Boxen aus Potsdam: Eine Nachbetrachtung von Ebby Thust

Zeuge dreht sich ab
Kampfszene aus dem WM-Kampf Tyron Zeuge vs. Isaac Ekpo: Wiederholt dreht Zeuge ab und bietet Ekpo seine Rückansicht

Tyron Zeuge – das war nicht weltmeisterlich!

Guten Morgen aus Mallorca,

ilbay vs Frankich muss mit dem Abstand einer Nacht sagen: Die Boxveranstaltung gestern Abend in Potsdam war wirklich super, fast alle Kämpfe und besonders die Rahmenkämpfe haben tollen Boxsport geboten. Aber es war in erster Linie der „heimliche Hauptkampf“ zwischen Deniz Ilbay vs. Angelo Frank der zum Knaller des Abends wurde. Dieser Kampf hat, in dem zwar noch relativ kurzen Boxjahr 2017, den Anspruch bei der Auswahl zum Kampf des Jahres mit dabei zu sein. Zwei super trainierte Boxer lieferten den Zuschauern ein Boxspektakel der besonderen Art. Beide Kämpfer fighteten, meist Fuß an Fuß stehend und boten den Zuschauern eine wahre Ringschlacht und am Ende waren sich sicher viele der Zuschauer in der Halle und auch auch die an den Bildschirmen von ranfighting darüber einig, dass dieser Kampf eigentlich keinen Verlierer verdient hat. Angelo Frank war schon auf dem Weg den Kampf zu gewinnen, als Deniz Ilbay in der 10. Runde noch einmal seine Klasse zeigte und Frank mit zwei klassischen Körpertreffern fast ins Wanken brachte. Dadurch fand Ilbay wieder zurück in den Kampf, der in der zweiten Hälfte teils von Angelo Frank dominiert wurde. Es war dann schließlich auch die 10. und die 11. Runde die klar an Ilbay ging und diese beiden Runden entschieden letztlich auch den Kampf, wären diese beiden Runden auch noch an Angelo Frank gegangen, hätte das Urteil sicher andersherum ausgesehen. Aber als Fazit kann man hier nur sagen: meine Hochachtung vor beiden Kämpfern. Auch wenn es um das vielleicht doch etwas zu klare Urteil hinterher viel diskutiert wurde, so gab es doch um eines nichts zu diskutieren: Der klare Sieger dieses Kampfes war der deutsche Boxsport. Dieser Kampf verlangt nach einer Revanche, die dann hoffentlich als Hauptkampf im Programm von SAT1 übertragen wird. 

Leon BunnAuch die anderen Rahmenkämpfe waren durchaus auf hohem Niveau und boten guten Boxsport. Hier besiegte der deutsche Supermittelgewichtler Denis Radovan (3-0, 1 KO), in seinem dritten Kampf als Profi, den bisher ungeschlagenen Atin Karabet (3-1, 2 KOs) klar nach Punkten. Ganz besonders gefallen hat mir allerdings ein anderer Sauerland Neuzugang, nämlich der 24jährige Frankfurter Halbschwergewichtler Leon Bunn (3-0-0, 3 KO-Siege) der es in seinem dritten Profikampf mit dem Russen Victor Kessler (3-2-0) zu tun hatte.  Der junge Frankfurter zeigte hier sein ganzes Können, in dem er den anstürmenden Russen in der ersten Runde geschickt im Rückwärtsgang auskonterte um dann in der zweiten Runde, zur vollsten Zufriedenheit seines Trainers Ulli Wegner, alles klar zu machen. Der dritte KO-Sieg im dritten Kampf. Da wächst ein ganz besonderes Talent heran und dieses Talent kommt auch noch aus meiner Heimatstadt Frankfurt am Main. Daran mag es dann auch vielleicht gelegen haben, dass ich mit wohl subjektiv getrübten Gedanken so kurz vor dem Einschlafen Resümee  über die gestrigen Kämpfe gezogen habe und dabei zur Überzeugung kam, dass – wenn dieser Leon Bunn drei Kilo weniger wiegen würde – er diesen Tyron Zeuge-Gegner aus Nigeria wohl in drei Runden ausgeknockt hätte. 

