Nach 15 Monaten Pause: Nicole Wesner steigt wieder in den Ring

Foto: Daniel Koch
Foto: Daniel Koch

Die gebürtige Kölnerin Nicole Wesner verteidigt am 4. Dezember in Hamburg ihre drei WM-Titel der Version GBU, WBF und WIBF nach einer längeren Ringpause. Wesner hatte dieses Jahr etwas Pech: zunächst fiel ein Kampf im Mai in Deutschland, dann im Juli in Wien aus.

Nicole Wesner verteidigt ihre WM-Titel bei Boxen im Norden in Hamburg

Nach 15-monatiger Ringpause, steigt die Wahl-Wienerin unter Führung ihres Trainers Steven Küchler nun endlich wieder in den Ring. Gegnerin ist die ungeschlagene Diafana Salazar (9-0, 9 KOs) aus der Dominikanischen Republik. „Es ist die erste Gegnerin, von der ich wirklich nichts weiss. Es gibt kein Material von ihr im Netz, kein Video, nix. Aber das Beste ist es sowieso meist, man verlässt sich auf die eigenen Stärken. Ich muss ein paar Sparrings mehr einbauen, damit der Ringrost abgeschüttelt wird. Ich freue mich auf jeden Fall endlich wieder in den Ring zu steigen.“

Foto: Irene Schaur
Foto: Irene Schaur

Damit die Verbände die ihr die Gürtel nicht kampflos aberkennen, musste Wesner Gespräche mit den Weltverbänden führen und um Fristverlängerung bitten.

Die Titelverteidigung im Leichtgewicht wird auf einer Veranstaltung von „Boxen im Norden“ stattfinden. Auf diesem Event wird Rafael Bejaran seinen WBC-Titel verteidigen. In weiteren Kämpfen werden Jürgen Doberstein, Sebastian LoZito, Malik Zinad (der vom früheren WBA und WBC Weltmeister Donny Lalonde trainiert wird) sowie der Wiener Boxer Mansur Elsaev zu sehen sein.

Dass ihre kommende Gegnerin kein Maßstab ist, weiß auch Wesner: „Nach 15 Monaten Ringpause, ist das ein Kampf, damit ich wieder rein komme. Es laufen aber bereits Verhandlungen für 2017.“ Grund genug also, ihr im Interview einige Fragen zu stellen.

Vor nächstem Kampf: Nicole Wesner im Interview

Nicole, einige Fans wünschen sich ein Duell mit Ikram Kerwat oder Ramona Kühne – könnten diese Kämpfe zustande kommen?

Nicole Wesner: Ikram interessiert mich seit ihrem Kampf gegen Ramona eigentlich nicht mehr. Dafür hat sie den Kampf gegen Ramona einfach zu deutlich verloren. Sie wollte ja schon in der dritten Runde aufgeben und ein früheres Sparring zwischen den beiden verlief ähnlich. Ich habe mit Ramona sicher schon über hundert Sparringsrunden gedreht, selbst als ich noch eine ziemliche Anfängerin war. Daher bin ich mir ziemlich sicher, dass der Kampf mit Ikram nicht lange geht und für die Zuschauer langweilig wäre. Vielleicht würde ich den Kampf annehmen, wenn ein gutes Angebot kommen würde, damit ich das Geld wieder für den Sport verwenden kann. Ramona wäre dagegen schon interessanter. Sie ist nicht meine erklärte Wunschgegnerin, dafür habe ich einfach andere Frauen anvisiert. Prinzipiell interessieren mich die deutschen Frauen nicht so sehr, weil ich lieber mit Ihnen Sparring mache, als gegen sie zu boxen. Aber ich würde den Kampf machen, weil ich denke, dass die Boxfans den Kampf sehen wollen.

Wo wir einmal bei möglichen Gegnerinnen sind: wer ist deine Wunschgegnerin und welche Titel möchtest du als nächstes anvisieren?

Nicole Wesner: Ich visiere eher Gegner als Titel an. Die Titel sind dann eher eine Konsequenz daraus. Ich kann prinzipiell ja die gleichen Gegner boxen wie von anderen Verbänden. Das Wichtigste ist, sich boxerisch immer weiterzuentwickeln und den Zuschauern spannende Kämpfe zu zeigen, in denen sie mitfiebern können. Ich würde gerne Eva Wahlström (WBC Weltmeisterin Superfeder) oder Victoria Bustos (IBF Weltmeisterin im Leichtgewicht) boxen. Langfristig wäre Delfine Persoon das Ziel. Aber Schritt für Schritt das Ganze, erstmal muss ich diesen Kampf gewinnen.

