Machs gut „Milde“ – Nachruf auf einen Freund

Gestern starb die deutsche Boxsport-Legende Karl Mildenberger. Hier auf einem Foto (links) bei mir zuhause in Deutschland, rechts Ex-Halbschwergewichts-Europameister Rüdiger Schmidtke. Karl Mildenberger der durch seinen WM-Kampf gegen Muhammad Ali Weltrum erlangt hat, war Europameister im Schwergewicht und Ehrenmitglied des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB).

Ebby Thust gedenkt der deutschen Boxlegende Karl Mildenberger

Diese 40. Kalenderwoche des Jahres 2018 ist eine traurige Woche für den deutschen Berufsboxsport. Am Dienstagmorgen kam die Nachricht, dass in der Nacht zuvor mein Freund und einer der besten deutschen Boxer der letzten 50 Jahre, Graciano Rocchigiani in Italien tödlich verunglückt ist. Und nun, in der gleichen Woche, nur drei Tage später am Freitagabend, die Nachricht. „Karl Mildenberger verstorben.“
Zwei Tiefschläge in einer Woche für den deutschen Boxsport. Während Gracianos Tod die Box-Welt schockierte, weil er mit 54 Jahren noch mitten im Leben stand und auch gesund war, musste man bei Karl Mildenberger damit rechnen, einmal schon wegen seines hohen Alters von 80 Jahren und auch deswegen, weil schon seit längerer Zeit durchgedrungen war, dass es Karl gesundheitlich nicht mehr so gut ging. Aber es ist eben doch ein Schock, wenn man dann mit der Nachricht über den Tod eines Freundes konfrontiert wird. Der Tod ist etwas Unbegreifliches, etwas Endgültiges, einfach nur grausam.
Der Name Karl Mildenberger war für mich schon ein Begriff als ich noch zur Schule ging und ich damals oft die Boxplakate an den Litfaßsäulen im Frankfurter Raum sah. Ich erinnere mich noch, es war Ende 1964, als ich „Milde“, wie ihn seine Freunde nannten, dann als Sechszehnjähriger Teenager das erste Mal live in der Frankfurter Festhalle im Ring erlebte, als er den US-Amerikaner Billy Daniels in der 3. Runde schwer ausknockte. Von da an war er für mich „Karl der Große“, das Idol meiner Jugend. Das liegt nun schon 54 Jahre zurück. Ich bin im Stadtteil Frankfurt-Sossenheim geboren und aufgewachsen und nur 7 km weiter in Bad Soden war das Trainingscamp von Karl Mildenberger, die Boxschule von Bruno Müller und dessen Sohn Wolfgang. Was also lag näher als ab und an, meist vor großen Kämpfen mit dem Fahrrad nach Bad Soden zu fahren und meinem Idol beim Training zuzuschauen.

Ein Foto mit 5 deutschen Boxlegenden, von links neben mir: Ex-Weltmeister Eckard Dagge, Ex-Europameister Rüdiger Schmitdtke, Ex-Europameister Lothar Stengel, unten sitzend: Ex-Deutscher Meister Frank Reiche und Ex-Europameister Karl Mildenberger als Ehrengast bei meiner Veranstaltung in der Bad Homburger Tennis Bar, wo damals Graciano Rocchigiani den Hauptkampf machte.

Und dann kam das Jahr 1966. Es war kurz von meinem 19. Geburtstag und zu dieser Zeit ging ich mit meinem Freund Rüdiger Schmidtke, der spätere Europameister im Halbschwergewicht, sehr oft nach Frankfurt in die Sportschule Petrescu. Gemeinsam mit Rüdiger hatte ich mich im März dieses Jahres beim Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) als Mitglied angemeldet, weil er ohne vorherige Amateurlaufbahn, Profiboxer wurde und ich als sein Freund natürlich immer hautnah dabei sein wollte. Rüdiger Schmidtke wechselte später auch ins Boxcamp von Wolfgang Müller, dass dann später eine Ortschaft weiter, nach Kelkheim umgezogen ist, wo auch Milde trainierte. Aber an diesem Tag im September 1966 begegnete ich in der Sportschule Petrescu das erste Mal in meinem Leben dem „Greatest of all Time“ Muhammad Ali, der vor seinem Kampf gegen Karl Mildenberger in der Sportschule Petrescu trainierte. In meinem späteren Leben traf ich Ali dann aber noch mehrmals.

