Endlich wurde das grasse Fehlurteil aus dem ersten Kampf den Beiden wieder gerade gerückt.
Vor mehr als zwei Jahren hörte Jack Catterall die Schlussglocke zu seinem Kampf gegen den damals unangefochtenen Weltmeister im Junior-Weltergewicht, Josh Taylor, und dachte, er hätte den Kampf und alle vier Gürtel gewonnen, und tausende Zuschauer in der Halle und Millionen an den TV-Schirmen waren mit ihm einer Meinung.
Und dann wurde Josh Taylor auf heimischem Boden in Glasgow, Schottland, ein Sieg durch geteilte Entscheidung zugesprochen, was von vielen im Vereinigten Königreich als skandalöses Ergebnis eines der größten Fehl-Urteiles der letzten Jahre angesehen wurde. Trotzdem verließ Josh Taylor damals den Ring als Champion, Catterall war bitter enttäuscht und sofort wurde über einen Rückkampf gesprochen.
Der Kampf wurde schließlich gestern Abend doch noch ausgetragen, aber aus verschiedenen Gründen wurde er mehrmals verschoben und schließlich sogar ganz abgesagt, so dass die beiden getrennte Wege gingen und Taylor dann im vergangenen Juni seinen verbleibenden Gürtel – die anderen wurden ihm geräumt oder aberkannt – an Teofimo Lopez verlor.
Aber Taylor vs. Catterall II war für beide noch der größte Kampf, da noch etwas zu erledigen war und die britischen Fans immer noch darauf drängten. Also wurde der Kampf erst auf den 27. April verschoben, bis sie sich dann schließlich am gestrigen Samstagabend am 25. Mai gegenüberstanden, um eine bittere Vorbereitung auf eine Veranstaltung mit dem Titel „Hate Runs Deep“ zu krönen.
Dieses Mal, 27 Monate nach Josh Taylors stark umstrittenem Sieg, nahm Catterall süße Rache in einem hart umkämpften, aber einstimmigen Punktsieg in einem Kampf ohne Titel, der den Zuschauern weitaus mehr Spaß machte als ihr erstes Aufeinandertreffen in der ausverkauften „First Direct Arena“ im englischen Leeds, die ein akzeptabler Austragungsort war, da keiner der beiden Männer einem Kampf in der Heimatregion des anderen zustimmen wollte.
Jack Catterall, der sich durch Dominanz in der ersten Hälfte des Kampfes einen großen Vorsprung verschaffte, gewann auf den Punktezetteln der Punktrichter Kieran McCann und Mark Bates klar mit 117-111, während Lee Every mit 116-113 wertete. Josh Taylor allerdings feierte sich selbst nach dem Kampf schon wieder als Sieger, indem er mit erhobenen Händen durch den Ring lief und letztlich noch von seiner Ecke auf die Schultern genommen und durch den Ring getragen wurde.
„Heute Abend ist es bittersüß“, sagte Jack Catterall nach dem Kampf. „Keine Weltmeistertitel. Ich habe den Kampf klar gewonnen. Wir können dieses Kapitel mit Josh Taylor nun abschließen.“
„Hören Sie, ich glaube, ich habe den Kampf klar gewonnen. Diesmal bin ich noch mehr Risiken eingegangen. Josh ist ein Elitekämpfer und ein ehemaliger unangefochtener Weltmeister. Ich wusste, dass ich es schwer haben werde, aber ich habe alles gegeben, mit meinem Verstand geboxt und sogar in der zweiten Hälfte des Kampfes, in den Runden, in denen ich zurückhaltender war, habe ich das Tempo kontrolliert und keine harten Schläge einstecken müssen. Und ich habe klare und saubere Treffer gelandet.“
Catterall-Promoter Eddie Hearn, der im dritten Kampf in Folge mit Catterall verbunden war, beim ersten Kampf mit Taylor jedoch nicht sein Promoter gewesen war, freute sich riesig für seinen Boxer.
