Serge Michel gewinnt ersten Kampf im Cruisergewicht im heimischen Traunreut

Foto: Klickfinger

Traunreut, in der Nähe des Chiemsees, ist ehrlicher Weise nicht als Box-Mekka bekannt. Doch am Abend vor dem Vatertag wurde hier im Felsenkeller eine sehr gelungene Boxveranstaltung mit starken Boxern aus der Region zusammengestellt. Neben dem Ex-Olympiateilnehmer Serge Michel traten u.a. einige ehemalige Boxer aus der Nachwuchsschmiede des TuS Traunreut an.

Eduard Michel hat als Cheftrainer des TuS Traunreut diverse Boxer zu Topamateuren ausgebildet. Neben seinem Sohn Serge hat auch Eugen Dahinten die deutsche Amateurmeisterschaft gewonnen. Für einen Boxverein aus einer Stadt der Größe Traunreuts ist das eine beachtliche Leistung.

Serge Michel gewinnt Debut im Cruisergewicht

Serge Michel (12-2-0), der Liebling der Traunreuter Fans, hatte zuletzt einige Tiefschläge verkraften müssen. Nach Niederlagen gegen den Kanadier Ryan Ford 2019 und den Letten Ricards Bolotniks 2020 hat die Karriere des Traunreuters einen kleinen Knick erhalten. Deshalb hat sich Serge Michel entschieden, sein Glück künftig im Cruisergewicht zu versuchen. Mit 20 Pfund mehr Muskelmasse ging es nun also gegen den Letten Reinis Porozovs (17-16-1).

Die beiden Boxer trafen sich am Anfang der 1. Runde in der Ringmitte und tatsteten sich vor allem aus der Mitteldistanz ab. Sowohl Michel als auch Porozovs agierten Beide aus einer hohen Deckung.

Zu Beginn der 2. Runde kam Michel gut mit der rechten Schlaghand durch. Der Schlag schien Wirkung zu zeigen und Porozovs begann unmittelbar danach zu klammern. Wenig später konnte Michel erneut eine links-rechts Kombination ins Ziel bringen. Jetzt ging der Lette zu Boden. Dieser konnte allerdings wieder aufstehen und den Kampf relativ unbeeindruckt fortsetzen.

Die gute Stimmung der Fans war in der 3. Runde deutlich spürbar. Die Zuschauer im Traunreuter Felsenkeller feuerten Lokalmatador Michel lautstark an. Trotzdem begann Porozovs, mit 187 cm etwa 6 cm größer als Michel, zeitweise seine Größenvorteile auszuspielen. Michel fintierte im Rest der Runde viel. Weitere deutliche Treffer konnte der ehemalige deutsche Meister der Amateure jedoch nicht landen.

Foto: Klickfinger

Mit einer Overhand Right konnte Michel in der 4. Runde einen Wirkungstreffer erzielen. Serge ging jedoch nicht hinterher, um einen Niederschlag zu erzwingen. Im Rest der Runde konnte Porozovs die Distanz gut halten. Dafür musste Porozovs noch nicht einmal viel Beinarbeit einsetzen. Das lag auch daran, dass Michel zu wenig im Vorwärtsgang war.

Serge Michel schien auch in der 5. Runde erneut Wirkungstreffer erzielen zu können. Sowohl mit der linken als auch mit der rechten Hand fand er immer wieder ein Weg durch Porozovs Deckung. Im Infight konnte sich der Bayer gut behaupten. Er hätte dieses Stilmittel auch durchaus mehr einsetzen können, um dem größeren Letten seine Distanzvorteile zu nehmen.

Ab der 6. Runde war der Traunreuter dann mehr im Vorwärtsgang. Porozovs kam im Gegenzug allerdings auch häufiger mit Schlägen, insbesondere zum Körper, durch.

Spätestens ab der 7. Runde merkte man beiden Boxern die Müdigkeit an. Die Schläge wurden weniger sauber und es wurde auch mehr geklammert. Serge Michel, der für sein Heimpublikum glänzen wollte, sprang nun teilweise etwas ungestüm in den Infight. In der Folge einer dieser Szenen drückte Porozovs Michel nach unten und hätte fast schwere Treffer landen können. Letztlich kam Michel jedoch ungestraft davon.

In der 8. und damit letzten Runde ging es teilweise recht wild zu. Beide Boxer gaben nochmal Gas. Mittlerweile schien Beiden jedoch die Kondition und auch die Konzentration für entscheidende Treffer zu fehlen.

