Am Samstag veranstaltet Rainer Gottwald im Karlsruher Weihnachtscircus. Im Gepäck ist ein Weltmeisterschaftskampf, der ein sportliches Highlight im Boxjahr 2023 für Deutschland bedeuten wird.
Die Weltmeisterschaften sind rar geworden in Deutschland. Hat man früher, auch durch fette Fernsehverträge, reihenweise starke Männer nach Deutschland um große Titel verpflichten können, so ist dies zu einer Rarität verkommen. Auch beim Frauenboxen ist die große Ära um Regina Halmich etwas abgeflacht, die zahlreichen WM-Kämpfe gab es in der jüngeren Vergangenheit auch seltener. Umso erfreulicher erscheinte es am 1. Juli, als Agon Sports die erste Weltmeisterschaft nach Deutschland holen konnte seit September 2017 (Usyk vs. Huck). Jene Weltmeisterschaft konnte sogar durch Vincenzo Gualtieri gewonnen werden, den Titel behält er jedoch nur kurzzeitig. Nun wird im Jahresausklang jedoch noch ein absolutes sportliches Highlight in Karlsruhe erfolgen, was die gesamte Boxwelt durchaus in dieser Woche beschäftigen wird.
Bormann wartet schon lange auf den großen Kampf
Die Hessin Sarah Bormann (17-0, 7 KO) hat sich im Minimumgewicht einen Namen gemacht als technisch starke Frau mit Dynamit in den Fäusten. In der Aufbauphase fegte sie förmlich über ihre Widersacherinnen hinweg, zuletzt musste sie aber häufiger auch über die volle Distanz gehen bei gestiegener Gegnerqualität. Das ist zwar kontraproduktiv, um ihre beeindruckende KO-Quote zu halten, doch eventuell entscheidend, um entsprechend die Erfahrung zu besitzen in einem großen Weltmeisterschaftskampf von der ersten bis zur letzten Runde voll da zu sein. Nun soll sich ihr großer Moment endlich bewahrheiten. Hat Bormann zuvor die WBC- und IBF-Interimsweltmeisterschaft im Minimumgewicht gehalten, so bekommt sie nun die Chance, die amtierende Weltmeisterin der WBA und WBC im Halbfliegengewicht herauszufordern. Eine gewaltige Chance, aber auch eine gewaltige Herausforderung, denn die mexikanische Weltmeisterin ist ein sportlicher Überflieger.
Mexikanische Kontrahentin ist von ihrer sportlichen Qualität überzeugt und verlässt die Komfortzone
Die Mexikanerin Yesica Nery Plata (29-2) wird am Samstag in Karlsruhe kämpfen und ihre beiden Titel dort verteidigen. Jene Titel hat sie übrigens beide auch im Ausland schon gesichert, was eine beeindruckende Leistung bedeutet. Es verhält sich nämlich so, dass im Frauenboxen weniger Schlagwirkung erzielt wird. Dadurch entstehen seltener KOs, was natürlich zum Nachteil der Herausforderin gewertet werden muss, da sie nicht einfach ihre Gegnerin bezwingen kann. Zumeist geht es am Ende auf die Scorecards, die überwiegend negativ für die Herausforderinnen ausfallen. Umso beeindruckender ist es, dass Plata das Kunststück gleich zweimal am Stück vollzogen hat, sich auswärts einen Weltmeistertitel zu sichern. Nun steht also ihre erste Titelverteidigung an, die auch auswärts in Deutschland stattfinden wird. Wird dies erneut erfolgreich für sie ausgehen?
Plata gilt als Kandidatin für die P4P-Liste und geht als Favoritin in den Kampf
Zwar hat die Fachschrift „The Ring“ Plata noch nicht in ihre Top 10 der P4P-Liste gerankt, doch ein Sieg über Bormann könnte dies vermutlich ändern. Die Mexikanerin gilt als die Nummer 1 im Halbfliegengewicht, scheut sich entsprechend auch keiner Aufgabe im Ausland, was ihr Kämpferherz und Mut unterstreicht. Beim Algorithmus von Boxrec rangiert sie in der P4P-Liste aktuell auf Platz 7, und beispielsweise vor dem Boxstar Seniesa Estrada. Es ist entsprechend wirklich eine sehr große Aufgabe für Bormann, die in Karlsruhe am Samstag erfolgt. Doch auch darin kann man eine Chance sehen, denn wenn sie diesen Kampf tatsächlich gewinnen sollte, so ist Doppelweltmeisterin im Halbfliegengewicht und würde ohne Zweifel zu den weltbesten Boxerinnen gehören, wenn sie das nicht schon längst ist.
Die Buchmacher sehen den Kampf sehr eng, was auch daran liegt, dass der Kampf für Bormann ein Heimspiel bedeutet in Deutschland. Dennoch hat Plata in der jüngeren Vergangenheit aufgezeigt, dass ihr dieser Fakt nicht viel macht. Aktuell gilt Plata als Favoritin, wer sich am Ende durchsetzen wird, erfahren wir am Samstag. Ungeachtet des Ausgangs erwartet uns am Samstag in Karlsruhe ein absolutes sportliches Highlight.
Ein Schwergewichtskracher mit KO-Garantie
Foto: Torsten HelmkeAuch wenn es zwar nicht um die Doppel-Weltmeisterschaft gehen wird, so hat der Schwergewichtskampf zwischen Daniel Dietz (11-0, 11 KO) und Felix Langberg (13-1, 12 KO) ebenfalls einiges zu bieten. Beide Schwergewichte verfügen über einiges an Power, was zu kurzzeitigen Kämpfen führt. Der 2,04m große Hüne Dietz stand noch nie länger als 2 Runden im Ring. Langberg blickt immerhin auf den Erfahrungsschatz von 29 Runden, was zwar signifikant mehr ist, aber im eigentlichen Kontext auch gering anmutet. Es vereinen sich im Ring zwei Puncher, die es mit hoher Wahrscheinlichkeit am Samstag so richtig krachen lassen werden. Dieser Kampf besitzt eine KO-Garantie! Einer der beiden Boxer wird sicherlich vorzeitig verlieren, aber wer es von den beiden sein wird, das kann man im Vorfeld kaum sagen. Dieser Kampf hat das Potential zum brachialen Slugfest, was ebenfalls ein Highlight des Boxjahres 2023 zu werden verspricht.
Das Event wird weltweit auf dem Streamingdienst DAZN übertragen und ist dort ab 18 Uhr ersichtlich.
