Nach „Box-Eklat von Berlin“: Senad Gashi im Exklusiv-Interview

Foto: Ralf Bursy
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Am Samstag lieferten sich Tom Schwarz und Herausforderer Senad Gashi einen alles andere als sportlichen Kampf um die Titel der WBO (Interconti) sowie BDB (Deutscher Meister), der am Ende in einer Disqualifikation und einem Eklat im Ring endete.

Senad Gashi: Schwarz braucht den Rückkampf gegen mich, um ernst genommen zu werden!

Nachdem Senad Gashi am vergangenen Samstag nach mehreren Punktabzügen bedingt durch Kopfstöße von Ringrichter Frank Michael Maaß in der sechsten Runde disqualifiziert wurde, kam es zu wilden Szenen im Ring. Gashi und Schwarz provozierten sich nach der Urteilsverkündung und gingen aufeinander los. Nur eine Schar von Sicherheitsleuten und Team-Betreuern konnten die beiden Streithähne voneinander fernhalten und damit Schlimmeres verhindern.

Foto: Team SES / P. Gercke
Foto: Team SES / P. Gercke

Im Vorfeld schien der Kampf zwischen dem SES-Schwergewichtler und dem 100%-KO-Mann durchaus für breites Interesse zu sorgen. Auch aus sportlicher Sicht war diese Ansetzung alles andere als langweilig. Dass der Kampf dann jedoch solch ein Ausmaß annahm, war nicht nur für die Zuschauer äußerst schade und enttäuschend, sondern auch für den Boxsport überhaupt.

Der nach Punkten weit vorn liegende Senad Gashi war an diesem Abend natürlich der Schuldige Nummer 1, doch auch seitens des SES-Schützlings sowie des Referees gab es durchaus Punkte zur Kritik. Schwarz zwang Gashi nahezu jede Runde dazu, den Kopf unten zu halten, indem er sich in „Klitschko-Manier“ auf ihn legte, sobald Gashi Aktionen im Infight startete.

Foto: Ralf Bursy
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Dass Gashi, als kleinerer Mann, mit dem Kopf unter den Schlägen von Schwarz abtauchen muss, um schlussendlich am Körper arbeiten zu können, sollte klar sein. Schließlich muss dieser die Distanz überbrücken. Kopfstöße sind bei solchen Konstellationen nicht unüblich, waren im Fall Schwarz vs. Gashi jedoch zu viel. Das sah auch der Referee so und ermahnte bzw. bestrafte Gashi dafür. Tom Schwarz‘ Auflegen hingegen, wurde lediglich ermahnt – geahndet wurde es nicht.

Grund für uns, mit dem Buhmann des Abends, einmal ausführlich über den Kampf und seine Eindrücke zu sprechen. Am Telefon stand uns Gashi Rede und Antwort!
Tom Schwarz Senad Gashi

Senad Gashi im Interview nach seinem Kampf gegen Tom Schwarz

Nach dem Kopfstoß in Runde 2, der laut deinen Aussagen unbeabsichtigt war, im TV jedoch anders aussah, ist Schwarz zu Boden gegangen, nachdem er erst die Hände hochriss, um den Kopfstoß zu monieren. Viele werfen Schwarz Schauspielerei vor. Welchen Eindruck hattest du von den darauf folgenden Situationen? Wie viel „Hollywood“ war da dabei?

Foto: Ralf Bursy
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Senad Gashi: Für mich war alles gespielt! Tom und sein Team hatten wohl darauf spekuliert, dass ich danach disqualifiziert werde. Aber nach mehrminütiger Pause, einem VIP Aufenthalt seiner Freundin im Ring und noch einer Beratung durch den Unparteiischen, welcher Dirk Dzemski und Tom empfahl aufzustehen, weil er sonst den Kampf verlieren würde, war er aufeinmal direkt wieder fit, sprang auf und war bei vollen Sinnen… und das nach mehrminütiger Bewusstlosigkeit (lacht).

