In fast jedem Gym findet man früher oder später einen Sportler, der mit Sauna-Suit bzw. „Schwitzanzug“ oder umfunktioniertem Müllsack trainiert. Es existieren viele Mythen über die Effekte dieser Anzüge: „bessere Detox“, „höhere Fettverbrennung“, „gut zum Gewicht machen“, etc. Doch was ist dran?
Wie gut sind Sauna-Suits bzw. Schwitzanzüge wirklich?
Die Anzüge bestehen aus luftdichtem Plastik bzw. Vinyl und bewirken so durch Behinderung der Thermoregulation (Schweiß kann nicht verdunsten, kühlender Effekt bleibt aus) ein teils deutlich vermehrtes Schwitzen.
Fettverbrennung: 1994 konnte eine Studie zeigen, dass bei erhöhter Temperatur (untersucht wurden Radfahrer) vermehrt Kohlenhydrate zur Energiegewinnung genutzt werden. Dadurch bedingt sinkt die Fettoxidation (da sich beide Energiegewinnungsprozesse gegenseitig hemmen) und der Fettstoffwechsel wird für den Moment sogar runtergefahren. Was übrigens viel empfehlenswerter zur Fettverbrennung ist: HIIT!
Detox: 2017 wurde die Rolle der Schweißsekretion im Detox-Prozess des Körpers unter die Lupe genommen. Man kam zum Ergebnis, dass die Menge an ausgeschwitzten Schadstoffen so gering ist, dass man dem Schwitzen keine relevante Position beim Detox zusprechen kann. Da Schweiß zu 99% aus Wasser besteht, ist übrigens auch der Mythos dass die im Körperfett gebundenen Schadstoffe sich durch das Schwitzen lösen und im Schweiß sammeln, hinfällig. Von Natur aus mögen Fette (=hydrophob) und Wasser (=hydrophil) sich nicht, sodass diese keine Verbindung eingehen. Zur Entgiftung nutzt der Körper vorwiegend Nieren und Leber.
Gewichtsreduktion: VORSICHT! JA, man kann in kurzer Zeit beachtliche Mengen Wasser verlieren mit Hilfe von Sauna-Suits (bis zu 10% des Körpergewichts und mehr sind theoretisch möglich, aber fatal!). JA, wenn man ansonsten in guter Verfassung ist, kann man sicherlich auch die letzten 300g bis zum Zielgewicht vor der Waage so verlieren. Und JA, man kann sich damit aber auch, wenn man es übertreibt, umbringen oder zumindest ernsthafte Schäden zufügen! Ein bekannter Fall ereignete sich 1997, als 3 College-Wrestler durch Training in heißer Umgebung mit Sauna-Suits verstorben sind.
Darüberhinaus zeigte eine Studie aus 2013, dass viele Kämpfer nach extremem Weight-Cut eine mangelhafte Rehydration und somit eine messbar schlechtere Leistungsfähigkeit hatten.
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Tipp vom Doc: Schwitzanzüge sollten in der breiten Masse keine Anwendung mehr finden, da die Risiken den Benefits überwiegen. Außerdem gibt es bessere Alternativen, die Fettverbrennung zu triggern. Sollte vor der Waage der Saunaanzug doch benötigt werden, empfehle ich dringend eine ärztliche Begleitung und Einschätzung! Übrigens haben Kinder aus meiner Sicht NIEMALS etwas im Sauna-Anzug zu suchen!
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Referenzen:
Febbraio MA, Snow RJ, Stathis CG, Hargreaves M, Carey MF. Effect of heat stress on muscle energy metabolism during exercise. J Appl Physiol (1985). 1994 Dec;77(6):2827-31. doi: 10.1152/jappl.1994.77.6.2827. PMID: 7896628.
Imbeault, Pascal & Ravanelli, Nicholas & Chevrier, Jonathan. (2017). Can POPs be substantially popped out through sweat?. Environment international. 111. 131-132. 10.1016/j.envint.2017.11.023.
Jetton AM, Lawrence MM, Meucci M, Haines TL, Collier SR, Morris DM, Utter AC. Dehydration and acute weight gain in mixed martial arts fighters before competition. J Strength Cond Res. 2013 May;27(5):1322-6. doi: 10.1519/JSC.0b013e31828a1e91. PMID: 23439336.
https://www.washingtonpost.com/archive/sports/1997/12/18/weight-loss-methods-probed-after-3-college-wrestlers-die/3dcb7763-8491-4b8f-bac6-6991b2ef64b2/ (Zugriff: 25.08.2021)