Koloss Munguia marschiert durch Ali hindurch
Das Schicksal meinte es nicht gut mit Sadam Ali. Der amerikanische Olympia-Teilnehmer von 2008 sollte eigentlich gegen den Briten Liam Smith antreten. Auch wenn dieser mit Sicherheit über Qualität verfügt, wäre er zumindest schon mal rein physisch keine allzu große Bedrohung gewesen. Smith musste dann aber wenige Wochen vor dem geplanten Kampf im Turning Stone Resort & Casino in New York krankheitsbedingt absagen, weshalb Ali, der Ende 2017 Altmeister Miguel Cotto in Rente schickte und sich so den WM-Titel der WBO sichern konnte, das 21-jährige Talent Jaime Munguia aus Mexiko als kurzfristigen Ersatzgegner angeboten bekam. Ali akzeptierte – was sich als großer Fehler herausstellen sollte.
Vor seinem überraschenden Triumph gegen Cotto boxte Ali vornehmlich im Weltergewicht, was auch seinen physischen Voraussetzungen entsprach. Hier bekam es der New Yorker aber mit einem Gegner zu tun, der es an diesem Abend körperlich ohne weiteres mit einigen Super-Mittelgewichtlern hätte aufnehmen können. Munguia, der vom renommierten Ring Magazine zum besten Talent 2017 gewählt wurde, nutzt seine physischen Vorteile dann auch perfekt, indem er Ali konsequent in den Rückwärtsgang drängte und hinter lehrbuchartig vorgetragenen Aktionen diesem zusetzte. Bereits in Runde 1 musste Ali nach einem schweren linken Haken runter. Wackelig auf den Beinen rappelte er sich auf und ging wenig später wieder runter. Wie durch ein Wunder rettete er sich in die Ringpause.
Auch wenn er sich fortan mit aller Kraft wehrte, richtete gefühlt jede Aktion des Mexikaners Schaden an. Ali wurde Ende des zweiten Durchgangs wieder angezählt und nach einem ebenfalls verheerenden dritten, war Ringrichter Gary Rosato bereits kurz davor den Kampf zu stoppen. Die Überzeugungsarbeit von Alis Ecke um Trainer Andre Rozier konnte Rosato davon nochmals abhalten, doch als Munguia den Titelverteidiger kurz darauf wieder mit dem linken Haken hinunterschickte, war Feierabend. So tough Sadam Ali auch war, er wurde hier vor größeren Schäden bewahrt.
Für Jaime Munguia war dies sozusagen die „Breakthrough Performance“, mit der er sich auf einen Schlag einen Namen im Boxsport gemacht hat. Mit nunmehr 29 Siegen in 29 Kämpfen, inklusive beeindruckenden 25 KO-Erfolgen, wird der Youngster nun ein enormes Interesse bei großen Promotern geweckt haben. Pikanterweise war Munguia als möglicher Canelo-Ersatz für ein Duell mit Gennady Golovkin vorgesehen, doch von der entsprechenden Kommission aufgrund fehlender Erfahrung und anderen Faktoren abgelehnt worden. Gegen den Kasachen wäre es mit Sicherheit nicht so einfach geworden.