Eine Erinnerung beim Besuch von Karl Mildenberger bei mir zuhause in Niedernhausen-Wildpark

Am 10. September fand dann im Frankfurter Waldstadion der Kampf statt, der Karl Mildenberger in der gesamten Box-Welt berühmt machte, der Kampf gegen Muhammad Ali. Ich erinnere mich noch genau, ich hatte eine Funktionärskarte von Wolfgang Müller ergattert und konnte mich im abgesperrten Innenraum des Frankfurter Waldstadions frei bewegen. Ich saß dann in der zweiten Reihe am Ring, genau hinter dem Schauspieler Jean-Paul Belmondo und der Schauspielerin Ursula Andres. Karl machte einen großen Kampf, wurde aber dann in der 12. Runde vom Ringrichter wegen mehrerer Kopftreffer und einer Augenbraunverletzung aus dem Kampf genommen. Aber durch diesen Kampf fand Karl Mildenberger Einzug in die Boxanalen.

Hier ein Foto am Rande eines WM-Kampfes von Dariusz Michalczewski in der Frankfurter Festhall, links die deutsche Schauspielerin Kleo Kretschmer.

Ich war auch dabei als dann Karl ein Jahr später in der Radrennbahn des Frankfurter Waldstadions in einem Ausscheidungsturnier um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht gegen den Argentinier Oscar Rino Bonavena antrat und eine wahre Schlacht schlug. Hier war Karl viermal am Boden schaffte es aber doch über die volle Distanz von 15 Runden und verlor ehrenvoll nach Punkten. Aber schon drei Monate später verteidigte Karl schon wieder seinen Europameistertitel im zweiten Kampf gegen seinen Freund und Stallgefährden Gerhard Zech und auch hier ging er wieder über 15 Runden. Es war die Zeit wo ich Karl immer besser kennenlernte und wir Freunde wurden.

Boxplakat vom WM-Kampf zwischen Karl Mildenberger vs Muhammad Ali im Frankfurter Waldstadion.

Als Karl dann im September 1968, vor fast exakt 50 Jahren die Handschuhe an den berühmten Nagel hängte, war ich es der bald anfing mit meinem „Hessen-Box-Team“ selbst zum Boxpromoter zu werden. Und immer, wenn ich Karl angerufen und zu meinen Boxveranstaltungen eingeladen habe, kam er. So saß er auch bei meinen Dinner-Boxveranstaltungen in der exklusiven Bad Homburger Tennis Bar am Ring, als damals Graciano Rocchigiani den Hauptkampf bestritt. Auch zu meinen Veranstaltungen im Frankfurter Zoo-Gesellschaftshaus mit Willi Fischer und den beiden jungen Klitschko-Brüdern, saß Karl mit seiner Frau Miriam am Ring. Wir trafen uns immer wieder und immer öfters bei festlichen Anlässen, wie dem Sportpresseball in der Frankfurter Alten Oper und auch seinen 60.Geburtstag feierten wir noch zusammen. Karl war auch Gast bei mir zu Hause in meiner Villa im Wildpark in Niederhausen, als ich noch in Deutschland wohnte. Hiervon zeugen noch unzählige tolle Fotos.

Die deutsche Boxgemeinde verneigt sich von einem ihrer Größten in der Geschichte des deutschen Berufsboxsports.  Karl Mildenberger war genau wie auch ich, Ehrenmitglied des Bundes Deutscher Berufsboxer, in dessen Namen ich Karls Ehefrau Miriam und der gesamten Familie unser aufrichtiges, tief empfundenes Beileid übermitteln möchte. „Mach´s gut Milde, ich bin stolz darauf, dass ich dein Freund sein durfte.“

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