Es sollte wohl ein ganz besonders cooler Auftritt werden von Tyson Fury bei der heutigen Pressekonferenz vor dem WM-Kampf gegen Wladimir Klitschko.
Im blau-grau gestreiften Poloshirt erschien der 2,06 Meter-Hühne zur PK, fläzte sich in seinen Stuhl und blickte in die Runde wie ein 14-Jähriger, der zum ersten Mal Nachsitzen muss – und das als einschneidend positives Erlebnis seiner Böse-Buben-Karriere betrachtet…
Sympathisch jedenfalls ist anders.
Wie ein verzogener Schuljunge…
Im Gegensatz zu den großen Gesten, welche man von Boxern aus Übersee wie Shannon Briggs und Konsorten kennt, legte der Brite es nicht auf die große Show an. Er provozierte nicht durch Gebrüll und Muskelspiele, sondern durch sein Auftreten.
Überheblich, arrogant, beinahe desinteressiert lauschte er den Ausführungen von Bernd Bönte und Co.
Das Team um Weltmeister Klitschko hingegen erschien, wie immer, im edlen Zwirn, freundlich, weltgewandt, ruhig. Die perfekte Inszenierung eines Gentlemanboxers – und Businessman.
Tyson Fury hingegen passt in keinster Weise in dieses Bild. Und will das auch gar nicht. Fury ist weder Gentleman noch Gladiator, versprüht den Charme eines trotzigen Schuljungen – und erscheint dennoch als der erste Gegner seit gefühlten einhundert Jahren, der Klitschko zumindest eine Zeit lang Paroli bieten könnte.
Auch wenn für dieses Szenario der Konjunktiv eine äußerst große Rolle spielt: Reichweite und Größe sprechen für den Mann von der Insel.
Außerdem gilt Fury als Mann fürs Grobe, geht gerne in den Clinch, hat ordentliche Nehmerqualitäten und nutzt seine lange Führhand häufig um Abstand zu halten – hin und wieder auch mit unerlaubten Mitteln.
Zum Sympathieträger taugt er damit nicht, interessant macht er sich so jedoch allemal. Denn boxen kann er…
Fury: „Du bist langweilig, Du bist alt, Du bist nichts“
„Ganz Europa will Dich verlieren sehen, Du bist langweilig, Du bist alt, Du bist nichts“, Fury provozierte mit Lässigkeit, leise, bestimmt, mit einem schiefen Grinsen im Gesicht. Klitschko konterte: „Bestätigt: Fury braucht einen Therapeuten…“
So richtig ausgefallen waren sie eigentlich nicht, die Sticheleien der beiden Kontrahenten. Weltmeister wie Herausforderer spielten ihre Rolle, kleine Frotzeleien wurden ausgetauscht, Gürtel präsentiert und Wladimir Klitschko lobte wie zuletzt so häufig seinen Gegner: „Fury macht keine Witze, er kommt hier her um Weltmeister zu werden. Das wird ein großer Abend für die Boxfans in aller Welt.“
Die vielleicht wichtigste und gleichsam erwartbarste Nachricht des Tages verkündete ein stolzer Klitschkomanager Bernd Bönte gleich zu Beginn der Pressekonferenz:
RTL verlängert TV-Vertrag mit Klitschko
RTL und Klitschko bleiben auch zukünftig Partner, werden noch mindestens fünf weitere Events gemeinsam ausrichten.
Tyson Fury interessierte das alles mäßig, ließ sich jedoch trotzdem zu einem kleinen Seitenhieb hinreißen: „Wenn ich dich besiegt habe und Weltmeister bin, gibst Du mir dann auch Deinen TV-Vertrag ab?“
Klitschko quittierte das mit einem müden Lächeln – so wirklich ernst nehmen, wollte er den Lausbub Fury dann wohl doch nicht…