Die Coronavirus-Pandemie macht auch den Profiboxern schwer zu schaffen. An Sparring und Wettkämpfen ist derzeit noch nicht zu denken. Profiboxer John Bielenberg aus Lübeck besuchte jetzt mit seinem Vater und Trainer Athar Ghazal die Gemeinde Sülfeld, trainierte dort im großen Garten eines Freundes.
Dabei hatte der mit 17-Jährige gute Gelegenheit an frischer Luft mit seinem Vater Partnerübungen zu machen. Die Pratzen-Arbeit stand dabei im Vordergrund. „Trotz den Coronavirus-Zeiten muss mein Sohn fit bleiben. Und er haut stärker zu, wie vorher. Das Krafttraining zahlt sich aus“, freute sich der hauptberuflich als KFZ-Mechaniker arbeitende 41jährige Athar Ghazal. Früher boxte er selbst (dreimaliger deutscher Amateurmeister) und danach war er einer der Nationaltrainer bei den deutschen Amateurboxern.
Demnächst soll sein Sohn schon im zweiten Profi-Fight – im ersten Kampf besiegte der Lübecker seinen Kontrahenten durch KO in Runde 1 – um den DM-Titel im Leichtgewicht (bis 61,2 kg) boxen. Dazu ist ein Kampftag in Lübeck oder sogar im Kreis Segeberg geplant, wenn es denn in diesen Zeiten die Gesundheitsvorkehrungen zulassen. „Was den Fußball-Profis genehmigt wird, sollte auch für das Profiboxen gelten“, meint Ghazal. Sein Sohn stimmt ihm dabei zu. „Mein Promoter und Manager Alexander Petkovic aus München arbeitet mit Fachleuten an ein Konzept und führt Verhandlungen mit den Betreibern von geeigneten Sportstätten“, hofft John Bielenberg schon bald Vollzug melden zu können.
Der im Lübecker Stadtteil Eichholz wohnende Boxer, der als größtes deutsches Nachwuchstalent gilt, hatte im vergangenen Herbst nach dem OK seines Vaters bei „Petkos Boxpromotion“ einen langjährigen Profivertrag unterschrieben.
Beim Amateur-Boxclub Olympia Lübeck kämpfte der Fighter vorher überaus erfolgreich als Amateur und konnte sich schon zahlreiche Meriten „erboxen“. So war er dreifacher Deutscher Meister (2017, 2018, 2019) und wurde zuletzt als bester Boxer Deutschlands bei den Deutschen Meisterschaften ausgezeichnet. Als Kapitän der Nationalmannschaft vertrat Bielenberg Deutschland zudem bei zahlreichen Turnieren. Bei der Jugend-EM 2017 in Rumänien errang der Faustkämpfer die Silbermedaille. Bielenberg stand in 80 Kämpfen im Amateur-Boxring, verlor dabei lediglich siebenmal. Die letzten vier Jahre konnte ihn in Deutschland niemand bezwingen.
„Wir haben mit John Bielenberg das größte Box-Talent Deutschlands verpflichtet und mit seinen bisherigen Leistungen im Ring ebenfalls die Boxexperten von sich überzeugt. Wir haben viel vor, werden ihn vorsichtig aufbauen“, verkündete Petkovic, der noch weitere Top-Boxer unter Vertrag hat. „Weltmeister in einem der großen Profiboxverbände möchte ich werden. Vier bis fünf Jahre gebe ich mir dafür Zeit“, zeigte John Bielenberg, der die US-Boxlegende Floyd Mayweather als sein Vorbild bezeichnet, seine Fernziele auf. Mangelndes Selbstvertrauen kann also dem jungen Profiboxer, der durch weiteren Muskelaufbau später im Supermittelgewicht (von 72,5 bis 76,2 kg) boxen will, nicht nachgesagt werden. „Mein Sohn hat mit Willensstärke, guter Angriffs- unter Kontertechnik, Nehmerfähigkeiten eigentlich alles was ein erfolgreicher Profiboxer braucht. Ihm steht die Boxwelt weit offen“, lobt und hofft Athar Ghasal.
Wenn der nächste Kampf terminiert ist geht’s allerdings erstmal wieder zu den boxspezifischen Vorbereitungen in die Trainingshalle von seinem früheren Lübecker Amateur-Boxclub um das Nahziel zu erreichen. Der Box-Keller der legendären Ritze in Hamburg-St.Pauli soll kurz vor dem Fight als Sparringsort genutzt werden.
Text: Harald Becker