Du hast nach dem Kopfstoß zwei Punkte abgezogen bekommen, hättest aber genauso gut disqualifiziert werden können. Warum hast du im darauf folgenden Kampfverlauf und einem erneuten Punktabzug in Runde 4, ebenfalls wegen eines Kopfstoßes, nicht explizit darauf geachtet, dass dies nicht nochmal passiert und dich vor der Disqualifikation rettet? Schließlich hattest du bisher auf den Punktzetteln jede Runde geholt.

Senad Gashi: Die Kopfstöße waren allesamt keine Absicht. Ich wurde runtergerdrückt und wollte wieder hoch, da kann es schon zu so einer Szene kommen. Dass das in der 4. und in der 6. Runde ein Kopfstoß gewesen sein soll das habe ich gar nicht wahrgenommen, Tom hat dann in der 6. Runde sogar den Kampf unterbrochen und den Ringrichter aufgefordert, dass dieser mich disqualifiziert. Das war deren einzige Chance, denn ich wurde von Runde zu Runde stärker und ich hatte noch nicht mal meine Power Kombinationen ausgepackt.

Noch bevor du in der sechsten Runde disqualifiziert wurdest, hat Tom Schwarz im Ring die Fäuste hochgerissen und seinen noch nicht offiziell verkündeten Sieg gefeiert. Kurz danach folgte deine Disqualifizierung. Hast du dich danach provoziert gefühlt was zu den folgenden Szenen führte?

Senad Gashi: Was würdest du denn sagen? Der Referee hatte nur Augen für mich! Tom hatte mir mehrmals auf den Hinterkopf geschlagen, er hat einmal auch sein Knie hochgezogen nach dem er mich nach unten gedrückt hat und sogar nachgeschlagen, aber ich bin ein Gladiator und habe das wie ein richtiger Mann genommen und mich nicht flachgelegt. Aber irgendwann hat es mir gereicht mit den Provokationen, auch von seinem Trainer Dirk Dzemski und da ist mir nach der Disqualifikation dann die Hutschnur geplatzt.

Du bist nach der Disqualifizierung auf Schwarz zugestürmt. Kannst du uns schildern, was sich abgespielt hat? Was hast du zu Schwarz gesagt bzw er zu dir, was dann letzten Endes zur wilden Schlägerei führte?

Senad Gashi: Ich hab Tom gefragt, ob er wirklich auf diesem Weg gewinnen will und ihn gebeten den Kampf  fortzuführen. Ich habe noch gewartet, dass er seine Hände hochnimmt und wir weiterkämpfen unter uns….. Ich habe das wie ein Mann regeln wollen, hab weder „Sucker Punch“ oder was ähnliches feiges gemacht!

Foto: Ralf Bursy
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Referee Maaß hatte vor allem dich wegen des häufig zu tiefen Kopfes ermahnt und verwarnt. Schwarz hingegen wurde wegen Auflegen auf den Oberkörper und runterdrücken kaum ermahnt und erst recht nicht ein einziges Mal verwarnt. Fühltest du dich dadurch ungerecht behandelt?

Senad Gashi: Mir scheint im Nachhinein, dass der Ringrichter bei diesem Kampf doch wohl ziemlich überfordert war. Nicht nur, dass er Tom Schwarz nicht ein einziges Mal verwarnt hat, obwohl es dazu mehrere Anlässe gab, er hat ihn und seinen Trainer sogar regelrecht betreut und er hat es geduldet, dass die Freundin von Tom in den Ring stieg und sich dort um ihn bemühte, was ganz sicher nicht regelkonform war. Von dem vielen Nachschlagen und den Hinterkopfschlägen müssen wir ja erst gar nicht reden. Zudem hat Tom, als er mich ganz tief nach unten drückte, einmal sogar sein Bein hochgezogen und hätte mich beinah im Gesicht erwischt. Allein dieser Versuch ist sicher eher ein Disqualifikationsgrund als jeder meiner ungewollten Kopfstöße.

Foto: Ralf Bursy
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Hattest du nach dem Kampf nochmal Kontakt zu Schwarz?

Senad Gashi: Ja, Tom und ich haben uns auf einen Rückkampf geeinigt, jetzt appelieren wir an die Verantwortlichen und den Veranstalter, dass sie uns beiden diesen Kampf geben – wir brauchen ihn beide! So kann man das nicht stehen lassen.

