Letzte Pressekonferenz vor Anthony Joshuas USA Debüt, Samstagnacht im Madison Square Garden in New York
In der morgigen Samstagnacht zum Sonntagmorgen (etwa gegen 4:30 Uhr morgens deutscher Zeit auf DAZN) ist es endlich soweit: Der 29-jährige englische IBF, IBO, WBO und WBA Super-Champion Anthony Joshua (22-0-0, 21 KO-Siege) bestreitet im altehrwürdigen und legendären New Yorker Madison Square Garden sein USA Debüt. Sein Gegner ist der ebenfalls 29-jährige US-Amerikaner, mit mexikanischen Wurzeln, Andy „The Destroyer“ Ruiz jr. (32-1-0, 21 KO-Siege).
Gestern Mittag trafen sich die beiden Kontrahenten zu einer letzten Pressekonferenz, bevor es dann am Samstag um alle vier Gürtel geht die Joshua zur Zeit trägt. Allerdings war nicht Joshuas Gegner Andy Ruiz jr. die Person, für die sich die vielen Reporter und Journalisten aus aller Welt am meisten interessierten, sonder es stand ein Mann im Mittelpunkt, der erst vor 14 Tagen erfolgreich, durch einen beeindruckenden brutalen Erstrunden-KO-Sieg gegen Dominic Breazeale, den fünften WM-Titel des Verbandes der WBC beeindruckend verteidigte. Die vielen Journalisten interessierten sich mehr für einen Mann der gar nicht anwesend war, mehr für den WBC Weltmeister Deontay Wilder, als für den Herausforderer Joshuas, Andy Ruiz.
Und so kamen immer und immer wieder Fragen, wann es denn endlich zum großen Showdown mit Wilder kommen würde, obwohl es doch eigentlich um Joshuas nächsten Gegner Andy Ruiz ging. Zwar versuchte, der die Pressekonferenz leitende Promoter der Veranstaltung am Samstag, der Engländer Eddie Hearn, das Interesse immer wieder auf den fast schon zu brav wirkenden Andy Ruiz zu lenken, was aber schwer fiel.
Und Joshua schien auch genervt zu sein, von den immer wiederkehrenden Fragen nach seinem größten Konkurrenten Deontay Wilder. Ein etwas bitter klingender Anthony Joshua sagte, dass der WBC-Schwergewichts-Champion Deontay Wilder wohl nicht mehr all zu lange Weltmeister bleiben würde und er wohl bald von jemandem geschlagen und entthront werden wird. Laut Joshua kämpfte Wilder gegen Eric Molina, Tyson Fury und Luis Ortiz gefährlich am Limit und er fühle, dass Wilders Erfolgsbilanz mit 41-0-1 und davon 40 KO-Siegen bald unterbrochen werden würde, was er allerdings nicht darauf bezog, dass er es sein würde der diese Bilanz unterbrechen werde.
Wenn Joshua davon spricht, dass Wilders Zeit als WBC-Champion bald zu Ende geht, klingt das allerdings eher so als würde er sich Sorgen machen, damit es – wenn Wilder seinen Titel vorher verliert – nicht mehr zum großen Showdown gegen ihn kommen könnte. Es wird allerdings wahrscheinlich nicht dazu kommen, dass Wilder in der nächsten Zeit einen Kampf und seinen Titel verlieren wird, aber es sieht so aus, als wolle Joshua die Journalisten davon überzeugen.
Joshua ist offensichtlich nicht glücklich darüber, dass Wilder sich entschieden hat, nicht als nächstes gegen ihn anzutreten und er jetzt gerade, sicher ganz bewusst und gewollt, vor seinen Kampf gegen Andy Ruiz Jr. schon ankündigt hat, dass er als nächstes gegen Luis Ortiz antreten wird. Dieser zweite Kampf gegen Luis Ortiz schein Joshua nicht zu gefallen und ihn sogar verärgert zu haben.
„Für Wilder ist es unmöglich, für den Rest seiner Zeit weiterhin ein Champion zu bleiben. Er hatte ganz enge Kämpfe gegen Molina, mit Fury und auch mit Ortiz. Es wird eine Zeit kommen, in der dieser WBC Gürtel den Besitzer wechseln wird “,sagte Joshua.
Joshua ist sich nicht sicher, wie lange Wilder seinen Titel noch behalten wird. Es besteht allerdings real eingeschätzt, eine sehr gute Chance, dass Wilder seine nächsten drei potenziellen Kämpfe gegen Luis Ortiz, Adam Kownacki und Tyson Fury gewinnen wird. Das sind drei Kämpfe für Wilder die er gewinnen kann. Bis diese drei schon geplanten weiteren Matches vorbei sind, wird es Ende 2020 sein. Und bis dahin wird Wilders Stern immer heller leuchten, weil er einfach die besseren Gegner von denen boxt, die gerade aktuell sind.