„Vor zwei Jahren hätte dieser Mann der unangefochtene Weltmeister sein sollen. Aber das spielt keine Rolle, denn heute Abend hat er eigentlich zum zweiten Mal klar gewonnen, aber er sollte eigentlich die Gürtel um die Hüften haben“, sagte Hearn. „Das war ein brillanter Kampf. Sie haben Taylors Trainer Joe McNally Anfang der Woche sagen hören, der erste Kampf sei ein ziemlicher Reinfall gewesen. Das war er wirklich! Der Rückkampf war ein unglaublicher Kampf. Josh kam in der zweiten Hälfte des Kampfes zurück. Jack schloss gut ab. Er boxte zeitweise wunderschön, ließ ihn ins Leere laufen. Zwei unglaubliche Boxer.“
„Ich weiß, dass man den Verlust des unangefochtenen Titels-Kampfes nie vergessen kann, diesen Schmerz, aber ich bin so froh, dass dieser Mann heute Abend gewonnen hat. Er hat es mehr als verdient.“
Jack Catterall gewann auf einem der Punktzetteln die ersten sechs Runden und auf den anderen beiden Karten fünf der ersten sechs Runden und er übernahm vor allem dank seines punktgenauen Jabs, der den Kopf seinen Rechtsausleger-Kollegen Josh Taylor wiederholt zurückwarf, die Kontrolle.
Der 33-jährige Taylor (19-2, 13 KOs) aus Schottland war aggressiv, verfehlte aber immer wieder seine Schläge, sodass der 30-jährige Catterall (29-1, 13 KOs) aus England ebenfalls effektiv kontern konnte. Einige von Taylors Schlägen kamen durch, denn in der dritten Runde, als die Action richtig heiß wurde, hatte Catterall auf der linken Seite seines Gesichts eine deutliche Schwellung.
Josh Taylor sah aus, als wäre er müde und hatte in der vierten Runde nur noch wenig zu tun, als Catterall ihn mit Kombinationen und Jabs überhäufte. Er kam Taylor weiterhin zuvor und tat in den nächsten beiden Runden fast, was er wollte. Er schlug mit zwei linken Händen zu, markierte Taylors Gesicht in der fünften Runde und verletzte ihn mit einer Kombination gegen Ende der Runde, deutlich sichtbar an seinem rechten Auge.
Taylor drehte das Blatt jedoch in der siebten Runde noch Mal um. Er blieb weiterhin aggressiv, fand aber immer besser mit seinem rechten Jab und einer kraftvollen geraden Linke wieder in den Kampf. Laut CompuBox-Statistiken ging die 7. Runde mit 22 zu 12 Treffern an Josh Taylor.
Taylor ließ auch in der achten Runde nicht locker, obwohl Catterall mit einer Kombination in der Mitte des Rings zuschlug. Catterall ließ in der zweiten Hälfte des ersten Kampfes nach und es sah aus, als könnte sich dieses Szenario nun wiederholen, da er am Ende der achten Runde erschöpft wirkte.
Doch Jack Catterall fand in der knappen neunten Runde zu neuem Leben und am Ende der Runde schwoll Taylors rechtes Auge fast völlig zu.
Jack Catterall erlebte seinen größten Moment des Kampfes in der 11. Runde, als er Taylor mit einer sauberen geraden linken Hand traf, die seine Knie einknicken ließ. Er überhäufte Taylor mit einer Reihe von Folgeschlägen, woraufhin Taylor ihn packte und auf die Matte rang, was Ringrichter Kevin Parker aber als Ausrutscher wertete.
Später in der Runde landete Catterall einen weiteren hochexplosiven linken Haken, der Taylor erneut sichtlich verletzte und die Bühne für eine letzte Runde bereitete, in der beide Männer bis zum Ende hart kämpften und keiner von ihnen bereit war, bis zum Schlussgong nachzulassen.
„Es war ein Kampf mit zwei Hälften, aber die zweite Hälfte des Kampfes, die Runden, die ich gewonnen habe, habe ich klar gewonnen“, sagte Catterall. „Ich habe keine Strafe bekommen. Ich hatte ein paar kleine Zipperlein, aber die habe ich heute Abend überwunden.“
Laut der Statistik von CompuBox landete Catterall 176 von 531 Schlägen (33 Prozent), darunter 88 von 333 Jabs, und Taylor landete 162 von 491 Schlägen (33 Prozent), darunter 60 von 264 Jabs.