Foto: Klickfinger

Der Kampf war ein guter erster Test für Serge Michel in der neuen Gewichtsklasse. Die Punktrichter entschieden sich einstimmig für den Punktsieg des Lokalmatadors. Im Interview nach dem Kampf ließ Serge durchblicken, dass das neue Gewicht und auch ein wenig Ringrost durchaus ein Faktor im Kampf waren. Von dem ehemaligen Weltklasseamateur ist zu erwarten, dass er nach 1-2 weiteren Aufbaukämpfen in der neuen Gewichtsklasse einen großen internationalen Titel ins Auge fassen wird.

Fedor Michel besiegt Veteran und Ex-Weltmeister Kassim Ouma

In dem anderen Hauptkampf des Abends boxte der jüngere Bruder von Serge Michel, Fedor Michel (6-0-0), gegen Kassim Ouma (29-17-1). Die ehemaligen Gegner von Ouma lesen sich wie ein Who-is-Who des Boxens. Gennadiy Golovkin, Jermain Taylor, Vanes Martirosyan, Kamil Szeremta und Gabriel Rosado zählten schon zu seinen Gegnern. 2004 war Ouma sogar IBF-Weltmeister im Halbmittelgewicht. Hervorragendes Matchmaking also für den jungen Fedor Michel.

Der Kampf zwischen den beiden Athleten fand im Supermittelgewicht statt. In dieser Gewichtsklasse hatte Ouma, der seine Karriere im Halbmittelgewicht begann, erkennbare physische Nachteile. Dazu kam ein Größenvorteil von 12 cm für Fedor Michel.

Foto: Klickfinger

In der 1. Runde schlug Michel die Führhand relativ häufig. Der Deutsche war beweglich und konterte viel mit Einzelhänden. Ouma fand dabei kein Mittel, um die Distanz zu überbrücken. Zum Ende der Runde ging Michel mehrfach mit Kombinationen aus mehreren Händen in die Offensive.

Mit Selbstbewusstsein startete Michel in die 2. Runde. Er streute häufiger die rechte Schlaghand ein. Auch konterte Michel nicht mehr nur mit einzelnen Händen, sondern antwortete in der Regel mit ganzen Schlagsalven. Die Schnelligkeitsvorteile des 20-jährigen Michel gegenüber dem 43-jährigen Ouma waren jetzt unübersehbar.

Zu Beginn der 3. Runde stellte Ouma, der in Uganda geboren wurde, Fedor Michel an den Ringseilen. Ouma konnte einige Treffer landen, doch erneut konterte Michel gut. In dem resultierenden Schlagabtausch konnte Michel seinen Gegner mit einem rechten Aufwärtshaken niederschlagen. Während des Rests der Runde ließ der Traunsteiner immer wieder seine Deckung fallen, um Ouma in einen Schlagabtausch zu locken.

Foto: Klickfinger

Ouma, der mittlerweile in Amsterdam wohnt, ging auch in der 4. Runde tapfer nach vorne. Allerdings ging seine Schlagzahl deutlich runter. Michel konnte daher auch diese Runde deutlich gewinnen.

In der 5.Runde war der Kampf auf den Punktzetteln eigentlich schon entschieden. Michel zeigte sehr gute Beinarbeit und ließ sich auf keinen unnötigen Schlagabtausch ein. Obwohl Michel in dieser Runde mit vielen schnellen Treffern punkten konnte, blieben echte Wirkungstreffer aus.

Ouma, der auf den Punktzetteln gegen den Heimkämpfer Michel hoffnungslos zurücklag, griff in der 6. und letzten Runde nochmal konsequent an. Das gab Michel jedoch nur die Möglichkeit, den Veteranen an den Ringseilen zu stellen und erneut mit Kombinationen einzudecken.

Foto: Klickfinger

Die Punktrichter gaben den Kampf erwartungsgemäß einstimmig an Michel. Der deutete im folgenden Interview im Ring an, dass er als nächstes gerne um eine Juniorenweltmeisterschaft boxen würde.

Siege für Rigas-Brüder und Traunsteiner Lokalmatadoren Mileschko und Beck

Auf der Undercard konnten einige Boxer aus der Region deutliche Siege einfahren. Debütant Artur Mileschko, Waldemar Beck (1-0-0) und Michael Rigas (3-0-0) konnten jeweils in der 1. Runde vorzeitig gewinnen. Alexander Rigas (15-2-0) musste über die vollen 6 Runden. Jedoch konnte auch er sich mit einer einstimmigen Entscheidung gegen den starken Tschechen Patrick Fiala (4-1-0) durchsetzen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Kampfabend im ausverkauften Traunreuter Felsenkeller eine sehr erfolgreiche Veranstaltung war. Die Fighcard mit vielen Boxern aus der Region hat zweifelsfrei zu einer tollen Stimmung beigetragen. Gut möglich, dass es in Traunreut schon sehr bald wieder eine Profibox-Veranstaltung geben wird.

4.9/5 - (44 votes)

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein