Der BOXEN1-Jahresrückblick: Große Überraschungen und tolle Kämpfe!

Das Boxjahr 2019 hatte viel zu bieten! Pünktlich zu Silvester, blickt BOXEN1 noch einmal auf die wichtigsten Ereignisse der vergangenen zwölf Monate zurück. Neben den internationalen Stars wie Vasyl Lomachenko, Deontay Wilder, Anthony Joshua oder Manny Pacquiao, haben auch die deutschen Boxer für viel Aufmerksamkeit gesorgt.

„Rocky Balboa goes Reality!“ – Anthony Joshua vs. Andy Ruiz Jr.!

Als Anthony Joshua am ersten Junitag im legendären New Yorker Madison Square Garden zur Titelverteidigung seiner WM-Gürtel in den Ring stieg, ging man in allgemeinen Fachkreisen eigentlich davon aus, dass der inzwischen 30-jährige Brite eine Visitenkarte hinterlässt. Immerhin war es das erste Mal, dass Joshua seine Fäuste in den USA zum Einsatz brachte.

Die Journalisten und Boxfans träumten bereits von einer möglichen Unification zwischen Joshua und WBC-Weltmeister Deontay Wilder, während britische Fans mit einem „British Battle“ liebäugelten und stattdessen ein Duell mit Tyson Fury einforderten. Die Zukunft stand für Anthony Joshua offen – bis vor jenem 1. Juni 2019!

Ursprünglich sollte der Vorzeigeboxer von Matchroom-Boss Eddie Hearn auf US-Prolet Jarrell Miller treffen. Doch das 31-jährige „Big Baby“ katupultierte sich selbst durch positive Doping-Befunde ins Aus. Schnell musste ein neuer Gegner her! Da kam der mollige und nicht sonderlich furchterregende Andy Ruiz Jr. gerade recht. Niemand schien dem schwergewichtigen Underdog mit mexikanischen Wurzeln eine Chance auszurechnen.

Bis zu Beginn der dritten Runde lief auch alles nach Plan: Anthony Joshua schickte seinen Herausforderer in jenem Durchgang mit einem krachenden linken Haken auf die Bretter. Der 23. Profisieg für Anthony Joshua, der nach seinem vorzeitigen Sieg über Wladimir Klitschko, zwei Jahre zuvor, zu einer anerkannten britischen Sportlerpersönlichkeit aufstieg, schien bereits so gut wie sicher. Was dann geschah, übertraf selbst die Erwartungen eingefleischter Ruiz-Fans!

Der Herausforderer attackierte den Champion – wie von einer Tarantel gestochen – mit mehreren Händen zum Kopf. Joshua kam ins Wanken und musste noch im selben Durchgang zweimal zu Boden. Nachdem der Titelverteidiger sämtliches Selbstvertrauen auf der Strecke ließ, wuchs der „kleine, dicke Andy“ über sich hinaus. Nach zwei weiteren Niederschlägen in Runde sieben, war die Sensation perfekt! Nach 1:27 Minuten im siebten Durchgang, brach Ringrichter Michael Griffin das inzwischen ungleich gewordene Gefecht ab.

Andy Ruiz Jr. schaffte somit eine der zweifellos größten Box-Sensationen der Geschichte. Der neue Schwergewichts-Weltmeister war in den Wochen und Monaten nach seinem spektakulären Triumph ein gern gesehener Gast in unzähligen Talkshows. Während Ruiz Jr. von allen Seiten gefeiert wurde und aufgrund seiner Körperfülle viele Sympathiepunkte sammelte, musste Anthony Joshua die vielleicht schlimmste Zeit seiner Karriere durchstehen.

Doch durch die Verdienste seines Promoters Eddie Hearn, kam es 7. Dezember zum sofortigen Rematch. Die mit Spannung erwartete und wirtschaftlich höchst-lukrative Neuauflage fand schließlich im saudi-arabischen Ort Diriyah statt. Das Duell hielt qualitativ letztlich nicht das, was sich viele Boxfans im Vorfeld erhofften. Andy Ruiz Jr. hatte lediglich einige Kilogramm mehr zu bieten – die boxerische Vorstellung des Sensations-Weltmeisters war dagegen enttäuschend!

