Ein Fight der Superlative der eigentlich keinen Verlierer verdient hat – Eine Nachbetrachtung von Ebby Thust
Was wurde im Vorfeld des Kampfes von Olexandr Usyk vs Mairis Briedis alles geschrieben und prognostiziert: „Ob der Kampf auch das hält was er verspricht“, las ich immer wieder in den vielen Social Media Foren. „Der Kampf geht doch niemals über die Runden.“ „Briedis hat doch keine Chance gegen den Olympiasieger, der boxt in einer anderen Liga.“ Und selbst ich gab, als ich auf den Ausgang dieses Kampfes angesprochen wurde, die Prognose ab, „dass der Ukrainer Olexandr Usyk diesen Kampf sicher ganz easy nach Punkten gewinnen würde.“
Aber es kam dann doch ganz anders als es die meisten der Prognosen vorhersagten. Und das ist das Schöne am Boxsport, dass letztlich ein Kampf immer erst im Ring entschieden wird. Dieser große Kampf gestern Nacht in der Arena zu Riga in Lettland, war einer dieser Fights die mit großer Sicherheit in die Analen der Boxgeschichte eingehen. Ein Kampf der schon jetzt im frühen Monat Januar des neuen Jahres 2018 ein ganz großer Kandidat ist, zum Kampf des Jahres gekürt zu werden. Ein Kampf von dem Man noch in vielen Jahren sprechen wird und der dann, je mehr Man davon spricht, dann zur Legende wird.
Da standen sich im Cruiserweight-Halbfinale der World Boxing Super Series zwei richtige Krieger gegenüber, die den Zuschauern alles zeigten was ein Boxkampf hergibt. Zwei bisher ungeschlagene Fighter von denen der Eine – Mairis Briedis – nun leider verloren hat und ich sage das nicht deshalb weil vielleicht ein ausgesprochener Briedis-Fan bin. Ich war da eher Usyk zugeneigt. Aber eigentlich habe ich mich gestern Abend mit Freunden vor mein TV-Gerät gesetzt um gutes Boxen zu sehen und meine Devise war eigentlich: „Möge der Bessere gewinnen.“ Aber je länger dieser wunderbare Kampf lief, desto öfters musste ich mich immer wieder fragen: „Wer ist denn eigentlich der Bessere dieser Beiden?“
Das war meine Wertung dieses Kampfes
Wer (wie ich) gedacht hatte, dass der Olympiasieger aus Kiew von Beginn an den Kampf klar bestimmen würde sah sich getäuscht. Die ersten drei Runden gehörten aus meiner Sicht eindeutig dem WBC Champion und Lokalmatador Mairis Briedis. Während Usyk immer wieder seine lehrbuchartigen Jabs brachte glänzte Briedis mehr mit hervorragend getimten Körpertreffern. Usyk kam erst in Runde 4 und 5 und glänzte mit einigen klaren Treffern, er schlug zwar viel mehr als Briedis, der aber eine höhere Trefferquote hatte, was auch im Nachhinein die CompuBox Punch Statistik von CompuBox bestätigte, wo aufgezeigt wird, dass bei Usyk nur 25% seiner Punches ins Ziel fanden während es bei Briedis gar 33,7% waren.
Nach CompuBox trafen nur 16,5% aller von Usyk geschlagenen Jabs, während es bei Briedis in diesem Vergleich mit 33,6% mehr als doppelt so viele Jabs-Treffer waren. Einzig in den Power-Punches lag Usyk mit 40,6% Trefferquote gegenüber Briedis in Front, der es in diesem Vergleich auf 33,7% brachte. Aber trotzdem brachte Briedis von 442 ganze 149 Treffer an von denen 28 klare Treffer waren und Usyk brachte von 298 Power Punches 121 an den Mann, wovon dann 26 klare Terffer waren. Natürlich irritiert diese Statisktik ein wenig, da diese auch aufzeigt, dass Usyk viel mehr mehr Jabs geschlagen hat als Briedis, aber Briedis eben der effektivere Boxer war, der mit weniger Schlägen mehr getroffen hat. Auch die Statistik von CompuBox sah damit einen doch ausgeglichenen Kampf, den übrigens der kanadische Punktrichter Craig Metcalfe exakt wie ich, mit 114:114 unentschieden wertete. Die beiden anderen Punktrichter, der New Yorker Robin Taylor und der Kanadier Robert Tapper werteten den Kampf mit 115:113 äußerst eng für den Ukrainer Olexandr Usyk. Ein knappes Ergebnis, dass ganz sicher kein Fehl-Urteil ist. Allerdings gab es für den Lokalmatadoren Mairis Briedis auch nicht den Hauch eines Heimvorteiles. In England mit einem englischen Titelverteidiger im Ring hätte es sicher ein anderes Urteil gegeben. Vielleicht fehlt es auch dem lange Zeit unbekannten Briedis an der Lobby die Usyk schon mit seinen viel weniger Profikämpfen hat.
Es muss auch gesagt werden dass dies ein absolut fairer Kampf war bei dem einer der weltbesten Ringrichter Kenny Bayless kaum eingreifen musste. Es gab kein klammern und kein klinschen und somit auch keine Brakes. Es war einfach nur eine große Schlacht zwischen zwei der zur Zeit besten Cruiserweights der Welt.
Auf jeden Fall durfte auch Mairis Briedis nach diesem Kampf mit hoch erhobenem Kopf die Arena zu Riga verlassen. Dieser Kampf, von dem er ein Teil davon war, hat Boxgeschichte geschrieben. Das war einer der Kämpfe von denen noch in den Social Media Foren und an den Biertischen aller Boxer-Kneipen dieser Welt in hohen Tönen gesprochen werden wird, wenn es mich schon gar nicht mehr gibt.
Letztlich sollte Man Kalle Sauerland und Richard Schäfer, die diese World Boxing Super Series ins Leben gerufen haben einmal ein großes Dankeschön sagen, denn der große Kampf gestern Nacht war ja erst der Anfang von vielen Big Fights in diesem Turnier, denn schon in der nächsten Woche werden wir in Russland den zweiten Semi-Finalkampf im Cruisergewicht zwischen dem IBF Weltmeister Murat Gassiev (25-0-0, 18 KO-Siege) vs. WBA Weltmeister Yunier Dorticos (22-0-0, 21 KO-Siege) sehen. Auch hier ist es ein Unification-Fight und es stehen sich auch hier zwei ungeschlagne Weltmeister gegenüber. Der Sieger vom kommenden Wochenende wird dann im Mai im Finale in Saudi Arabien auf den Sieger Olexandr Usyk treffen………..ich kann es kaum erwarten bis Mai ist.
Ringrichter Kenny Bayless hebt die Hand von Usyk zum knappen 2:1 Punktsieg über den tapferen Verlierer Mairis Briedis. Neuer Weltmeister der WBC und alter und neuer Weltmeister der WBO ist Olexandr Usyk.