Zeuge vs. Ekpo1Und damit wären wir beim Hauptkampf der gestrigen Veranstaltung in Potsdam. Was haben wir alles für Vorschusslorbeeren zu diesem Kampf gehört. Unsere Redaktion wurde fast täglich zugepflastert von immer wieder neuen Pressemitteilungen der Sauerländischen Pressestelle, die wir auch gerne veröffentlicht haben. Ich erinnere mich da besonders an eine Schlagzeile, es war eine Aussage von Zeuges Trainer Jürgen Brähmer: „Tyron kann das Super-Mittelgewicht auf Jahre dominieren!“ Genau an diese Aussage musste ich denken als Zeuge sich immer und immer wieder ab- und umdrehte und seinem Gegner den Rücken zukehrte. Da schrieb dann Zeuge-EkpoJemand in unserer Facebook-Gruppe, das sei amateurhaft, aber das war nicht amateurhaft, denn das wäre
eine Beleidigung für alle Amateurboxer. Das was Zeuge hier in der dritten, vierten und in der angefangenen 5. Runde gezeigt hat sah aus wie die pure Angst vor seinem Gegner. Apropos Gegner, dieser Isaac Ekpo ist nach meiner Qualifikation eigentlich nichts mehr als ein durchschnittlicher Rahmenkämpfer, als dass er ein offizieller Herausforderer um einen WM-Titel ist. Ich muss mich fragen wie es dieser Durchschnittsboxer es überhaupt geschafft hat an die Spitzenposition beim Weltverband der WBA zu kommen? Es kann ja heute jeder in die Rankings und Ergebnislisten der Computerrangliste boxrec.com Einblick haben um Zeuge-Ekpo1sich hier einmal zu informieren oder recherchieren „gegen wen hat denn dieser Mann in den letzten Jahren geboxt und was qualifiziert ihn so weit oben in der WBA Weltrangliste zu stehen?“ Da wundert es mich, dass sich nicht ein einziger der vielen Sportjournalisten und Box-Experten nicht auch nur einmal die Mühe gemacht hat um festzustellen,  durch welche „Erfolge“ dieser Isaac Ekpo es überhaupt an die Spitze der WBA Rangliste geschafft hat. Hier deshalb einmal meine Recherche: Die letzten beiden Gegner die Isaac Ekpo im gesamten Jahr 2016 geboxt hat hießen Idrissa Kabore (Nr. 300 der Rangliste) und Stephen Abbey (Nr. 690 der Rangliste). Im Jahre 2015 boxte er gegen David Okai (Nr. 570 der Rangliste). Alle anderen Gegner von Ekpo waren noch schlechter gerankt als die vorgenannten Gegnern. Einzig vor 4 Jahren hatte er gegen einen Gegner geboxt der besser als Nr. 300 gerankt war, das war Robert Stieglitz, gegen den Ekpo damals aber sang- und klanglos verloren hatte. Jetzt möge mir doch einmal die WBA erklären wie dieser zweit- oder eher doch drittklassige Boxer es urplötzlich, wie durch ein Wunder an die Spitze der WBA Weltrangliste geschafft hat und auch noch zum offiziellen Herausforderer von Tyron Zeuge geworden ist, wo der doch in den letzten Jahren niemals einen Gegner vor den Fäusten hatte der besser als an Nr. 300 gerankt war.

Es kann für Tyron Zeuge auch nicht als Entschuldigung herhalten, dass man jetzt sagt: „Zeuge war aber doch verletzt, da muss man ihm nachsehen, dass er nach dieser Verletzung von der Rolle war.“ Als Weltmeister, als der beste Boxer der Welt in seiner Gewichtsklasse, muss ein Boxer auch mit solch einer kleineren Cut-Verletzung zurecht kommen. Ich wunder mich aber, dass Tyron Zeuge regelrecht platt war. Mir kam es vor als hätte er schon ab der dritten Runde Konditionsschwierigkeiten gehabt, wofür auch das immer wiederkehrende Wegdrehen vom Gegner zeugt. Für solch ein Wegdrehen vom Gegner und dem Zuwenden des Rücken sind schon unzählige Boxer aus dem Ring genommen worden und das auch noch bei einem WM-Kampf……von dem Mann der auf Jahre seine Gewichtsklasse beherrschen soll.Tobias Drews Was mich allerdings auch verwundert hat ist, dass seitens des SAT1 Kommentators Tobias Drews (den ich ansonsten als Box-Kommentator verehre) und des Co-Kommentators Axel Schulz nicht ein einziges Wort der Kritik kam oder haben die Beiden Angst vor der Schelte des Senders als Nestbeschmutzer getadelt zu werden? Das war doch nicht Weltmeister würdig was Zeuge da gezeigt hat, das muss doch auch Drews und Schulz gesehen haben. Kann es denn nicht sein, dass Tyron Zeuge einfach zu viel Gewicht abtrainieren musste um unter das Super-Mittelgewichtslimit zu kommen und dass ihn das platt gemacht hat? Axel Schulz sagte zwar ganz richtig: „Tyron hat die ersten beiden Runden klar gewonnen.“ Damit gehe ich auch konform. Aber was war mit den anderen drei Runden? Bei einem Technischen Punkturteil muss auch die angefangene Runde voll gepunktet und gewertet werden. Das Reglement ist hier 100%tig korrekt angewandt worden, auch wenn die Zuschauer dies wohl nicht alle verstanden haben. Aber hat denn Zeuge wirklich auch die dritte, vierte und die angefangene 5. Runde gewonnen? Oder habe ich da etwas anderes gesehen. Aber nicht ein einziges Wort der Kritik am Urteil des Kommentators und Co-Kommentators.

Und dann sollte Zeuges Management oder sein Promoter ihn einmal von dieser Fäkalsprache abbringen die er in jedem seiner beiden Interviews gestern Nacht an den Tag legte. Auch das war gar nicht nicht weltmeisterlich. Beim Interview im Ring hat er in nur fünf Sätzen gleich sieben Mal das Wort „Scheiße“ benutzt und hat damit die SAT1 Interviewerin Andrea Kaiser gleich angesteckt, den die hat dann auch dieses Wort in den Mund genommen. Auch im zweiten Interview kamen immer wieder die Worte Scheiße, Kacke und kotzen aus seinem Mund.

Nun hat er mich mit dieser Fäkalsprache glaube ich auch angesteckt: „Lieber Tyron, der Kampf gestern Abend war einfach nur Scheiße!“

Fotos: Sebastian Heger

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