Dank einer herausragenden Leistung sicherte sich Francesco Patera den EBU-EM-Titel und versetze das Publikum in Newcastle in Schockstarre.
„Sandman“ ohne Plan B
Ein unterhaltsamer Boxabend ereignete sich Samstagabend in der Metro Radio Arena von Newcastle – das Ende hatten sich die Zuschauer und insbesondere der Protagonist dieser Veranstaltung, Lewis Ritson, aber ganz anders ausgemalt. Im 18. Profikampf gab es für den 25-jährigen Leichtgewichtler die erste Niederlage, die gleichzeitig große Defizite im boxerischen Gerüst des schlagstarken Punchers offenbarte. „Back to the Drawing Board“ heißt es deshalb nach dieser hitzigen Oktobernacht.
Dabei lief doch eigentlich alles nach Plan. Ritson boxte seinen gewohnten Stiefel herunter, drückte den beweglichen Patera in den ständigen Rückwärtsgang und kam vor allem mit seinem kraftvollen Dampfhammer-Jab häufig ins Ziel. Die Nase des italienisch-stämmigen Belgiers blutete früh und auch die Körperhaken vom „Sandman“ platzierten sich punktgenau unter und hinter die Ellenbogen seines Gegners. Man gewann also den Eindruck, dass es nur eine Frage des Zeit sein würde, bis Patera einbreche.
Der nahm jedoch das Herz in die Hand und feuerte vermehrt auf den reichlich statisch agierenden Ritson. In der fünfte Runde erwischte er den Briten außerdem mit einem beinharten Körpertreffer, der diesem fast komplett den Wind aus den Segeln nahm, wie Ritson im Interview später zugeben sollte. Zusätzlich beflügelt von seiner Kondition und der Fähigkeit, die Hände Ritsons gut wegzustecken, übernahm Patera Stück für Stück das Ruder in diesem Kampf.
Der Lokalmatador bewies Herz, aber ihm fehlte nun schlicht und ergreifend die Power, um das Blatt nochmal zu wenden. Patera bewegte sich flink durch das Seilgeviert und beherrschte die Runden mit einer außergewöhnlich hohen Schlagfrequenz. So verdiente er sich schlussendlich auch den Punktsieg in diesem actionreichen Duell und darf sich nun bereits zum zweiten Mal EBU-Europameister nennen. Warum ein Punktrichter jedoch Lewis Ritson mit 116-112 vorne sah, bleibt wie so oft ein Rätsel. Zum Glück sahen es die anderen beiden Offiziellen genau andersherum.
Blutbad zwischen Glenn Foot und Robbie Davis Jr.
Wie ein Schlachter nach der Schicht sah Ringrichter Robert Williams aus, als die 12 Runden im Kampf um den British- und Commonwealth Title im Super-Leichtgewicht vollendet waren. Schon früh rasselten Glenn Foot und Robbie Davis Jr. mehrfach mit den Köpfen zusammen, sodass das Blut nur so floss. Der ständig nach vorne preschende Foot fand nach ordentlicher Anfangsphase nicht mehr wirklich in den Kampf, da Davis Jr. ihn gekonnt ins Leere laufen ließ, nach Belieben abkonterte und zusätzlich im Infight neutralisierte. Entsprechend eindeutig war letztendlich das Urteil für den Liverpooler (119-109, 118-110, 117-112).
Buatsi und Allen mit kurzen Arbeitstagen
Englands Bronzegewinner von Rio 2016, Joshua Buatsi, gilt als eines der heißesten Eisen auf der Insel. Dies stellte er auch an diesem Abend eindrucksvoll unter Beweis, als er den erfahrenen Tony Averlant am Ende des erste Durchgangs schon derart mit Körperattacken malträtiert hatte, dass dieser von sich aus aufgab. So war Buatsi, der hier seinen gerade erst 8. Profikampf feierte, eine Runde schneller als Jürgen Brähmer im Jahre 2013 und ganze sechs als Landsmann Anthony Yarde, der als Buatsis größter Konkurrent im britischen Halbschwergewicht gesehen wird.
Nach dem Kampf wurde aber erstmal gemunkelt, dass es für Buatsi als nächstes gegen Hosea Burton gehen könnte.
Noch fixer ging es für den „Doncaster De La Hoya“ Dave Allen. Der Publikumsliebling aus dem Norden Englands drängte Samir Nebo aus dem sächsischen Torgau in die Ringecke und knüppelte diesen mit saftigen Körperhaken nieder. Nach 65 Sekunden war der Spaß dann auch schon vorbei – Allen liebäugelt mit einem größeren Kampf im Dezember, am liebsten würde er gegen Ex-WBA-Titelträger Lucas Browne in den Ring steigen.