Wozu braucht es eine Schutzsperre nach erlittenem Knock-Out?

Jeder Knock-Out ist ein ernst zu nehmendes Ereignis. Unmittelbar nach einem Knock-Out werden akute und behandlungsbedürftige Verletzungen ausgeschlossen. Dies können Prellungen und Platzwunden, aber auch Hirnblutungen oder innere Blutungen nach z.B. Lebertreffern sein.

Wozu dient die Schutzsperre nach einem KO?

Eine Gehirnerschütterung (sog. Concussion) wird in der Realität leider häufig bagatellisiert, was aber in keinem Fall passieren sollte! Hierfür braucht es auch keinen Knock-Out, denn betrachtet man die Summe aller erlittenen Schläge in einem Kampf, kommt man auf einige Tonnen Gewicht, die kumuliert auf die sensiblen Hirnstrukturen eingewirkt haben. Auch nicht offensichtliche Verletzungen des Gehirns können schwere Folgen haben – es ist mittlerweile gut untersucht, dass das Gehirn eben seine Zeit braucht, um sich davon bestmöglich zu erholen.

K.O.-Punkte und ihre Wirkung – Teil 1: Der Kopf

Hierzu gibt es, insbesondere aus dem Amercian Football, aber auch aus anderen Sportarten wie dem Boxsport oder dem Eishockey, mittlerweile eine ausgeprägte Literaturlage und Konzepte sowie Fachempfehlungen, wie ein Wiedereinstieg in den Sport unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes möglich sein kann. Es werden verschiedene Phasen definiert, wobei man die aktuelle Phase abgeschlossen haben muss, um in die nächste aufzusteigen.

Brutaler Knockout: Vergil Ortiz trifft Mauricio Herrera mit einer fürchterlichen Rechten am Kopf, die das Ende dieses Kampfes bedeutete.

Beginnend mit körperlicher Ruhe und absoluter Vermeidung von erneuten Traumata des Gehirns wird zunächst die allgemeine Sportfähigkeit erreicht, ehe es nach einiger Zeit auch unter Wettkampfbedingungen möglich ist, dem Sport nachzugehen. Dies gilt im Übrigen auch ganz besonders für Trainingssituationen, in denen Erschütterungen des Gehirns möglich sind. Wer nicht am Wettkampf teilnehmen darf, sollte auch im Sparring extreme Vorsicht walten lassen!

Wie lang dauert eine Schutzsperre?

Hierdurch erklären sich auch die Zeiten der Schutzsperre: nach Wettkampfbestimmungen des DBV sollte eine Schutzsperre mindestens 30 Tage (nach erstem Knock-Out zum Kopf) betragen, im Profiboxen variieren die Zeiträume je nach Regelwerk und liegen meistens bei ca. 12 Wochen. Die Aussprache einer Schutzsperre obliegt dem anwesenden Ringarzt und wird im Kämpferausweis dokumentiert. Jeweils zum Ende der Schutzsperre muss zwangsläufig eine erneute (Ring-)ärztliche Untersuchung erfolgen und der Boxer als „fit-to-box“ eingestuft oder die Sperre bei auffälligen Befunden verlängert werden.

 

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Bei Knock-Outs zum Körper durch z.B. Lebertreffer können die Schutzsperren entweder ganz entfallen oder deutlich kürzer gewählt werden. Grundlage hierfür ist eine aussagekräftige Nachuntersuchung und der Ausschluss von schweren Verletzungen. Eine so ausgeprägte Ruhephase wie für das Gehirn ist hier nicht notwendig, sodass die Wettkampffähigkeit rascher erreicht werden kann.

K.O.-Punkte und ihre Wirkung – Teil 2: Die Leber

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Referenzen:

– Collins MW, Kontos AP, Okonkwo DO, et al. Statements of Agreement From the Targeted Evaluation and Active Management (TEAM) Approaches to Treating Concussion Meeting Held in Pittsburgh, October 15-16, 2015. Neurosurgery. 2016;79(6):912-929.

– McKee AC, Cantu RC, Nowinski CJ, Hedley-Whyte ET, Gavett BE, Budson AE, Santini VE, Lee HS, Kubilus CA, Stern RA. Chronic traumatic encephalopathy in athletes: progressive tauopathy after repetitive head injury. J Neuropathol Exp Neurol. 2009 Jul;68(7):709-35.

– Bernick C, Banks S, Phillips M, Lowe M, Shin W, Obuchowski N, Jones S, Modic M. Professional fighters brain health study: rationale and methods. Am J Epidemiol. 2013 Jul 15;178(2):280-6.

– Carson A. Concussion, dementia and CTE: are we getting it very wrong? J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2017 Jun;88(6):462-464. doi: 10.1136/jnnp-2016-315510. Epub 2017 Apr 10. Erratum in: J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2018 Aug;89(8):e7. PMID: 28396360.

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