Noch sind es über 6 Wochen bis zum großen Vereinigungskampf der Schwergewichtler im Principality Stadium in Cardiff. Zeit genug für die ein oder andere latente Stichelei…
Joshuas (vermeintlicher?) Makel
Ein gutes halbes Jahr nach dem Rücktritt Wladimir Klitschkos und dem damit besiegelten Ende seiner Ära im Schwergewicht, hat sich einiges geändert und vieles ist auch gleich geblieben. In der beinahe ein Jahrzehnt andauernden Titelregentschaft des Ukrainers gab es immer diesen einen Punkt, an dem sich Kritiker wie auch die Gegner Klitschkos gleichermaßen aufgehängt haben. Es war das ominöse „Glaskinn“, welches ja nur ein einziges Mal richtig erwischt hätte werden müssen, um das Konstrukt Klitschko zum Einsturz zu bringen.
Ganz ähnlich verhält es sich da bei Englands Superstar Anthony Joshua, bei dem allerdings neben den vermeintlichen Kinnprobleme, vorallem die schweren konditionellen Einbrüche zur zentralen Schwachstelle bestimmt wurden. Diese Vermutung fußt insbesondere auf die beiden letzten Kämpfe Joshuas, wo solche Muster erkennbar waren sowie dessen allgemein extrem muskulöse Erscheinung, die Erinnerungen an Frank Bruno erwecken. Und genau hier wird sich die Hoffnung seiner Gegner jetzt und auch in Zukunft nähren. Der Gedanke, man müsse Joshua lediglich „in tiefe Gewässer ziehen“, bis ihm die Puste ausgeht und man ihn dann den sprichwörtlichen Todesstoß versetzen kann.
WBO-Champion Joseph Parker, der im 31. März die Chance auf so ein Vorgehen erhält, geht in seiner gewohnt höflichen Art auch auf dieses Thema ein: „Wenn du dir sein Training ansiehst, es scheint als ob sie all diese neuen Trainingsmethoden haben und es sieht wirklich hart und intensiv aus, die Art von Training, die dich auf 12 Runden vorbereitet. Aber vielleicht muss sein Team noch an ein paar Dingen arbeiten. Wir wissen, dass unser Team eine gute Struktur und ein gutes Trainingsprogramm hat, wodurch wir wenn nötig 12 Runden gehen können. Ich weiß aber nicht warum er so schnell müde wird, das ist etwas was er herausfinden muss“, so Parker gegenüber Sky Sports.
Interessant wird zu beobachten sein, ob Parkers Team in den anstehenden Pressekonferenzen dieses Thema im Sinne der psychologischen Kriegsführung noch aufgreifen wird, nachdem Parkers Promoter Dave Higgins ja schon hinlänglich und in einer unfreiwilligen Komik nicht entbehrenden Art und Weise über Joshuas diverse Bodenbesuche als Amateur und Profi referierte. Die größte Chance für den Neuseeländer dürfte eh sein, wenn sich AJ seinen Schulbuchmäßigen Stil vernachlässigt und die Halb- und Nahdistanz aufsucht. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein provozierter, verärgerter Joshua darauf einlässt, dürfe um einiges größer sein.