500.000 Dollar für einen Ringplatz, 400 Millionen Dollar Kampfbörse: Das Boxduell zwischen Pacquiao und Mayweather jr. sprengt finanzielle Grenzen. Und auch der VIP-Andrang soll es in sich haben.
Ein Bericht von Gunnar Meinhardt
Muhammad Ali wäre nicht Muhammad Ali, wenn er sich irgendetwas gefallen lassen würde. Schon gar nicht von einem wie Floyd Mayweather jr, der doch tatsächlich die Dreistigkeit besessen hatte, sich dieser Tage über den „Größten“ zu erheben. „Don’t you forget, I am the greatest!“, twitterte Ali nunmehr zurück. „Vergiss nicht, ich bin der Größte“. Dass Mayweather jr., 38, die Aufforderung der an Parkinson erkrankten Lichtgestalt des Preisboxens beherzigt, ist nicht anzunehmen. In seiner beispiellosen Selbstherrlichkeit hält sich der Narziss nun mal für alle Ewigkeit unbesiegbar.
Noch ist seine Kampfbilanz makellos. Noch wohlgemerkt. Denn mit einem wie Manny Pacquiao stand der extrovertierte US-Boy in seinen bisherigen 47 Kämpfen noch nicht im Ring. Lange konnte er dem allseits geliebten Filipino aus dem Weg gehen, doch jetzt gibt es kein Entrinnen mehr. Mayweather jr. versus Pacquiao ist das Duell, auf das die Boxwelt seit sechs Jahren sehnsüchtig gewartet hat. Beide gelten als die Besten ihrer Zunft, auch Gewichtsklassen übergreifend. Doch wer ist nun der Allerbeste auf diesem Planeten? „Money“ Mayweather jr., Weltmeister der WBC und WBA, oder „PacMan“ Pacquiao, der Champion der WBO? Am Sonntagmorgen werden wir es in der MGM Grand Garden Arena von Las Vegas endlich erfahren.
Pacquiaos bitterste Niederlage
Schon einmal boxten beide auf einer Veranstaltung. Damals allerdings nicht gegeneinander. Es war am 10. November 2001 im Bill Graham Civic Auditorium in San Francisco, als Mayweather jr. gegen den Mexikaner Jesus Chavez seinen WBC-Titel im Superfedergewicht verteidigte. Er war der Kassenschlager des Abends. Für Pacquiao, IBF-Weltmeister im Superbantamgewicht, endete der zweite Auftritt in Amerika enttäuschend. Seinen Titelvereinigungskampf gegen WBO-Champion Agapito Sanchez aus der Dominikanischen Republik stoppte der Ringarzt in Runde sechs. Mit blutüberströmtem Gesicht hatte er nach zwei Kopfstößen seines Gegners die Entscheidung zu akzeptieren. Gewertet wurde der Kampf als Unentschieden.
„Sanchez war der schmutzigste Fighter, gegen den ich jemals gekämpft habe“, sagt Pacquiao der „Welt“. Mehr blieb in seinem Gedächtnis von diesem unheilvollen Abend nicht hängen. An den Kampf von Mayweather kann er sich genauso wenig erinnern, wie dieser sich an seinen. Anders Bob Arum, Pacquiaos jetziger Promoter, damals noch der Strippenzieher von Mayweather. „Ich wusste nicht, was ich an Manny gut finden sollte. Es war ein grausamer Kampf“, erzählt der 83-Jährige. Seinen Fokus richtete er lieber auf Mayweather, ihn wollte er zum Superstar aufbauen. Bis 2006 durfte Arum das, dann ging der „Undankbare“ eigene Wege. Für Mayweather jr. kam Pacquiao – bis heute die größte Attraktion in Arums Imperium.
Hype wie bei Muhammad Ali
Wenn Arum jemand vor 14 Jahren prophezeit hätte, dass Mayweather jr. und Pacquiao im Frühjahr 2015 den gewinnträchtigsten Kampf der Boxgeschichte bestreiten würden, hätte er denjenigen für „geisteskrank“ erklärt. Von Pacquiao wusste er nur, dass er von den Philippinen kam. Bezahlsender HBO hatte den Rechtsanwalt a. D. überredet, den schmächtigen Asiaten auf seiner Veranstaltung boxen zu lassen. Arum tat’s – dem Sender zum Gefallen. Ansonsten interessierte ihn der Debütant herzlich wenig. „Ich wechselte keine Silbe mit Manny.“ Wie sollte er auch, Pacquiao sprach kein Wort Englisch.