Josh Taylor versuchte, im Interview nach dem Kampf anzudeuten, dass er genug getan hätte um den Kampf zu gewinnen, klang dabei jedoch wenig überzeugend.
„Ich fand, es war ein toller Kampf. Fair Play für Jack. Er war ein besserer Kämpfer als im ersten Kampf, aber hören Sie, ich dachte, ich hätte den Kampf knapp geklaut, um fair zu sein“, sagte Catterall: „Ich dachte, ich hätte ihn klar geklaut. Es war vielleicht ein knapper Kampf, aber die Kontroverse im ersten Kampf spielte den Punktrichtern in die Hände. Er hat den Kampf gewonnen. Lasst uns einen dritten machen. Warum nicht? Es war ein guter Kampf.“
„Wenn er an größeren Kämpfen teilnehmen will, hat er es verdient. Er hat den Kampf gewonnen. Aber es ist ein Einzelkampf, also lasst es uns tun. Lasst uns eine Trilogie machen.“
Obwohl Catteralls Sieg klar schien, ging Taylor-Promoter Bob Arum bei der Punktevergabe so vor, als würde er böse Kinder anschreien, sie sollten ihm aus den Augen gehen.
„Diese Punktzettel waren eine Schande, eine absolute Schande“, brüllte Arum ins Mikrofon, während er in der Mitte des Rings stand. „Josh tut mir wirklich leid. Ich dachte, er hätte den Kampf gewonnen, aber diese Punktzettel waren lächerlich. Und das ist eine Lehre. Ich werde niemals, niemals mehr zulassen, dass ein amerikanischer Boxer hierherkommt, während dieser britische Verband den Kampf bewertet. Diese Wertungen waren lächerlich.“
Taylor und Catterall sind keine Amerikaner; beide kommen aus dem Vereinigten Königreich.
Auch Hearn war mit dem Ergebnis nicht zufrieden, war aber wie die meisten davon überzeugt, dass sein Mann der klare Sieger dieses Kampfes war.
„Die schottischen Fans werden nicht glücklich sein. Ich fand, dass die Puntzettel der Punktrichter zu unterschiedlich waren, aber der Sieger war goldrichtig“, sagte Hearn. „Jack Catterall hat diesen Kampf gewonnen. Er hat die Show wunderbar beendet. Er hat die ersten sechs Runden dominiert. Und es tut mir leid, Jungs, ich liebe Schottland, aber heute Abend wurde Gerechtigkeit geübt, so viel ist sicher.“
„Der dritte Kampf ist ein großer Kampf, aber Catterall verdient es, Weltmeister zu werden, und darauf muss der Fokus liegen. Er ist im Junior-Weltergewicht so stark. IBF-Titelträger Subriel Matias kämpft als Nächstes gegen Liam Paro, und wir haben den WBC-Titelträger Devin Haney der gegen Sandor Martin antritt. Ich würde diesen Kerl gerne um die Weltmeisterschaft kämpfen und gewinnen sehen.“
Das ist für die Zukunft. In der Gegenwart konnten Taylor und Catterall über die vergangenen 27 Monate nachdenken, über die erbitterte Vorbereitung auf den Rückkampf und darüber, was sie jetzt, da sie 24 Runden einer großen Rivalität hinter sich haben, voneinander halten.
„Es gab immer Respekt. Es ist der Respekt eines Boxers“, sagte Taylor. „Das ist eine siegreiche Natur, eine wettbewerbsorientierte Natur und ein Wille zum Sieg. Es gibt immer Respekt. Sogar gegenüber Leuten, die man nicht mag, gibt es immer Respekt.“
Auch Catterall zollte Taylor trotz der spürbaren Feindseligkeit vor dem Rückkampf seinen Respekt.
„Respekt für Josh. Er hatte seine zusätzlichen Wochen, um sich nach der Verschiebung vom April auf den 25. Mai, vorzubereiten. Wir wollten Josh in Bestform und das haben wir bekommen“, sagte Catterall. „Ich habe Josh nach dem Kampf gesagt, dass es in den letzten zwei Jahren viel Hin und Her und viele harte Worte gegeben hat. Es wurde ein bisschen persönlich. Und wir haben 24 Runden zusammen geboxt, also auch Respekt für Josh.“
Quelle: Dan Rafael