Sieht die Boxwelt Usyk und Gassiev bald im Schwergewicht?
Es ist schon etwas seltsam, dass gerade das Cruisergewicht unter allen 17 Gewichtsklassen, die es im Profiboxsport bei den großen Weltbox-Verbänden gibt, ein Stiefkind geblieben ist.
Ob es das darunter liegende Halbschwergewicht oder die darüber liegende Königsklasse des Schwergewichts ist, alle diese Gewichtsklassen scheinen bei den Zuschauern die attraktiveren Gewichtsklassen zu sein.
So stehen sich am kommenden Samstag den 21. Juli im Olympiastadion zu Moskau, mit dem Kampf zwischen dem Ukrainer Oleksandr Usyk gegen den Russen Murat Gassiev, die beiden besten Cruisergewichtler der Welt gegenüber – beide ungeschlagen und beide Doppel-Weltmeister und doch wird dieser wohl größte Cruisergewichtskampf aller Zeiten in den USA von den großen Boxing-TV-Channels wie HBO oder Showtime, nicht live übertragen.
Als das Turnier der World Boxing Super Series startete, tippten fast alle Experten auf diesen finalen Kampf. Einfach ein Dream-Fight! Warum hat es das Cruisergewicht so schwer sich in den 17 Gewichtsklassen des professionellen Boxsports zu behaupten? Es gab doch in der Vergangenheit große Cruisergewichts-Weltmeister wie etwa Evander Holyfield, Orlin Norris, Juan Carlos Gómez, Vassiliy Jirov, James Toney, Steve Cunningham oder David Haye.
Vielleicht liegt es daran, dass alle die Vorgenannten, die Cruisergewichtsklasse wieder verlassen haben um ins Schwergewicht aufzusteigen, wohl in erster Linie deshalb, weil es hier die höheren Börsen zu verdienen gab. Warum hat sich die Gewichtsklasse in den vielen Jahren die es das Cruisergewicht inzwischen gibt, nicht wie praktisch jede andere Gewichtsklasse durchgesetzt? Vielleicht liegt es daran, dass die talentiertesten Boxer aus dieser Gewichtsklasse, das Cruisergewicht einfach nur als Vorstufe und Trittbrett genutzt haben, um sich einen Namen zu machen und dort einen oder zwei Gürtel zu ergattern, bevor sie dann in die Königsklasse aufstiegen um dort das wahre Geld zu verdienen?
So wird auch heute schon erwartet, dass die beiden Kontrahenten vom Samstag in Moskau, wer auch immer gewinnen mag, ob Usyk oder Gassiev, in nächster Zeit ins Schwergewicht aufsteigen werden. Und so seltsam und unbegreiflich das auch ist, sie werden dort mit einem einzigen Titelkampf, etwa gegen Anthony Joshua oder Deontay Wilder, mehr verdienen als sie in ihrer gesamten Boxkarriere im Cruisergewicht hätten verdienen können.
Und was gab es doch schon für Big Fights in dieser Stiefkind-Gewichtsklasse. Wer von den älteren Boxfans erinnert sich denn nicht an die große Schlacht zwischen Evander Holyfield vs Dwight Muhammad Qawi, die im Jahre 1986 einen 15-Runden-Krieg austrugen, den Holyfield dann mehr als knapp mit einer 2:1 Punktrichter-Entscheidung gewann? Und dann gibt es James Toney vs Vassiliy Jirov, Steve Cunningham vs Tomasz Adamek, Jean-Marc Mormeck vs O’Neil Bell und Carl Thompson vs Chris Eubank, um nur einige zu nennen, wenn es um klassische Cruisergewichts-Matchups geht. Aber trotz allem: Das Cruisergewicht blieb immer eine unattraktive Gewichtsklasse.
