….und hat einen WM-Kampf im Visier
Es grenzt an ein Wunder: Vor einem Jahr wäre Manuel Charr nach einer Schießerei in einem Essener Restaurant fast gestorben. Jetzt steht der Schwergewichtsboxer nicht nur wieder im Ring, sondern gewann am Samstagabend in der EWS Arena in Göppingen den renommierten WBA International Titel und hat einen WM-Kampf im Visier.
„Ich danke Gott, meiner Familie, meinem Team und meinen vielen Fans, die immer an mich geglaubt haben“, sagte der neue International Champion direkt nach dem Kampf. „Viele haben es nicht für möglich gehalten, dass ich überhaupt wieder boxe, aber ich habe gezeigt, dass man jedes Ziel erreichen kann, wenn man den Willen dazu hat und bereit ist, hart zu arbeiten.“
Am 2. September 2015 wurde Charr insgesamt drei Mal in den Bauch geschossen und lebensgefährlich verletzt. Er überlebte nur dank einer stundenlangen Notoperation. Für jeden andere Profisportler wäre das wohl das Karriereende gewesen. Nicht so für den „Diamond Boy“, der sich und seinen Fans über die sozialen Netzwerke noch aus dem Krankenhaus schwor, dass er zurückkommen werde.
Zwölf Monate später hat Charr seine Ankündigung wahr gemacht. Gegen den zuvor ungeschlagenen albanischstämmigen Schweizer Sefer Seferi siegte der 31-Jährige einstimmig nach Punkten. Der physisch stärkere Charr dominierte den Kampf, doch Seferi hielt in den ersten Runden gut dagegen und konnte seinerseits saubere Treffer landen. Je länger das Duell dauerte, desto mehr übernahm der „Diamond Boy“ die Kontrolle und schickte seinen Gegner in der zehnten und letzten Runde zu Boden.
Am Ende werteten alle drei Punktrichter zu Gunsten von Manuel Charr, der in der Weltrangliste von Platz 7 einen weiteren Sprung nach vorne machen wird und damit zu den heißesten Anwärtern auf den im Moment vakanten WBA-Weltmeisterschaftstitel gehört.
„Wir wollen nicht zu viel versprechen, aber wir führen gerade Gespräche und hoffen auf ein großes Event noch vor Jahresende“, so Charrs Manager Christian Jäger.
Dass der „Diamond Boy“ überhaupt wieder in der körperlichen Verfassung ist, Titelkämpfe zu bestreiten, hat er auch Jäger und dessen Team zu verdanken. Seine Vorbereitung absolvierte Charr im Easymotionskin Camp im österreichischen Seefeld.
„Das war das beste Trainingslager meiner Karriere“, sagt der 31-Jährige. „Ohne die optimalen Bedingungen in den Alpen wäre ich mit Sicherheit nicht so schnell so fit geworden. Mein Trainer Jopo Pötschger hat mit seinem ganzen Team überragende Arbeit geleistet.“
Auch wenn er mit dem Gewinn des International-Titels einen großen und beeindruckenden Schritt zurück in die Weltspitze gemacht hat, will sich Manuel Charr nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern so schnell wie möglich wieder in den Ring steigen.
„Ich gönne mir jetzt eine Woche Pause, dann geht es direkt wieder nach Seefeld zum Training“, so Charr. „Ich freue mich schon auf die kommenden Herausforderungen.“
Neben seiner sportlichen Karriere engagiert sich der Schwergewichtler für die Integration von Flüchtlingen und kämpft außerhalb des Rings für Frieden in seiner Heimat Syrien. „Da ich selber als Flüchtling nach Deutschland gekommen bin, weiß ich, wie schwer es für junge Menschen ist, sich in einem neuen Umfeld zurechtzufinden. Ich kenne auch die Vorurteile und möchte dabei helfen, die Menschen einander näher zu bringen. Nur gemeinsam können wir es schaffen, die Kriege und Konflikte auf der Welt zu beenden.“
Quelle: Gregor Schmidtbauer, digital-SPORTS