Kubanische Boxer zählen zu den talentiertesten Athleten weltweit und haben auf internationalen Bühnen zahlreiche Erfolge erzielt. Doch der Weg zum Ruhm ist für viele von ihnen mit erheblichen persönlichen Opfern verbunden, insbesondere wenn sie sich entscheiden, das Land zu verlassen und eine Profikarriere im Ausland anzustreben.
Der Fall Robeisy Ramírez
Es ist nichts Ungewöhnliches, dass kubanische Sportler versuchen, ihr Land zu verlassen, denn Kuba hat seine Spitzensportler lange daran gehindert, dass sie Profis werden können und sie gezwungen, mehr für den „nationalen Ruhm“ als für persönliche Belohnungen zu kämpfen. Die kubanische Regierung betrachtet Fluchtversuche oft als Verrat und reagiert mit harten Sanktionen.
Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist die Geschichte des zweifachen Olympiasiegers Robeisy Ramírez. Er gewann Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro. Als Zeichen seines Stolzes ließ er sich die Olympischen Ringe auf seinen linken Bizeps tätowieren. Doch Tattoos sind in der konservativen kubanischen Sportkultur verpönt. Anfangs wurde sein Tattoo toleriert, aber 2017 änderte sich die Haltung der Behörden.
Sie forderten Ramírez auf, das Tattoo entfernen zu lassen, andernfalls würde er nicht mehr boxen dürfen. Unter diesem Druck unterzog er sich einer chirurgischen Entfernung, die eine sichtbare Narbe hinterließ. Auf X schrieb er: „Sie haben mich gezwungen, mein Olympisches Ringe-Tattoo zu entfernen. Doch diese Narbe ist nichts im Vergleich zu dem, was mein Volk täglich erleidet.“
This is what repression looks like. Cuban dictatorship made me remove my Olympic rings tattoo. Yet this scar is nothing compared to what my people of Cuba have long endured. #SOSCuba🇨🇺 #FreeCuba @marcorubio pic.twitter.com/2UjdlCH0km
— Robeisy Ramirez (@RobeisyRamirez) July 12, 2021
Der gescheiterte Fluchtversuch von Andy Cruz
Nicht jeder Fluchtversuch von kubanischen Athleten verläuft erfolgreich. Ein prominentes Beispiel ist hier der kubanische Boxer Andy Cruz, Olympiasieger von 2021. Im Juni 2022 versuchte er, Kuba illegal zu verlassen, wurde jedoch von den Behörden gefasst und zurückgebracht.
Laut offiziellen Berichten wurde er daraufhin aus dem kubanischen Sportsystem ausgeschlossen, sein Name von den offiziellen Listen gestrichen. Cruz galt als eines der größten Talente des Landes, doch nach seiner versuchten Flucht wurde ihm jede Möglichkeit genommen, seine Karriere in Kuba fortzusetzen. Sein Fall zeigt, dass selbst hochdekorierte Athleten nicht vor den strengen Maßnahmen der Regierung sicher sind. Seit einigen Jahren ist er nun bei Matchroom Boxing unter Vertrag, da es ihm erneut gelang, das Land zu verlassen.
Konsequenzen für geflohene Boxer
Die kubanische Regierung betrachtet das Verlassen des Landes ohne offizielle Genehmigung als schweren Verrat. Athleten, die fliehen, sehen sich daher mit verschiedenen Repressalien konfrontiert. Auch die Familie leidet häufig.
- Lebenslange Sperre: Geflohene Boxer werden von allen nationalen Wettbewerben ausgeschlossen und dürfen nicht mehr in Kuba antreten.
- Staatliche Diffamierung: In den staatlich kontrollierten Medien werden sie oft als „Verräter“ oder „Söldner“ bezeichnet, um ihren Ruf zu schädigen.
- Druck auf Familienangehörige: Die Familien der geflohenen Athleten werden häufig schikaniert, verlieren Arbeitsplätze oder werden sozial isoliert.
Neben Ramírez & Cruz gibt es weitere prominente Fälle
Juan Carlos Gómez
Der ehemalige Cruisergewichtsweltmeister floh 1995 nach Deutschland, um eine Profikarriere zu starten. In einem Interview berichtete er über die Schwierigkeiten seines Neuanfangs und die Herausforderungen, denen er gegenüberstand.
Guillermo Rigondeaux
Der zweifache Olympiasieger versuchte 2007 während der Panamerikanischen Spiele in Brasilien zu fliehen, wurde jedoch zurück nach Kuba gebracht. Später gelang ihm die Flucht, und er setzte seine Karriere in den USA fort.
Yoan Pablo Hernández
Yoan Pablo Hernández ist ein weiterer prominenter Boxer, der aus Kuba floh. Im Jahr 2005, während eines Trainingslagers in Deutschland, nutzte Hernández die Gelegenheit, um in Deutschland zu bleiben und eine Profikarriere bei Sauerland zu beginnen. Er wurde später IBF-Weltmeister im Cruisergewicht und baute sich ein neues Leben in Deutschland auf.
Aktuelle Entwicklungen
In den letzten Jahren gab es zumindest ein paar wenige Anzeichen für eine Lockerung der strikten Politik gegenüber Profisportlern. 2022 erlaubte die kubanische Regierung erstmals seit Jahrzehnten Boxern, professionelle Verträge im Ausland zu unterzeichnen, ohne ihre Amateurkarriere aufzugeben. Dennoch bleibt die Situation für viele Athleten prekär und die Angst vor Repressalien ist allgegenwärtig.
Die Geschichten von Robeisy Ramírez und anderen geflohenen kubanischen Boxern verdeutlichen die schwierige Balance zwischen sportlichem Ehrgeiz und den restriktiven politischen Realitäten in Kuba. Trotz ihrer internationalen Erfolge zahlen viele Athleten einen hohen Preis für ihre Entscheidungen, sei es durch persönliche Opfer oder durch die Auswirkungen auf ihre Familien. Die jüngsten politischen Veränderungen könnten Hoffnung auf eine bessere Zukunft bieten, doch die Vergangenheit zeigt, dass Vorsicht geboten ist.