Mit seiner Aussage in der gestrigen Pressekonferenz hat sich Joshua sicher nicht als Boxhistoriker bewiesen. Er ist eben doch nur ein Boxer. Wenn Joshua die Karriere Wilders genau verfolgt hätte, hätte er gemerkt, dass Wilders Kampf mit Eric Molina gar nicht eng war, wie er den Journalisten vermitteln wollte. Es war eher ein Mismatch. Wilder schlug Molina im Kampf vier Mal zu Boden, einmal in Runde 4, zweimal in Runde 5 und ein letztes Mal in der 9. Runde bevor Schiedsrichter Jack Reiss diesen Kampf schließlich stoppte. Der Kampf hätte damals eigentlich schon in der fünften Runde abgebrochen werden müssen, als Molina Wilder zweimal den Rücken zuwandte. Bei einer dieser Situationen wandte Molina Wilder nicht nur den Rücken zu, sondern rannte buchstäblich fast aus dem Ring. Ringrichter Reiss ist übrigens derselbe Schiedsrichter, der den Kampf Wilder vs. Tyson Fury in der 12. Runde nicht abgebrochen hat, nachdem Wilder Fury brutal zu Boden geschlagen hatte. Da hätten 95% aller anderer Ringrichter sicher ganz anders reagiert.
Dieser Ringrichter Jack Reiss zählte Fury, während er mit geschlossenen Augen auf dem Rücken liegend, für kurze Zeit bewusstlos aussehend, an und bewahrte Fury letztlich vor einer KO-Niederlage. Was den Kampf Wilder gegen Luis Ortiz anbelangt, so hat Wilder ihn im Kampf dreimal niedergeschlagen und ihn dann in der10. Runde endgültig gestoppt. Der Rückkampf wird wahrscheinlich ein schneller Sieg für Wilder werden, da Ortiz mit 40 Jahren sicher nicht besser sein wird, als in seinem ersten Kampf gegen Wilder.
Aus anderer Sicht stand Joshua in seinen Kämpfen gegen Dillian Whyte, Alexander Povetkin, Carlos Takam und Wladimir Klitschko teils schon knapp vor einer Niederlage. Joshua sah in allen diesen Kämpfen gar nicht wie ein großer Champion aus. Gegen Parker war es der Ringrichter der sofort alle Infights unterband, so dass er Joshua ungemein half. Der Kampf fand in Cardiff, Wales statt. Man muss sicher nicht viel überlegen wer den Ringrichter für diesen Kampf mit ausgewählt hat.
Der Ringrichter schien damals gar nicht zu wissen, dass Infight beim Boxen auch erlaubt ist. Joshua wurde jedes Mal, wenn sich die beiden nur annäherten, vom Ringrichter getrennt und dieser Ringrichter hat damals einen Kampf regelrecht verhindert. Wir können nur raten, was passiert wäre, wenn Parker im Infight gegen Joshua hätte kämpfen dürfen, wenn dieser Ringrichter das damals nur zugelassen hätte. Es hätte dann eine große Chance bestanden, dass Parker diesen Kampf dann gewonnen hätte.
Bei der gestrigen Pressekonferenz machte Joshua den Eindruck, als sei es ihm gar nicht daran gelegen, den von allen Boxfans erwarteten Kampf gegen Deontay Wilder endlich auszutragen. Dafür spricht seine Aussage: „Wenn ich gegen Luis Ortiz um die unangefochtene Meisterschaft kämpfen würde, wäre das der Kampf des Jahrhunderts.“
Was bitt soll denn diese Aussage? Hofft Joshua, dass Wilder Luis Ortiz im Revanche-Kampf unterliegt? Eine ganz seltsame Aussage des vierfachen Weltmeisters.
Laut Joshua ist es für ihn also völlig egal, gegen wen er letztlich dann um alle WM-Titel in einem Titel-Vereinigungskampf kämpfen wird. Joshua sagt, wenn Wilder seinen WBC-Titel im Rückkampf gegen Luis Ortiz verliert, dann wird das Boxpublikum genauso interessiert und aufgeregt sein, wenn er selbst dann gegen Ortiz boxen würde, als wenn dies ein Joshua vs Wilder-Fight wäre. Mit anderen Worten, den Fans ginge es einzig nur darum, dass Joshua im Ergebnis alle WM-Titel vereinigt, gegen welchen Gegner wäre dabei völlig egal. Joshua glaubt doch wirklich, dass alleine die Titel für den Fan wichtiger sind als ein Superfight gegen Deontay Wilder.
Diese Überzeugung Joshuas, dass den Fans die Titel wichtiger sind als die Fighter, die die Gürtel tragen, zeigt allerdings viel Naivität. Joshua scheint nicht zu verstehen, dass sich die Boxfans in erster Linie nichts aus Titeln machen, sondern dass diese sich in erster Linie für große Kämpfe und große Fighter interessieren. So hatte Canelo Alvarez damals überhaupt keinen Titel, als er 2017 zum ersten Mal gegen den ehemaligen IBF/WBA/WBC-Mittelgewichts-Champion Gennady Golovkin kämpfte und dennoch war er der beliebtere Boxer der beiden. Dieser Kampf damals ist ein Beweis dafür, dass sich Boxfans eben viel mehr für große Fighter als für Weltmeistertitel interessieren.
