Als Wladimir Klitschko (64 Siege, 5 Niederlagen, 53 Ko’s) vor knapp einer Woche seinen Rücktritt erklärte, waren viele Fans schockiert und einige dennoch erleichtert! Zum einen dürfte es viele Boxsportfreunde tarurig stimmen, dass eine große Ära zu Ende gegangen ist, zum anderen jedoch, konnte Wladimir Klitschko eine Entscheidung fällen, die er mit dem nötigen Intellekt und dem erforderlichen Feingefühl getroffen hat. In seiner 21-jährigen Profilaufbahn hat Klitschko, gemeinsam mit seinem Bruder Vitali, viele Glanzlichter gesetzt und vorallem in Deutschland, ein Millionen-Publikum vor den TV-Geräten gelockt. BOXEN1 blickt in diesem Beitrag auf eine beispiellose Karriere zurück!
Vom kleinen Bruder, zum großen Champion!
Wladmir Klitschko wurde am 25. März 1976 in der damaligen Sowjetunion, als Sohn eines Offiziers und einer Lehrerin geboren. Sein fünf Jahre älterer Bruder Vitali war von Beginn an eine der wichtigsten Bezugspersonen und vorallem Vorbild, für dessen weiteres Leben und Sportlerlaufbahn. Er war es letztlich auch, der den jungen Wladimir im Alter von 14 Jahren zum Boxen brachte. Während sich der große Bruder sowohl im Boxen als auch im Kickboxen einen Namen machte und auch international erfolgreich war, ging Wladimir bei den Amateuren seinen Weg und wurde 1993 Junioren-Europameister im Schwergewicht. Neben weiteren nationalen und internationalen Erfolgen stand er auch zweimal gegen den Deutschen Luan Krasniqi im Ring. Beim ersten Aufeinandertreffen verlor er 1995 in Berlin bei der Qualifikation zur Weltmeisterschaft nach Punkten. Doch noch im selben Jahr revanchierte sich Klitschko bei Krasniqi in Italien mit einem knappen Sieg und wurde somit im finalen Kampf Militär-Weltmeister.
Des Weiteren stand der Ukrainer auch in Deutschland für den BC Sparta Flensburg in der 1. Bundesliga im Ring und konnte von 1995 auf 96 bei insgesamt zehn Einsätzen, jedes Mal das Seilgeviert als Sieger verlassen. Sein zweifellos größtes Highlight bei den Amateuren, hatte Wladimir Klitschko bei den olympischen Spielen 1996 in Atlanta. Nachdem Bruder Vitali eine Teilnahme verweigert wurde, gelang es dem jüngeren Klitschko nach insgesamt drei Siegen, im Finale den aus Tonga stammenden Pea Wolfgram auszupunkten und somit Olympiasieger zu werden. Nach diesem Riesen-Erfolg standen dem damals 20-jährigen Wladimir Klitschko alle Türen offen und nach mehreren Angeboten aus aller Welt, entschied er sich, gemeinsam mit Bruder Vitali, eine Profi-Karriere beim Hamburger Universum-Stall (unter der Leitung von Klaus Peter Kohl und Peter Hanraths) zu starten.
Von der Sporthalle- in die Stadien der Welt
Sein Profidebüt gab Klitschko am 16. November 1996 in einer Sporthalle im Hamburger Stadtteil Wandsbeck, gegen einen gewissen Fabian Meza. Nach wenigen Sekunden in der ersten Runde, schickte der promovierte Sportwissenschaftler seinen völlig überforderten Widersacher, brutal auf die Bretter und gewann in beeindruckender Manier durch Ko. Es sollte der Beginn einer beisspiellosen Laufbahn sein! Danach folgte in nur kurzen Wochen-Abständen, ein vorzeitiger Sieg nach dem anderen. Lediglich gegen Everett ,,Bigfoot“ Martin errang er ,nur‘ einen klaren Punktsieg. Gegen qualitativ stärkere und schwächere Gegner, marschierte Klitschko scheinbar problemlos in Richtung WM-Kampf.