Was die Nicht-Hardcore-Fans anbelangt, säuseln sie immer noch über Manny Pacquiaos Sieg über Lucas Matthysse und fragen sich, wann Anthony Joshua endlich gegen Deontay Wilder kämpfen wird. Aber der einzige Kampf den die Boxwelt im Moment sehen will, ist der Fight zwischen dem von Abel Sanchez trainierten Terminator aus Russland, dem in 26 Kämpfen ungeschlagenen Murat Gassiev, gegen den in 14 Kämpfen unbesiegten Killer aus Kiew Oleksandr Usyk.
„Ich bin bereit, mein Team ist bereit“, sagte Usyk. Ich werde Gassiev auch in seinem Heimatland besiegen.“
Murat Gassiev hat schon vor diesem Kampf gesagt, dass er, wenn er das WBSS-Turnier gewinnen sollte, ins Schwergewicht aufsteigen möchte und dass er dabei von seinem Trainer Sanchez unterstützt wird. Was Oleksandr Usyk betrifft, hat auch er kein Geheimnis aus seinen Plänen gemacht, alle Titel im Cruisergewicht zu vereinen und dann nach den Gürteln in der Königsklasse zu jagen. Usyk sagte schon vor zwei Jahren, im Jahr 2016: „Ich würde gerne einige der Cruisergewichts-Titel vereinen, am Liebsten alle vier und ich denke, dass ich 2018 bereit sein werde, im Schwergewicht zu kämpfen.“
Nun ist das Jahr 2018. Usyk kann am Samstag alle Gürtel einpacken und bis Ende des Jahres seinen ersten Schwergewichtskampf bestreiten, wenn er das so möchte. Das Gleiche gilt natürlich auch für Murat Gassiev, der auch schon vor diesem Turnier eine klare Aussage machte, dass seine künftige Gewichtsklasse alleine das Schwergewicht sein wird.
Aber erstmal sind die Boxfans am Duell dieser Beiden Doppel-Weltmeister interessiert und am Samstag findet im Olympic Sport Complex in Moskau einer der besten – und wichtigsten – Kämpfe statt, die derzeit im Boxsport gemacht werden können, unabhängig von allen Gewichtsklassen.
Der 31-jährige Oleksandr Usyk, einer der talentiertesten Rechtsausleger im gegenwärtigen Boxsport, der so gut ist, dass er seinen ersten WM-Titel schon in seinem zehnten Kampf gewonnen hat, ist sicher der Favorit dieses Kampfes. Aber der erst 24-jährige Murat Gassiev, ist vielleicht noch nicht einmal in den besten Jahren, obwohl er im zurück liegenden Turnier Krzysztof Wlodarczyk und Yunier Dorticos mehr als locker aus dem Weg geräumt hat.
Es ist die Art von Matchup, die beide Kämpfer zu neuen Höhen treibt. Usyk hat die Tendenz die Kontrolle eines Kampfes jederzeit zu übernehmen, aber wenn er das gegen Gassiev tut, dann kann es sein, dass er sich möglicherweise auf einmal auf dem Boden wieder findet und in ein Loch fällt, aus dem er sich selbst nicht mehr heraus graben kann. Oder wird Gassiev zu geduldig sein um Usyk anzupirschen und dem Ukrainer so zu erlauben, aus großer Entfernung zu picken und zu stochern, um einen unüberwindbaren Vorsprung auf den Scorecards aufzubauen? Vielleicht fliegen aber von Anfang an die Hände wie Granaten, ein Hagler vs Hearns Fight im Cruisergewicht. Schön wärs……und es wird schön werden.
Die Fragen sind endlos, aber sie werden alle an diesem Wochenende im Ring zu Moskau beantwortet werden. Was passiert mit Usyk und Gassiev und was wird aus dem Cruisergewicht ab Sonntagmorgen und danach? Hoffen wir Boxfans nun alle, dass dieser Kampf auch wirklich das hält, was er verspricht und dass es auch wirklich der größte Cruisergewichts-Fight aller Zeiten wird.
ranfighting wird den Kampf in Deutschland live übertragen.