„Selbst wenn ich gegen Luis Ortiz kämpfe, könnte auch das der Kampf des Jahrhunderts werden, weil es dann auch um den unbestritten Champion gehen würde“, sagte Joshua gestern. Es war keine so positive Pressekonferenz die den Journalisten da gestern in New York präsentiert wurde und beim Fernduell gegen Wilder hat Joshua dabei sicher schon einmal die erste Runde klar abgegeben. Souverän sieht anders aus lieber Anthony Joshua.
Aber irgendwann wurde auf dieser Pressekonferenz auch über Andy Ruiz gesprochen. „Ich respektiere ihn. Er ist ein guter Fighter. Er hatte 100 Amateurkämpfe und er hat 100 von ihnen gewonnen“, sagte Joshua über Ruiz Jr. „ Er hat 32 Profi-Kämpfe und hat einen einzigen gegen Joseph Parker sehr umstritten verloren. Also ist er ein Weltklasse-Fighter. Was mich dazu gebracht hat, ihn zu respektieren, ist, dass er bereit ist gegen mich kämpfen zu wollen. Es wird nicht einfach für mich werden. Aber er kommt, um mir das zu nehmen, wofür ich so lange gearbeitet habe und darauf bin ich vorbereitet. Jarrell Miller war ein großer Kerl, und er war ein harter Schläger. Er wäre einer gewesen der nur kommt und alle Schläge von mir genommen hätte und da wäre es bald vorbei gewesen. Obwohl Andy Ruiz nicht ein so großer Typ ist, schlägt er viel besser. Er ist ein guter Angriffsboxer und mit einer guten Deckung und er ist immer für einen Konter bereit“, sagte Joshua. Joshua sollte besser aufhören, Andy Ruiz immer und immer wieder, genauso wie es auch sein Promoter Eddie Hearn seit Tagen tut, stark zu reden.
Eigentlich kann Anthony Joshua morgen Nacht nur verlieren
Anthony Joshua kann morgen Nacht im Madison Square Garden eigentlich nur verlieren, zwar nicht unbedingt dem Kampf gegen Andy Ruiz, da glaubt sicher Niemand dran, wohl nicht einmal die Fans von Ruiz. Aber egal wie dieser Kampf auch ausgeht wird, Joshua wird dabei nicht nur Glanz und Lob ernten. Vor allem wird der Kampf selbst und das Ergebnis direkt mit dem Kampf Wilder vs. Breazeale verglichen werden. Wilder hat seinen Gegner ganz brutal und klassisch schon in der ersten Runde nach nur 2:17 Minuten ausgeknockt. Auch Joshua wird dies sicher versuchen, nur würde ihm das auch gelingen, dann würden viele der Fans sagen: „Na ja das war ja klar, gegen dieses kleine dicke Kind. Der hat ja nicht Mal richtig trainiert und wollte sicher nur das große Geld mitnehmen.“ Das liegt natürlich daran, dass der Joshua-Gegner Andy Ruiz so gar nicht wie ein Boxer aussieht, der um die höchste Krone im Schwergewicht boxt. Zumindest von der Optik sieht der Kampf aus wie ein Mismatch und wir können nur hoffen, dass Andy Ruiz alle alle Lügen straft.
Andy Ruiz hat nicht den Körper eines austrainierten Herausforderers, er hat Speck an den Hüften und eine schwabbelige Brustpartie und alleine dieses körperliche Aussehen, macht für viele diesen Kampf schon alleine zum Mismatch. Und deshalb wird Joshua mit jeder Runde die Ruiz länger gegen ihn steht, mehr mit Spott und Häme überhäuft werden. Joshua kämpft letztlich in den USA und für die Amerikaner ist eben ihr Landsmann Deontay Wilder der große Champion. Es bleibt auch abzuwarten, ob Joshuas Promoter Eddie Hearn nicht wieder mitgewirkt hat, dass ein ähnlicher Ringrichter für diesen Kampf bestellt wurde, wie es damals Jack Reiss, der der Ringrichter im Kampf gegen Joseph Parker war.
Die einzige Chance, wenn er denn überhaupt eine hat, für Ruiz ist alleine der Infight und wenn diese Möglichkeit von einem parteiischen Ringrichter wieder unterbunden wird, dann kann es überhaupt kein en richtigen Kampf geben, denn wenn der Kampf auf Distanz geführt wird, ist Ruiz chancenlos. Aber es wird letztlich auch nicht die Frage sein ob Joshua Ruiz besiegt, es wird alleine die Frage sein wie er das tut und welchen Eindruck er dabei hinterlässt.
DAZN überträgt den Kampf live!
ab 23:30 Uhr die Rahmenkämpfe –
um 4:30 UHR den Hauptkampf