Labinot Xhoxhaj verteidigt erfolgreich den EBU-Titel gegen Mourad Aliev

Boxen: Universum Boxing Night #15, Hamburg, 07.06.2025
EBU-Eupameisterschaft und WBV Intern. Silver Championship: Mourad Aliev (FRA) – Labinot Xhoxhaj (KOS)
© Torsten Helmke

Der Kosovo-Albaner Labinot Xhoxhaj überrascht erneut und bleibt siegreich bei der großen EBU-Europameisterschaft – der Kampf enttäuscht jedoch.

Es hätte eines der großen deutschen Highlights des Boxjahres 2025 werden sollen: die traditionsreiche EBU-Europameisterschaft im Schwergewicht. Viele glanzvolle Titelträger gingen einst hervor, darunter die Klitschko-Brüder, Tyson Fury oder auch Agit Kabayel. Zuletzt konnte der Kosovo-Albaner Labinot Xhoxhaj (21-0-1) im November überraschend den Titel gewinnen, als er als kurzfristiger Ersatzgegner den bis dahin ungeschlagenen Ukrainer Oleksandr Zakhozhyi (19-1) verdient nach Punkten bezwang.

Seitdem hat sich die Ausgangslage für Xhoxhaj grundlegend verändert – vom Jäger ist er zum Gejagten geworden. Seine erste Titelverteidigung fand bei der gestrigen Universum Boxing Night 15 in Hamburg statt, wo er auf den favorisierten französischen Olympiateilnehmer Mourad Aliev (13-1) traf.

Für diesen Kampf brachte Xhoxhaj überraschenderweise über 12 Kilogramm mehr auf die Waage und wirkte um die Hüften herum auffallend beleibt. Hatte der neue Titelträger etwa das Training vernachlässigt? Entsprechende Spekulationen machten die Runde. Denkbar war aber auch eine gezielte Gewichtszunahme, um in puncto Schlagkraft zulegen zu können. Offensichtlich ging dieser Plan auf.

Mourad Aliev enttäuscht im wichtigsten Kampf seiner Karriere

Boxen: Universum Boxing Night #15, Hamburg, 07.06.2025
EBU-Eupameisterschaft und WBV Intern. Silver Championship: Mourad Aliev (FRA) – Labinot Xhoxhaj (KOS)
© Torsten Helmke

Eine gesteigerte Schlagkraft war durchaus sinnvoll gegen den 2,02 Meter großen Aliev, der rein boxerisch als überlegen galt. Zudem verfügte er über beträchtliche Reichweitenvorteile, weshalb Xhoxhaj im Vorfeld als Außenseiter galt. Doch gerade in solchen Konstellationen scheint der Kosovare zur Hochform aufzulaufen – insbesondere dann, wenn ihm vermeintlich keine Chancen eingeräumt werden.

Nach einer soliden ersten Runde von Aliev kam vom Favoriten kaum noch etwas. Stattdessen war es Xhoxhaj, der ständig Druck machte und immer wieder mit unorthodoxen, kraftvollen Schwingern traf – Schläge, die Aliev mit seiner boxerischen Ausbildung eigentlich hätte vermeiden müssen. Doch genau das könnte Xhoxhajs große Stärke sein: seine physisch geprägte, teilweise wilde Kampfführung – das Gegenteil vom sauberen, olympisch geprägten Boxstil.

Aliev kam mit diesem Stil nicht zurecht. Ab der vierten Runde machten sich zudem massive konditionelle Probleme bemerkbar. Er schnaufte schwer und suchte vermehrt den Clinch. Ab diesem Zeitpunkt bekamen die Zuschauer in Hamburg leider kein sportliches Highlight mehr zu sehen – sondern eine zunehmend unansehnliche Auseinandersetzung. Aliev klammerte häufig, stützte sich auf den kleineren Xhoxhaj, der seinerseits kaum noch freie Aktionen starten konnte.

Von einem spannenden Titelkampf mit internationalem Anspruch war in der zweiten Kampfhälfte kaum noch etwas zu erkennen – eine herbe Enttäuschung angesichts der hohen Erwartungen im Vorfeld.

Fragwürdiges Punkturteil – immerhin der richtige Sieger

Boxen: Universum Boxing Night #15, Hamburg, 07.06.2025
EBU-Eupameisterschaft und WBV Intern. Silver Championship: Mourad Aliev (FRA) – Labinot Xhoxhaj (KOS)
© Torsten Helmke

Die Tiefpunkte des Kampfes ereigneten sich in Runde 8 und 11, als beide Boxer durch das wiederholte Drauflehnen von Aliev zeitweise aus dem Ring fielen. Von sportlicher Extraklasse war nichts zu erkennen – insbesondere nicht, wenn man parallel den Kampf zwischen Wardley und Huni im Hinterkopf behielt.

Am Ende schleppte sich ein sichtlich erschöpfter Aliev tatsächlich mit seinen Vermeidungsstrategien über die volle Distanz von zwölf Runden, wenngleich er damit gewiss die Gunst der Zuschauer verlor. Xhoxhaj konnte in der Schlussphase ebenfalls nur noch wenige Akzente setzen, was auch daran lag, dass er permanent das Gewicht eines über zwei Meter großen Gegners mittragen musste. Insgesamt zeigte er dennoch eine gute Leistung und überraschte erneut in einem großen Kampf positiv.

Die Punktrichter mussten schließlich ein Urteil fällen – und plötzlich ertönten merkwürdige Punktzahlen. So werteten sie diesen insgesamt einseitigen Kampf tatsächlich mit 115–112, 115–113 und 114–113 für Xhoxhaj, was deutlich zu knapp ausfiel. Vermutlich wurden Alievs Klammerorgien fälschlicherweise als effektive Ringarbeit gewertet – anders ist das kaum zu erklären. Immerhin wurde dem richtigen Mann der Sieg zugesprochen.

Ein freudestrahlender Xhoxhaj verteidigte damit erfolgreich die Europameisterschaft und träumt nun von den großen Kämpfen in Riad. Für Mourad Aliev hingegen gilt es, die sportliche Niederlage aufzuarbeiten: konditionell wirkte er nicht auf der Höhe und enttäuschte auf ganzer Linie als zuvor gehandelter möglicher WM-Contender.

Falah Simoqy stoppt eindrucksvoll Henry Grün

Boxen: Universum Boxing Night #15, Hamburg, 07.06.2025
Intern. Deutsche Interims Meisterschaft: Henry Grün (GER) – Falah Simoqy (GER)
© Torsten Helmke

– Auf der Undercard wurde den Zuschauern einiges geboten. So setzte sich im Duell der hungrigen Prospects Falah Simoqy (4-0-1) eindrucksvoll durch und stoppte nach einer beeindruckenden Energieleistung Henry Grün (8-1) bereits in Runde 4. Es war ein packender, hart geführter Kampf – und ein umso größerer Erfolg für den jungen Simoqy, der sich damit den BDB-Interimstitel im Weltergewicht sichern konnte.

– Im Halbschwergewicht bestand der bis dato ungeschlagene Mike Jäde (20-1) seinen Härtetest gegen den international erfahrenen Roberto Arriaza (21-13) nicht – er wurde bereits in der zweiten Runde krachend gestoppt.

– Das kubanische Schwergewicht José Larduet (14-1) beendete seinen Kampf mit dem ersten Schlag. Sein hoffnungslos überforderter Gegner Brian Zwart (6-2) ließ sich direkt auszählen.

– Der BDB-International-Titelkampf im Cruisergewicht entwickelte sich zu einer wilden Schlacht. Thorsten Fuchs (14-2) musste in der ersten Runde hart zu Boden, konterte jedoch in Runde 2 und stoppte Flamur Haxha (7-1) selbst. Ein sofortiges Rematch ist bereits im Gespräch.

– Das aufstrebende polnische Schwergewicht Kacper Meyna (15-1) tat sich maximal schwer mit dem unangenehm boxenden Luis Jose Marin Garcia (16-11) und gewann nur wenig überzeugend nach Punkten. Garcia setzte auf viel Dirty Boxing, darunter zwei harte Tiefschläge. Meyna, der mit Nasenbluten gezeichnet war, wirkte sichtlich erleichtert, als der Kampf nach sechs Runden vorbei war.

– Der „Diamant“ Yusuf Atmis (8-0) bekam mit Mojtaba Karimi (1-4) einen kampfwilligen Gegner. Karimi investierte viel, doch Atmis überzeugte mit klarer boxerischer Überlegenheit, traf nahezu jede Führhand und gewann vorzeitig per TKO in Runde 4.

Gesamter Kampfabend kostenlos auf YouTube abrufbar

Insgesamt bot die Veranstaltung zahlreiche sehenswerte und spannende Kämpfe sowie einige überraschende Wendungen. Auch wenn der Hauptkampf in Sachen Unterhaltung etwas zu wünschen übrig ließ, war es eine gelungene Veranstaltung, die von Ismail Özen, Ahmet Öner und Matchmaker Marlon Esteban gemeinschaftlich auf die Beine gestellt wurde.

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2 Kommentare

  1. wenn universum und öhner sich zusammen tun kommt immer was krummes dabei raus. das die überhaupt veranstalten dürfen ist eine schande.

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