Anthony Joshua bot eine taktische Meisterleistung und boxte den schwerfällig und einfallslosen Andy Ruiz Jr. nahezu problemlos aus. Mit einem klaren Punktsieg holte sich Joshua seine WM-Gürtel wieder zurück. Ob es nun im neuen Jahr zu den erhofften Traum-Duellen gegen Deontay Wilder oder Tyson Fury kommen wird, bleibt abzuwarten.

Deontay Wilder – Der unumstrittene KO-König lässt auch 2019 nichts anbrennen!

Wenn es etwas wie das Unwort des Boxjahres 2019 gibt, dann ist wohl jener Schlachtruf, den man mit Deontay Wilder – neben seiner beeindruckenden KO-Quote von über 95 Prozent – besonders in Verbindung bringt: BOMB SQUAD!!! Der 34-jährige 2,01-Meter Hüne aus Tuscaloosa (Alabama, USA) stand 2019 zwar nur zweimal im Ring, jedoch reichten die beiden Wettkampfeinsätze aus, um sich den Ruf als einer der gefährlichsten Knockouter in der Historie des Schwergewichtsboxens zu sichern.

Im Mai stand die bereits neunte Titelverteidigung seines WBC-Gürtels an, als Wilder in Brooklyn (New York) gegen seinen Herausforderer Dominic Breazeale in den Ring stieg. Nachdem beide Boxer im Vorfeld deutlich klar machten, dass sie wahrscheinlich nie die dicksten Freunde werden, wurde das Duell zwischen Wilder und Breazeale als eine Art „Abrechnung“ promotet.

Letztlich sollte es nicht einmal drei Minuten dauern, bis Deontay Wilder für klare Verhältnisse sorgte. Der Titelverteidiger bestimmte das Geschehen von der ersten Sekunde an und schickte Breazeale noch in der ersten Runde mit einer knallharten Rechten auf die Bretter – für viele Boxfans war es der KO des Jahres. Knapp sieben Monate später, sollte Deontay Wilder seine KO-Fähigkeiten erneut unter Beweis stellen!

Im Rückkampf gegen den Kubaner Luis Ortiz, der Wilder anderthalb Jahre zuvor einen beherzten Fight lieferte und sogar kurzzeitig ins Wanken brachte, hielt sich der „Bronze Bomber“ ganze sechs Runden zurück. Bis zum siebten Durchgang mussten sich die Fans gedulden, ehe Wilder die nächste Bombe platzen ließ! Mit einer trockenen, rechten Geraden knockte der WBC-Weltmeister seinen Kontrahenten eindrucksvoll aus. Nach Ansicht vieler Experten, gilt Deontay Wilder aktuell sogar als die Nummer 1 im Schwergewicht. Am 22. Februar steigt das Rematch gegen Dauer-Rivale Tyson Fury.

Canelo, Lomachenko, Pacquiao und Co. – Die internationale Spitze bleibt präsent!

Nachdem sich Saul „Canelo“ Alvarez 2018 bei der Neuauflage gegen Gennady Golovkin erfolgreich durchsetzen konnte, setzte der Mexikaner seine Erfolgssträhne auch im Folgejahr fort. Zunächst vereinigte Canelo im Mai die Mittelgewichts-Titel, als er IBF-Champion Danny Jacobs einstimmig nach Punkten bezwang.

Anfang November stieg der 30-jährige „Pound for Pound“-Star ins Halbschwergewicht auf, um den amtierenden WBO-Weltmeister Sergey Kovalev herauszufordern. Diesen schlug Canelo in Runde elf schwer KO! Durch jenen Erfolg schaffte er in einer vierten Gewichtsklasse den nächsten WM-Triumph.

Auch mit seinen inzwischen 41 Jahren, ist Manny Pacquiao immer noch nicht aus der internationalen Spitze wegzudenken! Der philippinische Box-Superstar, der als erster Boxer zu WM-Ehren in insgesamt acht Gewichtsklassen kam, bezwang im Januar zunächst Ex-Champion Adrien Broner einstimmig nach Punkten.

