In der Nacht des 16. Juli sollte in der Berliner Max-Schmeling-Halle Geschichte geschrieben werden: Team Sauerland und allen voran Tyron Zeuge erhielt die Chance, gegen den Italiener Giovanni De Carolis um dessen WBA und GBU WM-Titel zu boxen. Die Erwartungen an das junge Sauerland-Talent waren hoch, konnte er doch jüngster deutscher Weltmeister (der großen Verbände) aller Zeiten werden. Jedoch reichte es am Ende nicht für einen Titel.
Tyron Zeuge mit solider Leistung – Schulterverletzung verhinderte womöglich Sieg
Der Sauerland Youngstar und einer der kommenden Stars des Berliner Boxstalls startete gut vorbereitet in das Duell mit Italiener De Carolis, der bereits mit Zeuges Stallkollegen Abraham und Feigenbutz im Ring stand. Letzteren schlug er im Januar diesen Jahres KO, nachdem Feigenbutz das erste Duell der beiden dank der Punktrichter gewann. Für Zeuge war es der erste Kampf unter neuer Trainer-Regentschaft mit Weltmeister Jürgen Brähmer und Conny Mittermeier.
Tyron Zeuge startete gut in die erste Runde. Solide Deckungsarbeit und schnelle Beine verhinderten Treffer des Italieners. Beide agierten gleich stark, jedoch sicherte sich der Weltmeister die erste Runde. In der zweiten Runde zeigte Zeuge schnelle Hände und gute Meidbewegungen nach Kontern seines Gegners De Carolis. Die meisten Schläge des Weltmeisters verschwanden in Tyrons Deckung. Insgesamt war der Berliner der aktivere in der 2. Runde, weshalb er diese auch für sich entschied.
In Runde 3 agierte Zeuge dann wesentlich defensiver. De Carolis drehte mehr und mehr auf und versuchte sich in diversen Aktionen – meist waren seine Schläge jedoch zu langsam für den jungen Zeuge, der diese mit Bravour mied. Am Ende des dritten Durchgangs folgte dann der erste Schlagabtausch beider Kontrahenten. Zeuge traf einige Male gut, jedoch gewann De Carolis die Runde, da er einfach der aktivere Boxer war. Runde 4 dieses bisher sehr engen Duelles konnte man getrost für Zeuge werten. Dieser unterband die Aktionen des Italieners gut und konnte sich leichte Vorteile erarbeiten.
Enger WM-Kampf zwischen Zeuge und De Carolis
Während der fünften Runde ertönten im Publikum in der Halle lauthals „Tyron Bumaye“-Rufe. Bumaye-Rufe wie einst bei einem der berühmtesten Kämpfe aller Zeiten: Ali vs. Foreman oder auch „Rumble in the Jungle“. „Bumaye“ bedeutet so viel wie „Töte ihn“ – davon war jedoch mit Abstand nicht die Rede…
Trotz der energischen Anfeuerungsrufe des Zeuge-Lagers, bleib das Duell weiter sehr eng. Der Berliner fand kein Mittel, den Italiener unter Druck zu setzen, kassierte jedoch unnötige Treffer während eines Schlagabtauschs im fünften Durchgang.
In Runde 6 wurde Zeuge dann wegen erneutem Schlagen zum Hinterkopf vom Referee ermahnt. Spätestens jetzt sah man auch häufiger einen Auslagenwechsel sowie ein schmerzverzogenes Gesicht. Es sah ganz danach aus, als hätte Zeuge nun allen Übels auch noch Probleme mit der linken Schulter. Durchgang sieben war erneut eine „enge Kiste“. Trotz Verletzung agierte Zeuge mit guten Aktionen, auch wenn wirkliche Wirkungstreffer ausblieben. De Carolis antwortete mit guten Kontern.
In Runde 8 dann ein anderes Bild: Zeuge wirkte immer verhaltener. De Carolis dominiert die 8. Runde klar aus der Ringmitte. Der Kampf musste durch häufiges Geklammer und Gehalte immer wieder neu freigegeben werden. Plötzlich wendete sich das Blatt: Tyron Zeuge und dessen Ecke schienen zu wissen, dass es nach Punkten nicht reichen wird, wenn er nichts macht. Runde 9 war die bis dato stärkste Runde des Brähmer-Schützlings. Er konnte gute Treffer landen und pendelte die Konter von De Carolis lehrbuchhaft aus. Auch wenn diese Runde durch weiteres Geklammer gezeichnet war, war sie dennoch eine klare Runde für Tyron Zeuge.
Verletzungspech – Zeuge baut im letzten Viertel ab
In der Halle litt man mit Tyron Zeuge und sah, dass er mit Schmerzen kämpfte. Gegen Ende des Duelles baute er weiter ab, fand kein Mittel dem Italiener nochmal gefährlich werden zu können. Erstmals so richtig in Bedrängnis geriet Zeuge in Runde 10, in welcher ihn De Carolis anklingelte. Kraftlosigkeit war in Runde 11 zu spüren: Tyron agierte nur noch verhalten und nahm zu viele Treffer, weshalb auch diese Runde klar an den Weltmeister ging. In der letzten Runde boxte Zeuge erneut häufig in der Rechtsauslage, machte aber allgemein zu wenig, um den WM-Titel zu sichern.
Nach 12 harten und engen Runden lautete das Ergebnis der Punktrichter: 114:114, 115:114 (für Zeuge) und 114:114 – Majority Draw (Unentschieden). Das Ergebnis ging in Ordnung, auch wenn man sich fragen muss, welchen Kampf der Punktrichter sah, der Zeuge vorn hatte. Tyron Zeuge hat mit diesem Ergebnis Glück, denn die erste Niederlage bleibt somit aus. Man hätte auch gut und gern 115:113 für den Italiener werten können. Das wird nach erneuter Sichtung des Kampfes auch Jürgen Brähmer wissen, der seinen Schützling am Ende vorn sah.
Zusammengefasst betrachtet muss man anerkennen, dass Zeuge trotz massiven Schulterproblemen beherzt gekämpft hat und eine gute Leistung zeigte. Das Duell war eng, jedoch wäre der Italiener auch verdienter Sieger gewesen, hätte das Ergbnis nicht Draw geheißen. Spannend wäre es jedoch gewesen, hätte sich Zeuge nicht verletzt – wie wäre das Duell dann ausgegangen? Vielleicht erfahren wir es ja noch…
Tyron Zeuge muss sich nun wieder hinten anstellen, hat jedoch in der Zukunft dennoch gute Karten auf einen WM-Titel. Giovanni De Carolis und dessen Fans in der Max-Schmeling-Halle waren außer sich vor Freude, dass der Titel in „Bella Italia“ bleibt. Für De Carolis war es ebenfalls das erste Draw (Unentschieden), im 31. Kampf als Profi.
Graciano Rocchigianni bleibt weiter jüngster deutscher Weltmeister (der großen Verbände) aller Zeiten…