Nach insgesamt 24 Siegen in Folge, kämpfte Klitschko im Dezember 1998 zum ersten Mal als Berufsboxer in seiner Heimatstadt Kiew. Sein Gegner war der als ,,Journeyman“ geltende US-Amerikaner Ross Puritty. Nachdem Klitschko vor heimischen Publikum besonders glänzen wollte und seinen Kontrahenten tatsächlich von Runde zu Runde anscheinend nach Belieben beherrschte, kam es in Runde elf zu einer Sensation. Bereits im zehnten Durchgang musste der sichtlich erschöpfte Lokalmatador vom Ringrichter angezählt werden. Nach einem weiteren Schlaghagel vom routinierten Puritty zu Beginn der elften Runde, sprang Klitschko’s damailger Trainer Fritz Sdunek (mittlerweile leider verstorben) in den Ring, um seinen Schützling vor noch mehr Prügel zu bewahren. Für Wladimir Klitschko war dies die erste Niederlage seiner noch jungen Karriere und eine äußerst schmerzliche Erfahrung, aus der er allerdings im weiteren Verlauf seiner Sportler-Laufbahn zu lernen wusste!
Schon einige Wochen und Monate nach dem Debakel von Kiew, stieg Klitschko wieder in den Ring und konnte in der Folgezeit viermal vorzeitig siegen, ehe es im September 1999 zu seinem bisher größten Kampf kam. Gegen den ehemaligen WM-Herausforder und deutschen Publikumsliebling Axel Schulz, ging is in Köln um die vakante Europameisterschaft. Der Fernsehsender RTL promotete das in Deutschland langersehnte Duell unter dem Motto ,,Die Stunde der Wahrheit“. Einige Experten und Schulz-Anhänger bescheingten Klitschko im Vorfeld ein schwaches Nervenkostüm. Der Kampf gegen Schulz galt damit als erste harte Prüfung, für den zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alten Schwergewichtler. Rückliblickend betrachtet war es jedoch eine klare und einseitige Angelegenheit für Klitschko! Von Beginn an domminierte er Schulz nahezu ohne große Mühe und bezwang diesen nach zwei Niederschlägen in der achten Runde durch TKO. Schulz gab daraufhin (vorerst) seinen Rücktritt bekannt. Mit diesem wichtigen Sieg wurde Klitschko nicht nur neuer Europameister, sondern boxte sich mit dieser eindrucksvollen Vorstellung auch in die Herzen der deutschen Boxfans.
In der Zeit nach dem Triumph über Schulz, folgten kurzrundige Siege gegen Phil Jackson, Lajos Eros, Pea Wolfgramm (Neuauflage des Olympia-Finales 1996), David Bostice und Monte Barrett. Im Oktober 2000 kam es dann, wiederum in Köln, zur ersten WM-Chance gegen Chris Byrd (USA). Nachdem Byrd sich den WBO-Titel durch einen verletzungsbedingten Abbruch-Sieg gegen Bruder Vitali sichern konnte, stand dieser Fight unter dem Slogan ,,Die Rache des Bruders“. Wladimir Klitschko spielte von Anfang an seine Reichweitenvorteile gegen den unequemen Rechtsausleger Byrd, mit seiner linken Führungshand geschickt aus und konnte nach Niederschlägen in Runde neun und elf, letztlich klar und überzeugend nach Punkten gewinnen. Somit war er neuer WBO-Weltmeister in der Königsklasse des Boxsports und emanzipierte sich zudem vom Ruf des ,,kleinen Bruders“, zum anerkannten Champion!
Seit dem Titelgewinn gegen Byrd verteidigte Klitschko seinen WM-Gürtel in souveräner Manier erfolgreich gegen Top-Schwergewichtler wie Derrick Jefferson, Jameel McCline oder die ehemaligen Größen Francois Botha und Ray Mercer. Die meisten seiner Titelverteidigungen fanden in dieser Zeit in den USA statt sodass sich Klitschko auch dort einen Namen machte. Klitschko schien sich auf dem Zenit seines Leistungsvermögens zu befinden und kaum Jemand rechnete mit dem, was am 8. März 2003 in Hannover geschehen sollte! Bei einer freiwilligen Verteidigung seiner WBO-Krone, fiel die Gegnerwahl auf den in Deutschland weitestgehend unbekannten, aber dennoch gefährlichen Südafrikaner Corrie Sanders. Dieser Fight war nur als eine Zwischenstation für die nächsten großen Paydays in den USA gedacht- geriet aber zu einer bösen Überraschung! Nach insgesamt vier Niederschlägen, wurde Wladimir Klitschko vom Referee aus dem Kampf genommen und somit als WBO-Champion enttrohnt. Es sollte die zweite bittere Pille im sportlichen Leben von Klitschko sein!
