Revanche gegen Hannover geglückt: Nordhausen hält Titelrennen spannend
Autor: Johann Reinhardt / Fotos: Christoph Keil
Erneut ein 11:10, erneut fiel die Entscheidung erst im Superschwergewicht. Diesmal war es allerdings die Nordhäuser Boxstaffel, die nach der schmerzlichen Auswärtsniederlage in der niedersächsischen Landeshauptstadt die Überhand über den BSK Hannover Seelze behielte und erfolgreich Revanche nahm. Die Bundesliga Boxer des Nordhäuser SV blieben dabei ihrer Linie treu und machten es wieder spannend, denn nach drei direkt zum Auftakt verlorenen Kämpfen musste man zur Halbzeit schon Optimist sein, um noch an den Sieg zu glauben.
„Ich habe natürlich immer gehofft, dass wir es noch irgendwie umbiegen können. Die Qualität dazu haben wir, zum Glück haben es unsere Boxer in den folgenden vier Kämpfen auch unter Beweis gestellt“, gibt Chefcoach Andreas Dietrich-Scherfling einen kleinen Einblick in seine Gefühlswelt. Nach dem Sieg im vorletzten Saisonkampf gegen Hannover, sicherten sich die Rolandstädter vorzeitig die Vize-Meisterschaft und dürfen bei Punktgleichheit mit den aktuell führenden Babelsbergern vor dem letzten Auswärtskampf in der Filmstadt am 2. April weiter von der Titelverteidigung träumen. „Auch wenn es sehr schwer wird, wollen wir uns nicht kampflos geschlagen geben“, kündigt Dietrich-Scherfling bereits an.
Der Start in den Boxabend hätte nicht schlechter verlaufen können: NSV-Bantamgewichtler Dias Kuzembaew verletzte sich bei der Erwärmung an der Schulter, konnte nicht antreten und musste Edgar Walth den Sieg kampflos überlassen. „Natürlich war es ein Schlag für uns, so in den Abend zu starten“, erklärt Mannschaftsleiter Michael Döring. Doch es kam noch schlimmer: Kurzfristig verpflichtete Hannovers Trainer Arthur Mattheis mit George Bates, James Cleary und Adam Nolan drei Iren, die von den Nordhäuser Verantwortlichen niemand auf der Rechnung hatte. Während Bates in einem umstrittenen Urteil gegen Radomir Obrusniak gewann, gelang Cleary ein ungefährdeter Sieg gegen Nordhausens Ungarn Victor Gálos. „Victor hat heute leider Lehrgeld bezahlen müssen, aber Radomir sah ich vorne. Er hat für mich die besseren Treffer und klareren Aktionen gesetzt“, zeigte sich Trainer Andreas Dietrich-Scherfling nicht ganz einverstanden mit dem Urteil im zweiten Kampf des Abends.
Nach den drei Niederlagen zum Auftakt, musste in den vier oberen Gewichtsklassen erneut eine Aufholjagd her, um doch noch den so wichtigen Mannschaftserfolg einzufahren. „Natürlich wussten wir um die Klasse unserer Sportler, aber in vier Duellen kann immer eins verloren gehen“, so Dietrich-Scherfling. Den Auftakt und ersten NSV-Sieg des Abends sicherte Balázs Bacskai, der mit Adam Nolan den dritten Iren bezwang. Doch der Erfolg des ungarischen Publikumslieblings, frenetisch Unterstützt durch die Nordhäuser Fans, war keineswegs ein Selbstläufer. Nolan, immerhin Olympiateilnehmer in London 2012, nutzte seine Größenvorteile immer wieder geschickt aus und wusste mit Angriffen durch seine linke Schlaghand zu gefallen. „Es war aufgrund des Größenunterschieds ein schwieriger Kampf für mich und ein wirklicher Prüfstein“, so Bacskai, der sich nach ausgeglichener erster Runde leichte Vorteile erkämpfte und in der dritten Runde von der Verwarnung Nolans profitierte.
Es ging spannend weiter, denn zwischen Jakob Deines, der in Hannover Denis Radovan bezwang, und NSV-Kämpfer Slawa Kerber wurde ebenfalls ein Aufeinandertreffen auf Augenhöhe erwartet. Anders als sein Teamkollege im Hinkampf, wich Kerber durch seine exzellente Beinarbeit den stürmischen Angriffen des amtierenden Deutschen Meisters aber geschickt aus und setzte durch seine starke Technik selbst immer wieder Nadelstiche. „Für mich hat er heute gezeigt, dass er immer noch zur nationalen Spitze gehört“, lobt Dietrich-Scherfling seinen Schützling anschließend. Den Schwung aus den beiden Siegen nahm auch Ibragim Bazuev mit in den vorletzten Kampf des Abends in das Halbschwergewicht gegen Artur Reis. Bazuev zog seine taktische Marschroute gegen den gelernten Kickboxer von der ersten bis zur letzte Runde an durch und ließ den Kampfrichtern keine andere Wahl, als sich für ihn zu entscheiden. „Kickboxer stehen oft auf dem vorderen Bein, deshalb habe ich ihn bewusst kommen lassen und anschließend ausgekontert“, beschreibt Bazuev, aktueller Deutscher-Vizemeister in seiner Gewichtsklasse.
Es lag nun wiederum an Vladimir Ivanov, den Mannschaftserfolg perfekt zu machen. Nachdem er in den ersten drei Aufeinandertreffen mit Prag und Babelsberg jeweils für ein Happy End sorgte, bezwang ihn im Hinkampf erstmals in dieser Saison der Hannoveraner Max Keller. Den schon sicher geglaubten Sieg gab der Russe damals in der dritten Runde durch zwei Verwarnungen noch aus der Hand. „Wir wollten, dass er diesmal von Anfang bis Ende zeigt, dass er der bessere ist“, so Dietrich-Scherfling. Denn genau Keller, im Vorjahr noch im Diensten des NSV, war es auch, der ihm erneut gegenüber stand. Vor heimischer Kulisse ließ Ivanov aber diesmal nix anbrennen. Nachdem er in den ersten beiden Runde klare Treffer setzte, änderte auch das Aufbäumen Kellers in der Schlussrunde nichts mehr am 3:0-Punktsieg des Nordhäusers. „Für die Moral muss ich der Mannschaft ein großes Kompliment machen. Nach dieser Aufholjagd hat der Sieg in meinen Augen eine noch größere Bedeutung“, lobt Dietrich-Scherfling seine Mannen.