Es liegt schon etwas zurück, dass ich das letzte Mal Tagebuch geschrieben habe… Diesmal mache ich es anders – ich will auch nicht so viel schreiben…
Ich komme also gleich zu „DEM MOMENT“. Mein Moment des Tages.
Ich kann Euch gar nicht genau sagen, wann es genau war, ich glaube es war kurz bevor Daniel Dubois die Bühne nach dem Wiegen wieder verließ. Er schaute in meine Richtung, aber er schaute nicht zu mir, er schaute hinter mich. Und dann nickte er, als wollte er jemandem etwas sagen.
Ich glaube in dem ganzen Trubel hat das niemand mitbekommen, aber ich habe es gesehen – und ich drehte mich wirklich ruckartig um, weil ich wissen wollte, zu wem Daniel Dubois schaute…
Und hinter mir, nicht direkt hinter mir, aber hinter mir auf der Moderatorentribüne stand Lennox Lewis, der letzte britische Undisputed Champion im Schwergewicht, der in Daniel Dubois Richtung schaute und durch mein schnelles ruckartiges Umdrehen dann auch einen kurzen Moment zu mir.
Daniels Nicken galt Lennox Lewis, die beiden hatten Botschaften ausgetauscht.
Ich hatte nur Daniel gesehen und nicht Lennox Lewis im Zeitpunkt ihrer Kontaktaufnahme über die Distanz.
Was hatte das Nicken zu bedeuten? Vielleicht: Ich werde es Dir nachtun? Ich werde der nächste britische unumstrittene Weltmeister im Schwergewicht. Oder war es nur ein anerkennendes Nicken? Oder hatte Daniel zu sich selbst gesagt, da will ich hin.
Ich weiß es nicht – aber das war wirklich ein GANZ BESONDERER MOMENT.
Ich habe mir dann im Nachhinein Interviews von Lennox Lewis zu dem bevorstehenden Kampf angeschaut. In den Interviews, die ich gesehen habe, hat Lennox Lewis nicht gesagt, wer den Kampf aus seiner Sicht gewinnen wird. Ich glaube, er hat gesagt, dass wenn der Kampf über die Distanz gehen wird, dann wird Usyk ihn gewinnen, aber Daniel Dubois hätte definitiv seine Chance und es sei nicht der Daniel Dubois aus dem ersten Kampf. Diesmal sei es ein ganz anderer Daniel Dubois. Lewis sprach sehr anerkennend über ihn. Er dürfe die Tür zum Undisputed Thron nicht vorsichtig öffnen, sondern müsse sie mit aller Gewalt eintreten. Von den beiden sei er der körperlich stärkere, der natürliche Schwergewichtler. Er müsse mit allem, was er habe, auf Usyk einschlagen und Usyks Schwächen ausnutzen – und auch Usyk hätte Schwächen, Lewis nannte hier vor allem Körpertreffer.
Usyk ist wohl der Favorit, aber alles ist möglich…
Wen seht Ihr als Sieger?
Nach den Wettquoten liegt – laut ChatGPT – die Gewinnwahrscheinlichkeit für Usyk bei 75 – 80% und für Daniel Dubois bei 20 – 25%.
Einen Tag vor meinem Abflug nach London hatte ich erst realisiert, dass ich mich jetzt für die Einreise vorab – vergleichbar mit dem ESTA in den USA – elektronisch anmelden muss und die Genehmigung bis zu drei Tage dauern kann… was für ein Stress! Aber es hat alles dann doch gut funktioniert.
Auf dem Weg zum Wiegen, das im Boxpark nahe dem Wembleystadion stattgefunden hat, bin ich übrigens an einem Plakat vorbeigelaufen, mit dem der Mayor of London wirbt, und auf diesem ist ein Foto zu sehen, dass Jugendliche beim Boxtraining zeigt. Da sieht man, welchen großen Stellenwert der Boxsport in England einnimmt. Für Deutschland undenkbar.
Überraschend war für mich, dass die anwesenden Fans für Usyk wohl lauter waren als für Daniel Dubois, ihren einheimischen Kämpfer. Allerdings muss man sagen, dass auch wirklich viele Ukrainer beim Wiegen waren und Usyk hat mittlerweile so oft gegen Engländer und hier in England geboxt (und immer gewonnen), dass er für die englischen Fans kein Unbekannter mehr ist und von vielen wegen seiner überragenden technischen Fähigkeiten auch als Ausnahmetalent sehr geschätzt wird.
Beim Wiegen habe ich viele Bekannte gesehen – und bin tatsächlich auch von dem Cutman des georgischen Hoffnungsträgers und Bronzemedailliengewinners Lasha Guruli, der im Vorprogramm seinen zweiten Profikampf bestreitet, auf meine Instagram-Boxkunstseite angesprochen worden. Es ist beeindruckend, wie groß dieses Thema geworden ist. Die Seite ist mittlerweile weltweit bekannt.
Tatsächlich bin ich auch mit einem Original-Bild aus meiner Sammlung hier in London. Das Bild zeigt den ersten Kampf von Tyson Fury und Oleksandr Usyk, ist von dem bekannten Hall of Fame Künstler Richard T. Slone gemalt und wurde groß in der englischen Boxing News anlässlich des Kampfes gezeigt. Ich möchte das Bild von beiden Kämpfern signieren lassen. Hierbei wird mir Spencer Brown, der Manager von Tyson Fury, helfen: „We get it done, Ingo, no worries.“ Spencer Brown kenne ich gut. Er hält immer sein Wort. Tyson Fury soll heute signieren und – wenn alles funktioniert – Oleksandr Usyk morgen…
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Spencer war übrigens in Begleitung von Agit Kabayel… der von ihm gemanagt wird – das habe ich dann natürlich auch gleich noch für ein gemeinsames Foto genutzt… das konnte ich mir doch nicht entgehen lassen – ein gemeinsames Foto mit dem nächsten deutschen Schwergewichtsweltmeister…