Doch schon nach zwei Aufbausiegen gegen Fabio Moli und Danell Nicholson, erhielt ,,Dr. Steelhammer“ ein Jahr später in Las Vegas, erneut die Chance um den mittlerweile vakanten WBO-Titel zu boxen. Sein Kontrahent war dabei der bei Don King unter Vertrag stehende Lamon Brewster (USA). Nachdem Klitschko vier Durchgänge domminierte und Brewster sogar am Boden hatte, verlor er völlig ermüdet und entkräftet, nach schweren Treffern Brewster’s, durch Abbruch in der fünften Runde. Klitschko musste daraufhin aufgrund des Verdachtes einer Hirnblutung ins Krankenhaus. Bis heute hält sich die Verdacht, dass man ihm eine Substanz in dessen Trinkwasser gemischt hat, welche ihn in seiner Leistungsbereitschaft hindern sollte. Nach dieser wiederholten schweren Pleite, stand die Zukunft des erfolgsverwöhnten Modellathleten an einem äußerst seidenen Faden. Sogar sein Bruder soll ihm, laut späterer eigener Aussage, zum Karriere-Ende geraten haben. Doch Wladimir Klitschko und Star-Coach Emanuel Steward, von dem er sich schon vor der Brewster-Niederlage betreuen ließ, starteten die Flucht nach vorn!
Mit zwei Siegen gegen DaVarryl Williamson und Eliseo Castillo, empfahl er sich für die WM-Ausscheidung gegen den bis dahin ungeschlagenen und schlagstarken Samuel Peter (Nigeria). Dieser Fight fand im September 2005 in Atlantic City statt und sollte für Klitschko ein richtungsweisendes Ereignis werden. Nachdem der Ukrainer insgesamt dreimal angezählt wurde und viele Fans schon das vermeintliche Karriere-Aus vor Augen hatten, kämpfte sich Klitschko im wahrsten Sinne durch, erzielte in der zwölften und letzten Runde sogar schwere Wirkung bei Peter und gewann letztlich völlig verdient nach Punkten. Dieser Erfolg brachte ihm bei vielen Fachleuten enorm viel Respekt ein. Durch diesen Sieg verschaffte sich Klitschko das Recht, wieder um die WM zu boxen. Sein nächster Gegner sollte dabei ein alter Bekannter sein…!
WM-Sieg gegen Byrd und Beginn der ,,Klitschko-Ära“
Volle Stadien, Sieg gegen Haye, Alle Titel- Klitschko am Ziel!
Wladimir Klitschko beherrschte, neben Bruder Vitali, das Schwergewicht nach Belieben. Die Klitschko’s füllten ganze Stadien und Arenen und erzielten in Deutschland hohe Einschaltquoten. Im Jahr 2011 hielten Wladimir (IBF, WBO) und Vitali Klitschko (WBC), drei der vier bedeutenden Titel. Die WBA-Krone fehlte also noch und der damalige Inhaber war ein gewisser David Haye. Immer wieder provozierte der Brite die Brüder mit Beleidigungen und Sticheleien. Der Höhepunkt der Geschmacklosigkeit war erreicht, als sich Haye in einer Fotomontage mit den beiden abgetrennten Klitschko-Köpfen darstellen ließ. Haye, der den 2,17 Meter großen Riesen Nikolay Valuev als Titelträger entthronte, galt zu diesm Zeitpunkt als einziger möglicher Boxer, der die Klitschko-Ära beenden kann. Am 2. Juli 2011 sollte es dann in der Hamburger Imtech-Arena zum großen Showdown mit dem ,,Hayemaker“ kommen. Doch David Haye ließ seinen großen Sprüchen kaum Taten folgen! Wladimir Klitschko domminierte den Kampf eindeutig und gewann klar nach Punkten. Mit diesem Erfolg befanden sich alle vier WM-Titel im Familien-Besitz der Klitschko’s, die damit ihr sportliches Lebensziel erreicht haben.
Nach dem Haye-Sieg domminierte Wladimir Klitschko noch weitere vier Jahre das Schwergewicht mit überzeugenden Siegen gegen Gegner wie Mariusz Wach, Alexander Povetkin und Kubrat Pulev. Vorallem Pulev musste den ,,Steelhammer“ im November 2014 in Hamburg spüren und ging nach einem krachenden linken Haken Klitschko’s schwer Ko. Rückblickend betrachtet, war der Sieg gegen Pulev der letzte wirklich überzeugende Sieg, der ihn wieder einmal mehr als unumstrittener Schwergewichts-Weltmeister bestätigen sollte. Vielleicht hätte es aus heutiger Sicht, nach diesem Fight schon zum Finale seiner Laufbahn kommen sollen.
Das finale Kapitel!
Im April 2015 siegte Klitschko noch mit einem einstimmigen Punktsieg in New York gegen Bryant Jennings (USA). Auch wenn die Überlegenheit Klitschko’s größtenteils immer noch unübersehbar war, schien der Champion selbst nicht vollkommen zufrieden gewesen zu sein. Im November 2015 kam es dann zum Duell gegen einen weiteren britischen Provokateur. Tyson Fury kündigte an, die Klitschko-Ära zu beenden. Tatsächlich sollte es dem ,,Gypsy King“ gelingen, den Champion nach Punkten zu schlagen und somit diesem die Titel zu entreißen. Die Sensation war perfekt! Doch ohne die durchaus beeindruckende Leistung von Fury schmälern zu wollen, Klitschko zeigte sich nicht mehr in seiner gewohnten Spitzen-Form und wirkte sehr gehemmt. Nach dieser Niederlage war die Regentschaft Klitschko’s von fast zehn Jahren beendet. Zu einem Rückkampf mit Fury kam es aufgrund von mehreren Absagen seitens des neuen Champions nicht mehr. Stattdessen wurden Fury die Titel aberkannt, beziehungsweise von ihm selbst niedergelegt.
In diesem Zeitraum, kletterte ein anderer Brite die Schwergewichts-Leiter steil empor! Der Olympiasieger von 2012, Anthony Joshua, sicherte sich in der Zwischenzeit den IBF-Gürtel und galt als neue Nummer 1 in der ,,Königsklasse“. Nach anderthalb Jahren Ringabstinenz, stellte sich also der einstige Schwergewichts-König Wladimir Klitschko, mit 41 Jahren, dem 14 Jahre jüngeren Champion am 29. April diesen Jahres im Londoner Wembley-Stadium vor 90.000 Zuschauern. Dieser Kampf ist ohne Frage jetzt schon als einer der größten und beeindruckendsten WM-Fights anzusehen, die das Schwergewicht je gesehen hat! Das Ende dieses Duells dürfte jedem Boxfan bekannt sein! Auch der Kampfverlauf, bei dem beide Boxer angeschlagen und am Boden waren, dürfte Jedem noch vor Auge stehen. Obwohl Wladimir Klitschko diesen Kampf in der elften Runde durch TKO verloren hat, setzte er sich mit dieser Vorstellung endgültig ein Denkmal! Er hat sich in seinem letzten Gefecht dem Besten gestellt, er hat gekämpft, er war am Boden, er ist aufgestanden und hatte seinen Gegner selbst am Rande des Ko’s. Diese Niederlage ist für Wladimir Klitschko ein sehr wichtiger Sieg gewesen, welche ihm somit einen ehrhaften Abgang garantierte!
Wladimir Klitschko kann nach insgesamt 69 Profi-Fight’s, mit erhobenem Haupt zurücktreten und sich mit dem Gefühl und der Bestätigung, im Boxsport alles Wichtige erreicht zu haben, seiner weiteren Karriere außerhalb des Box-Rings, in aller Ruhe widmen. BOXEN1 wünscht ihm dabei alles Gute!
Wladmir Klitschkos große Kämpfe