Das Boxen in Deutschland scheint auf einem absteigenden Ast zu sein. Sinkende Quoten, teilweise schlechte Matchmakings im Free-TV. Wie siehst Du die allgemeine Situation im deutschen Profiboxen, speziell bei den Frauen?

Nicole Wesner: Wir müssen mehr für die Zuschauer boxen. Es wird zuviel für die Statistik und Boxrec und zuwenig für die Zuschauer geboxt. Ich nehme mal als Gegenbeispiel Mixed Martial Arts insbesondere die UFC. Da werden die Matchmakings gemacht, ob der Kampf spannend für die Zuschauer sein wird, z.B. ein Striker gegen einen Bodenkämpfer. Es ist nicht wichtig, welchen Kampfrekord Du hast oder ungeschlagen bist, sondern ob Du einen guten Kampf lieferst. Wir haben zu viele 70-30, 80-20 oder gar 90-10 Kämpfe, die einfach nicht spannend sind für die Zuschauer. Wenn man in einen Kinofilm geht und man weiss nach der ersten Minute wie der Film ausgeht oder wenn der Film gar nach ein paar Minuten schon endet, obwohl ich mich auf einen spannenden Film gefreut habe, dann vergeht mir einfach die Lust aufs Kino.

Foto Nicole Wesner
Foto: Irene Schaur

Ich denke die TV-Sender sind am langen Hebel und den sollten sie auch nutzen. Zum Beispiel Anreizsysteme finden für Einschaltquoten und PPV. Auch unbekanntere Boxer ohne TV-Vertrag sollten die Möglichkeiten haben, interessante Matchmakings aufzustellen. Durch ein leistungsorienteres Anreizsystem sollte jeder Boxer die Möglichkeit haben mitzuspielen. Derzeit ist es so, dass große Boxställe Geld von einem TV-Sender bekommen und dann agieren sie nach eigenem Ermessen. Mit entsprechenden Anreizsystemen könnte das Boxen total verändert werden und kleine Boxställe bzw. Boxer ohne TV-Vertrag könnten sich hocharbeiten über gute Matches. Man müsste Kriterien finden, die das Interesse nach Kämpfen beurteilen via Stream, PPV und TV und das Interesse entsprechend vergüten.

Wenn man sieht, dass ein Boxer eine Nachfrage im Stream oder PPV bringt, dann kann man überlegen ihn im TV zu zeigen. Ich denke aber auch, dass TV-Sender mehr Cross-Selling betreiben könnten. Die Sender haben viele unterschiedliche TV-Formate, in denen sie Boxer einbinden könnten. Boxen ist eine magische Sportart und hat schon immer fasziniert. Ich hoffe, dass die verantwortlichen Personen in den TV-Sendern mehr über neue Wege nachdenken, statt den Sport aufzugeben. Für die Frauen gilt das gleiche wie für die Männer. Der Unterschied ist, dass viele denken, wenn die Männer derzeit nicht die Einschaltquoten bringen, dann werden sie die Frauen erst recht nicht bringen und das ist ein Denkfehler. Es gab immer wieder Frauen, die für gleiche oder bessere Einschaltquoten gesorgt haben. Es sind zwar Ausnahmen, aber dennoch sieht man daran, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat. Das größte UFC Event der Geschichte, die UFC 193, hatte als Hauptkämpfe Damenkämpfe!

Du boxt bisher auf eigene Faust, hast keinen Promoter im Rücken. Gab es Angebote von Promotions?

Nicole Wesner: Ja ich hatte schon ein paar Angebote. Ich bin nicht auf der Suche, aber offen für Gespräche. Hat alles Vor- und Nachteile, ob man alles selbst macht oder ob man sich bindet. Wenn man alles selbst macht, dann kann man seine eigenen Visionen umsetzen und daher manage ich mich bis jetzt selbst.

Nähere Infos zur Fightcard und der Veranstaltung werden in Kürze veröffentlicht. Die Tickets sind
bereits via eventim.de erhältlich.

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