Ein sauberer Rückkampf ohne unschöne Aktionen im Ring, wäre sicher im Interesse der Boxfans. Wärst du dazu bereit? Wäre Tom Schwarz dazu bereit – was denkst du?

Senad Gashi: Ja definitiv! Er weiß, er muss diesen Kampf machen und mich besiegen, um jemals wieder ernst genommen zu werden als Boxer.

Du hast jetzt eine erste Niederlage in deinem Rekord stehen – was bedeutet das für dich als Profisportler?

Senad Gashi: Ich habe nichts verloren, ich wurde disqualifiziert. Ich wurde nicht geschlagen, ich hab geschlagen! Ich hab meinen Mann gestanden und habe gezeigt, dass ich als kleinerer Mann auch weitaus größere Gegner dominieren kann und nicht nur gut für zwei Runden bin! Ebby Thust hatte in eurer Boxen1-Facebook-Gruppe dazu einen guten Kommentar geschrieben: “Das war auf jeden Fall das erste Mal, dass ich einen Kampf gesehen habe, in dem der Verlierer fast jede Runde dieses Kampfes gewonnen hat. Sehr sonderbar.”

Tut dir dein Verhalten im Nachhinein Leid?

Senad Gashi: Die Prügelei nach dem Kampfende tut mir Leid! Das war einfach unsportlich und ich bereue das auch sehr, aber die Emotionen waren sehr hoch, Adrenalin pur  halt – was natürlich keine Rechtfertigung dafür ist.

Rückkampf sollte Pflicht sein

Tom Schwarz vs Senad GashiRingrichter Maaß konnte über weite Strecken des Kampfes seiner Erfahrung nicht gerecht werden. Zu oft war es Gashi, der benachteiligt wurde. Auch beim genauen Hinsehen der „Kopfstoß“-Szene in Runde 2 ist zu erkennen, dass Gashi von Schwarz gehalten wurde. Beim Versuch sich dieser Situation zu entziehen, so Gashi, passierte dann der Kopfstoß, welcher zum Abzug von zwei Punkten führte. Die Entscheidung des Ringrichters war hier natürlich nicht falsch, jedoch war es dann fast ausschließlich Gashi, der ermahnt wurde und dem, in Runde 4, erneut zwei Punkte abgezogen wurden.

Der Abbruch in Runde 6, welcher in Folge eines „Break-Kommandos“ folgte, darf durchaus kritisiert werden, sollte jedoch auch mit den vorherigen Entscheidungen des Referees in Verbindung gebracht werden. Zu oft ermahnte Maaß Gashi, zog ihm zwei mal zwei Punkte ab – diese Quittung musste also kommen. Dass Schwarz‘ ständiges Auflegen jedoch nicht geahndet wurde, darf, wie zu Klitschkos Zeiten auch, durchaus kritisiert werden.

Aus unserer Sicht, sollte der Rückkampf Pflicht sein. Für Tom Schwarz, der sich nach seinem Sieg feiern ließ, stellt der Kampf wahrlich keinen Triumph dar. Bis zum Abbruch war er der unterlegenere Boxer. Einzig im fünften Durchgang konnte er gut dagegenhalten und auch die Runde holen. Dennoch war es Gashi, der den Kampf dominierte und dem gebürtigen Hallenser zusetzte. Ein Rückkampf unter fairen Bedingungen und vor allem ohne solch unschöne Szenen wie am Samstag, sollte nicht nur im Interesse der Boxfans, sondern auch im Interesse von beiden Sportlern sein.

HuckMarco Huck: Wir sind hier nicht beim Tennis – der Kampf hätte nicht abgebrochen werden dürfen

Die wilden Szenen beobachtete Ex-Weltmeister Marco Huck (33), der am Ring saß. Huck zum Abbruch: „Wir sind hier nicht beim Tennis, sondern beim Boxen. Gashi ist kleiner als Schwarz, muss sich wegstoßen. Das sieht vielleicht wie ein Kopfstoß aus, ist aber keine Absicht. Ich finde der Kampf hätte fortgesetzt werden müssen.“

Boxfans: Wünscht ihr euch einen Rückkampf zwischen Tom Schwarz und Senad Gashi?

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