„Ist das nicht eine schöne Geschichte?“, fragt Arum, der seit einem halben Jahrhundert im Boxbusiness die Fäden zieht. Keine Frage. Die schreibt nur das Leben, im speziellen Falle der Sport. Niemand konnte erahnen, dass das Preisboxen eines Tages durch Mayweather jr. und Pacquiao einen solchen Hype erleben würde wie beim Jahrhundertkampf vor 44 Jahren, als es Muhammad Ali und Joe Frazier in New York zum ersten Mal krachen ließen. Allerdings generierten die Schwergewichtler seinerzeit nicht annähernd so viele Millionen wie jetzt die wesentlich leichteren Weltergewichtler (maximal 66,678 kg). Damals gab es auch noch kein Pay-Per-View. Und das Digitalzeitalter mit seinen sozialen Netzwerken existierte noch nicht mal in den kühnsten Fantasien. „Die vielen Plattformen machten eine nie erlebte Turbowerbung möglich“, schwelgt Leslie Moonves, Fernsehchef von CBS, bei dem Mayweather jr. unter Vertrag steht.
500.000 Dollar für einen Ringplatz
Die Geschäftemacher reiben sich schon jetzt die Hände. Die Einnahmen werden astronomische Dimensionen erreichen. Von unfassbaren 400 bis 500 Millionen Dollar ist inzwischen die Rede. Mayweather jr. , so wird geschätzt, scheffelt rund 180 Millionen, Pacquiao etwa 120 Millionen Dollar. Egal, wie hoch die Summe seiner Börse sein wird, die Hälfte werde Manny in seiner Heimat in Charity-Projekte investieren, sagt Arum.
So wie Mayweather jr. ist auch Pacquiao an allem, was im Zusammenhang mit ihrem Kampf zu Geld gemacht wird, prozentual beteiligt. Wie nicht anders zu erwarten, brummt das Business in der Zockermetropole ohne Ende. Sämtliche 124.270 Hotelzimmer sind belegt. Eintrittskarten fürs Wiegen und den Kampf gibt es nur noch auf dem Schwarzmarkt. 500.000 Dollar werden für einen Ringplatz geboten. Pacquiao selbst beschenkte Familienmitglieder und Freunde mit 900 Tickets. Kostenpreis: vier Millionen Dollar. Wer bisher noch keinen Zugang für die Ausstrahlung des Kampfes in den 14 MGM-eigenen Casinos entlang des Las Vegas Strip besitzt, schaut in die Leere. Nirgendwo anders darf im Großraum der Millionenmetropole der Fight gezeigt werden. 50.000 Tickets zu je 150 Dollar wurden für den sogenannten „Closed-Circuit“ verkauft, ein Pay-Per-View-Abo kostet normalerweise „nur“ 90 Dollar.
Buchmacher sehen Mayweather jr. vorn
Alles ist bereitet für den Kampf der Kämpfe. Der Countdown läuft. Die zunehmende Spannung ist überall spürbar. Es gibt nur noch ein Thema in der Stadt, wo immer man auch hinhört. Die Promis sind in Scharen im Anflug. Noch wird um deren Namen ein Geheimnis gemacht. „Es gibt einen Auflauf von Stars wie noch nie bei einem Boxkampf“, kündigt Jim Murren, Vorstandschef der MGM-Unternehmensgruppe, an. Einige von ihnen lassen bereits die Champagnerkorken in den Nachtklubs der „Sin City“ knallen. So wie Curtis Jackson, besser bekannt als „50 Cent“. Der Rappmusiker ist Fan von Mayweather jr. 1,6 Millionen Dollar setzt er auf dessen Sieg, von dem auch Oscar-Preisträger Jamie Foxx überzeugt ist. Er wird vor dem Kampf die US-Nationalhymne singen.
Mayweather jr. gilt bei den Buchmachern als leichter Favorit. Das sehen einstige Weltmeister wie George Foreman, Mike Tyson, Roy Jones Jr. oder Oscar de la Hoya etwas anders. Insbesondere der „Golden Boy“ sollte es besser wissen. Schließlich kämpfte er gegen beide. Erst gegen seinen Landsmann, dem er im Mai 2007 umstritten nach Punkten unterlag. Im Jahr darauf beugte er sich Pacquiao durch Aufgabe in Runde acht. Die Niederlage bleibt für de la Hoya auch deshalb unvergessen, weil sie den traurigen Schlusspunkt hinter seine glanzvolle Karriere setzte.
Evander Holyfield glaubt an einen Triumph von Pacquiao. Doch seine Begründung ist eine etwas andere, nachdem Mayweather angekündigt hat, ungeschlagen in diesem Jahr zurücktreten zu wollen. „Das war sehr dumm von ihm. Boxen verbietet einen solchen Abgang“, sagt der einstige Schwergewichts-Champion der „Welt“. „Denn das macht das große Geschäft kaputt. Und daran kann niemand interessiert sein.“ Holyfield vermutet, dass es einen engen Kampf gibt, den die Punktrichter Pacquiao zusprechen werden. Nur wenn Mayweather jr. verliert, kommt es auch zum Rückkampf. Und der, da muss man kein großer Prophet sein, wird noch mehr Geld in die Kassen fließen lassen.