Im Juli kam es zum Gipfeltreffen im Weltergewicht gegen den bis dahin ungeschlagenen WBA-Super-Champion Keith Thurman. Nachdem Pacquiao seinen zehn Jahre jüngeren Widersacher bereits im ersten Durchgang am Boden hatte, setzte sich der routinierte Rechtsausleger mit einem verdienten Punktsieg durch.

„Der magische Überflieger“, so titelte BOXEN1 beim vorletzten Jahresrückblick über Vasyl Lomachenko. Auch 2019 flog der Ukrainer allen davon! Wenngleich der Rechtsausleger dieses Jahr nur zweimal zum Einsatz kam, ließ der Leichtgewichts-Champion wiederum keinen Zweifel an seiner Klasse aufkommen. Nachdem Lomachenko im April einen überzeugenden Ko-Sieg über den Briten Anthony Crolla in der vierten Runde verbuchen konnte, blieb er auch im August gegen Luke Campbell der Chef im Ring und siegte einstimmig nach Punkten.

Im April machte Ex-Mittelgewichts-König Gennady Golovkin zunächst Schlagzeilen außerhalb des Boxrings! Viele Boxfans reagierten geschockt als bekannt wurde, dass sich der kasachische KO-König von seinem langjährigen Coach Abel Sanchez trennte. Nachdem Golovkin im Juni den Kanadier Steve Rolls bereits in der vierten Runde in den Ringstaub schickte, ging es am 5. Oktober gegen den Ukrainer Sergiy Derevyanchenko um die vakante IBF/IBO-Weltmeisterschaft.

Obwohl Golovkin schon im ersten Durchgang ein Niederschlag gelang, brachte Derevyanchenko den als haushohen Favoriten gehandelten Ex-Champion an den Rand einer Niederlage. Dennoch schaffte es „Triple-G“, mit einem am Ende knappen und nicht unumstrittenen Punktsieg, zurück auf den WM-Thron im Mittelgewicht.

Weltergewichts-Champion Errol Spence Jr. dürfte das Jahr mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschieden! In sportlicher Hinsicht, hätte es für den US-Ausnahmeboxer wohl nicht besser laufen können. Nach einem klaren Punktsieg über Mikey Garcia im März, vereinigte Spence Jr. die Titel der IBF und WBC, nachdem er Ende September einen knappen Punktsieg über Shawn Porter einfahren konnte. Nur wenige Tage später, überlebte der 29-jährige Rechtsausleger einen Horror-Crash, bei dem er unter Alkoholeinfluss stand und wofür er sich im nächsten Jahr vor Gericht verantworten muss.

Ein weiterer Erfolgs-Garant war Terence Crawford! Der 32-jährige WBO-Weltmeister im Weltergewicht ließ 2019 gegen Amir Khan und zuletzt gegen Egidijus Kavaliauskas nichts anbrennen. Obwohl er gegen Letzteren mit etwas mehr Gegenwehr zu tun hatte, setzte sich Terence Crawford dennoch eindrucksvoll in Runde neun durch. Im neuen Jahr hofft Crawford auf eine Unification gegen Manny Pacquiao oder Errol Spence Jr.

Bösel, Härtel, Formella und Co. – Die deutschen Stars sind auf dem Vormarsch!

Für SES-Boxer Dominic Bösel dürfte die Jahresbilanz sehr zufriedenstellend ausfallen! Als Europameister im Halbschwergewicht, hatte der Halbschwergewichtler aus Freyburg im April erst einen vorzeitigen Sieg über Timy Shala zu feiern, ehe dem Schützling von Trainer Dirk Dzemski am 16. November in Halle (Saale) ein großer Coup gelang. Gegen den schwedischen IBO-Champion Sven Fornling, stand die vakante WBA-Interims-WM auf dem Spiel. Bösel siegte im elften Durchgang durch TKO und darf sich nun als zweifacher Titelträger feiern lassen.

Foto: Torsten Helmke

Nur ein einziges Mal stand Sebastian „Hafen-Basti“ Formella 2019 im Ring. Doch dieses eine Mal hatte es dann auch in sich! Gegen IBO-Weltergewichts-Champion Thulani Mbenge stand der ECB-Boxer vor seiner bis dahin größten Herausforderung. Am Ende siegte Formella, nach einem harten und spannenden Gefecht, einstimmig nach Punkten. In gut drei Wochen wird Formella jenen WM-Gürtel zum ersten Mal in Hamburg verteidigen.

Vor einer „Riesen-Herausforderung“ stand auch SES-Schwergewichtler Tom Schwarz. Der gebürtige Hallenser griff im Juni in Las Vegas (Nevada, USA) gegen den einstigen Weltmeister und Klitschko-Bezwinger Tyson Fury nach den Sternen. Obwohl der 25-jährige Deutsche dennoch mutig agierte, ließ ihm der „Gypsy King“ keine Chance! Bereits im zweiten Durchgang stand Fury als TKO-Sieger fest. Für den noch jungen und international unerfahrenen Schwarz war es der erste große Test und die allererste Niederlage in dessen Profikarriere.

Stefan Härtel (rechts) bei seinem EM-Sieg gegen Robin Krasniqi.

Seinen mit Abstand größten Erfolg als Profiboxer, gelang dem Berliner Stefan Härtel im Mai gegen Supermittelgewichts-Europameister Robin Krasniqi. Mit einer taktischen Meisterleistung punktete der Schützling von Trainer Stephan Kühne den Titelverteidiger in der Magdeburger Stadthalle aus. Durch jenen klaren und einstimmigen Punktsieg über Krasniqi, sicherte sich Härtel die begehrte EM-Krone. Das Duell zwischen Härtel und Krasniqi wurde im Oktober beim German Boxing Award mit dem HERQUL in der Kategorie „Kampf des Jahres“ ausgezeichnet.

Für Vincent Feigenbutz kommt es erst im neuen Jahr zu einem absoluten Kracher! Der 24-jährige Supermittelgewichtler wird am 15. Februar in Nashville (USA) gegen IBF-Champion Caleb Plant um die WM boxen. 2019 gelang dem Karlsruher immerhin zwei vorzeitige Siege, mit denen er seine Profibilanz erfolgreich ausbauen konnte.

Foto: Konstantinos Sarigiannidis

Der Berliner Nick Hannig setzte sich in packenden Fights gegen Ryan Ford und Ryno Liebenberg durch. Nachdem Hannig gegen Letzteren im ersten Gefecht nicht über ein Unentschieden hinaus kam, siegte er im Rematch einstimmig nach Punkten. Hannig hält somit weiterhin den WBC-International-Titel im Supermittelgewicht.

Die Ex-Weltmeister Jürgen Brähmer und Jack Culcay hoffen im neuen Jahr auf eine weitere Titelchance. Während sich Jürgen Brähmer zuletzt den IBF-Intercontinental-Gürtel im Supermittelgewicht sichern konnte (Ko-Sieg in Rd. 7 über Jürgen Doberstein; Anm. d. Red.), darf Jack Culcay ebenso stolz auf seinen Auftritt in den USA gegen Sergiy Derevyanchenko zurückblicken, dem er im April nur knapp nach Punkten unterlag.

Die BOXEN1-Crew sagt DANKE!

Auch wenn in diesem Jahresrückblick nicht alle Boxer, die es sicherlich verdient hätten, erwähnt werden konnten, so gilt ein großes Dankeschön an alle Boxer, Boxerinnen, Trainer, Manager und Promoter. Die komplette BOXEN1-Redaktion bedankt sich vor allem bei den Boxfans und den zahlreichen Lesern. Ein besonderer Höhepunkt für BOXEN1 war die Auszeichnung mit dem HERQUL bei den diesjährigen German Boxing Awards für die „Beste Berichterstattung print & online“. Vielen Dank für Alles – Wir wünschen einen guten Rutsch in ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2020.

Ihr BOXEN1-Team!

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