsport aufmischen.

Hanna Hansen: „Ein WM-Kampf fällt nicht einfach so vom Himmel“

Im Juni diesen Jahres gab die gebürtige Kölnerin Hanna Hansen ihr Profidebüt beim Universum Boxstall in Hamburg. Gegen die aus 22 Kämpfen erfahrene Nana Chakhvashvili konnte Hansen den Sack in der zweiten von vier angesetzten Runden vorzeitig zumachen. Am kommenden Samstag steigt sie in Hamburg wieder in Ring. Unter den Fittichen von Felix Sturm-Coach Maurice Weber will Hansen nun auch im Boxsport zu Titelehren kommen. Wir sprachen mit der sympathischen Zweifach-Mama über ihre Ziele.

Hanna, mit 37 Jahren gehörst du nicht mehr zu den Jungspunden in der Boxszene. Woher nimmst du das Selbstvertrauen, in dieser Sportart Fuß zu fassen und vor allem zu Titelehren zu kommen?

Hanna Hansen: „Das Selbstvertrauen nehme ich aus meiner Erfahrung als Kickboxerin mit, wo ich bereits sehr erfolgreich war. Außerdem bin ich ein Mensch, der immer alles richtig anpackt, also ganz oder gar nicht und vor allem mit voller Überzeugung und Leidenschaft. Alles andere kommt für mich nicht in Frage. Ich bin hungrig und mein Selbstvertrauen war noch nie so hoch wie jetzt. Deswegen ist es mein großes Ziel, den WM-Gürtel eines Tages in den Händen zu halten.“

In deinem zweiten Profikampf triffst du am Samstag auf Klaudia Vigh, die bereits 33 Kämpfe absolviert hat. Wie hast du dich auf diese erfahrene Gegnerin vorbereitet?

Hanna Hansen: „Meine Gegnerin hat schon auf großen Bühnen geboxt und ist sehr erfahren. Wir haben uns bestens vorbereitet und ihre vergangenen Kämpfe analysiert. Dieser Kampf jetzt ist nur ein Step hin zum großen Ziel.“

Mit Maurice Weber hast du einen Trainer an deiner Seite, der mit Felix Sturm auch einen erfolgreichen Ex-Weltmeister coacht. Inwieweit hat dich die Arbeit mit ihm boxerisch voran gebracht?

Hanna Hansen: „Bei meinem ersten Profikampf haben wir uns acht Wochen vorher vorbereitet. Maurice sagte damals zu mir, dass ich das Boxen erst jetzt gelernt habe. Natürlich habe ich als Kickboxerin auch geboxt und war da auch immer stark drin, Schlaghärte inklusive. Es macht aber einen großen Unterschied ob man beim Kickboxen boxt oder eben richtig boxt. Mo hat mich boxerisch sehr weit voran gebracht und er schafft es wirklich sehr gut dem Sportler alles zu vermitteln. Ich bin sehr dankbar für die Zusammenarbeit.“

Hanna Hansen
Profiboxerin Hanna Hansen ist auch als Model gefragt

Wie viele Kickboxkämpfe hast du bestritten und wo liegt für dich der große Unterschied (abgesehen von den beim Boxen verbotenen Kicks) im Vergleich zum klassischen Faustkampf?

Hanna Hansen: „Ich habe ca. 22 offizielle Wettkämpfe im Kickboxen bestritten. Den Wechsel vom Kickboxen ins Boxen habe ich wirklich unterschätzt. Deswegen habe ich das Boxen auch ’neu gelernt‘, wie mein Trainer Mo so schön sagte. Der Unterschied ist knallhart: angefangen bei der Gewichtsverteilung, dem Stand der Füße, der Distanz, es liegt mehr Fokus auf dem Infight, Automatismen vom Kickboxen müssen wieder wegtrainiert werden und so weiter – es ist einfach eine komplett andere Kampfsportart.“

Im Superweltergewicht hast du national keine Konkurrenz, international sieht es da schon anders aus. Claressa Shields führt die Rangliste an und gilt als Ausnahme-Boxerin. Möchtest du in dieser Gewichtsklasse bleiben und wie siehst du deine Chancen, auch international zu Titelehren zu kommen?

Hanna Hansen: „Das Ziel ist es, Weltmeisterin zu werden. Wegen der Gewichtsklasse werden wir sehen wo die Reise hingeht. Ich fühle mich aber derzeit im Superwelter sehr wohl und stehe auch erst am Anfang.“

Foto: Torsten Helmke

Wenn du die Gewichtsklasse wechseln könntest: mit welcher Boxerin auf nationaler und internationaler Ebene würdest du gern in den Ring steigen?

Hanna Hansen: „Auf internationaler Ebene ist Katie Taylor die für mich derzeit beste Boxerin. Ihre Kämpfe sind unfassbar gut, sie ist krass talentiert. Das wäre schon sehr reizend für mich, um zu sehen wo ich stehe. Auf nationaler Ebene, auch wenn sie nicht mehr aktiv sind und natürlich auch gewichtsklassenübergreifend wäre es cool, einmal mit Susi Kentikian den Ring zu teilen oder Regina Halmich. Die Beiden sind im deutschen Boxsport Ikonen und Vorbilder.“

Viele Boxerinnen und Boxer haben die Weltmeisterschaft als großes Ziel. Gibt es für dich ein greifbareres kleines Ziel, was du erreichen willst?

Hanna Hansen: „Natürlich ist das absolute Ziel die WM. Ich bin mir dessen aber auch bewusst, dass eine WM nicht einfach so vom Himmel fällt und viel Arbeit erfordert. Auf dem Weg dahin möchte ich starke Gegnerinnen schlagen – und wenn dabei der ein oder andere nationale oder internationale Titel auf dem Spiel steht, nehme ich den natürlich gern mit.“

Das Frauenboxen hat in Deutschland einen schweren Stand – obwohl wir sehr gute Boxerinnen haben. Woran liegt das deiner Meinung nach und was sollte man tun, damit auch die Damen die Bühne bekommen, die sie verdienen?

Hanna Hansen: „In meinen Augen liegt das nicht zwingend am Geschlecht. Auch bei den Männern ist der Stand schwierig. Ich blicke aber positiv nach vorn. Wir haben viele starke Boxerinnen und Boxer. Großbritannien ist ein gutes Beispiel dafür, wie man den Boxsport wieder voran bringen kann. Eddie Hearn steht hier mit ganz vorn, auch was das Frauenboxen angeht. Wir müssen in Deutschland alle an einem Strang ziehen, um den Sport sichtbarer zu machen. Christina Hammer ist beispielsweise zum Sparring extra zu mir nach Köln gekommen. Sie war 8 Jahre lang ungeschlagen als Weltmeisterin und hat mich in der Vorbereitung auf Samstag dennoch unterstützt. Ich finde es toll, dass es bei den Frauen in Deutschland so einen starken Zusammenhalt und so eine Unterstützung gibt. Das ist in meinen Augen sehr wichtig, denn so supporten wir uns gegenseitig und können unseren Teil dazu beitragen, das Frauenboxer attraktiver zu machen.“

Hanna Hansens Kampf am kommenden Samtag wird live auf BILDplus, fite.tv und Universum-TV übertragen.

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