Anders als andere deutsche Topamateure hat sich Oronzo Birardi schon relativ früh für den Wechsel zu den Profis entschieden. Die Prioritäten des Deutsch-Italieners werden auch in seinen Aussagen deutlich: „Wenn man mit dem Boxen anfängt, macht man das, um Profiweltmeister zu werden. Keiner beginnt mit dem Boxen, um Olympiasieger zu werden.“ Mit 22 Jahren ist der Cruisergewichtler mit Abstand der jüngste Boxer in den deutschen Top 10. Die Aussichten sind entsprechend rosig. Boxen1 sprach mit dem charismatischen Showman, der tatsächlich wie für das Profiboxen gemacht zu sein scheint.
Boxen1: Befindest du dich schon im Weihnachtsurlaub oder bist du aktuell im Training?
Oronzo Birardi: Ich bin im Training. Voraussichtlich werde ich am 27. Januar boxen. Der Kampf ist in Mailand und wird wahrscheinlich wieder auf DAZN übertragen.
Boxen1: Für diejenigen Fans, die dich noch nicht kennen. Welche Erfolge konntest du als Amateur erreichen?
Oronzo Birardi: Ich war einmal Junioreneuropameister und einmal Vizeeuropameister. Ich habe einige AIBA-Turniere gewonnen. Außerdem war ich 6-mal deutscher Meister. Ich habe in der 2. Bundesliga für Bremerhaven und in der 1. Bundesliga für Team Hessen geboxt und bin dabei ungeschlagen geblieben. Und ich war sogar einmal italienischer Meister.
Boxen1: Deine ersten 4 Profiboxkämpfe haben in Italien stattgefunden, dein letzter Kampf war in Deutschland. In welchem Land planst du im kommenden Jahr zu kämpfen?
Oronzo Birardi: Ich bin bei einem italienischen Promoter, OPI SINCE 82, unter Vertrag. Der hat meine Kämpfe in Italien promotet. Zuletzt habe ich einen Kampf in Magdeburg angenommen, der von Dirk Dzemski und Robert Stieglitz organisiert war. Am 27. Januar boxe ich aber wieder in Mailand. Auch werden meine großen Kämpfe künftig wahrscheinlich wieder in Italien stattfinden. Das liegt an dem DAZN-Vertrag.
Boxen1: Du hast dieses Jahr dreimal geboxt und dreimal gewonnen. Wie bewertest du dein persönliches Jahr 2022 aus sportlicher Sicht?
Oronzo Birardi: Das war ein sehr gutes Jahr aus sportlicher Sicht. Die Siege waren fest eingeplant. Wichtiger war, dass ich nach Magdeburg zu Dirk Dzemski gekommen bin. Dadurch habe ich einen riesigen Sprung gemacht. Insbesondere auch im körperlichen Bereich. Bei den Amateuren hatte ich immer im Gewicht bis 81 kg geboxt. Bei den Profis boxe ich jetzt in der Klasse bis 91 kg. Ich konnte dieses Jahr viel Muskelmasse aufbauen und fühle mich jetzt angekommen im Cruisergewicht.
Boxen1: Du stehst gemäß Boxrec aktuell auf Rang 8 im Cruisergewicht in Deutschland. Wir interessieren uns für deine Meinung zu anderen Boxern aus den deutschen Top 10 im Cruisergewicht. Fangen wir an mit Huseyin Cinkara (19-0-0). Er hat dieses Jahr 2-mal geboxt und 2-mal vorzeitig gewonnen. Ist Cinkara ein möglicher Gegner für dich im kommenden Jahr?
Oronzo Birardi: Den kenne ich noch von den Amateuren als ich angefangen habe. Ich denke sein Alter spricht für sich selbst und seine Gegner sind auch nicht die stärksten. Ich wäre bereit für ihn und glaube nicht, dass er mich vor größere Probleme stellen würde.
Boxen1: Firat Arslan (52-9-3) boxt im Alter von 52 Jahren immer noch. Er hat dieses Jahr schon zweimal geboxt und wird am 17.12. nochmal in den Ring steigen. Was hältst du von ihm? Boxlegende oder Boxopa?
Oronzo Birardi: Definitiv Legende. Man kennt ihn in ganz Deutschland. Er ist ein harter Brocken. Ich finde ihn cool. Leider hatte ich noch nicht die Ehre ihn kennenzulernen. Ich habe von ihm auch nur Positives gehört.
Boxen1: Die Nummer 1 in den deutschen Rankings ist Noel Gevor Mikaelyan. Er hat dieses Jahr mit Youri Kalenga in Riga einen Weltklassemann geschlagen. Traust du dem 32-jährigen noch einen Weltmeistertitel zu?
Oronzo Birardi: Ich bin gespannt. Am Ende sind wir alle nur Menschen. Also kann alles passieren. Vor allem in unserer Gewichtsklasse – auch wenn wir keine Schwergewichtler sind.
Boxen1: Was müsste im deutschen Boxen passieren, damit die Fans mehr Duelle deutscher Top-10 Boxer zu sehen bekommen?
Oronzo Birardi: Die Lösung kenne ich nicht. Es würde aber natürlich helfen, wenn wir einen Weltmeister in unseren Reihen hätten. Letztlich machen nur dann deutsche Duelle wirklich Sinn. Die Boxer, die nur Geld wollen, kämpfen lieber einmal im Ausland um großes Geld als ihre Rankings in Deutschland ohne Titelchance aufs Spiel zu setzen.
Boxen1: Angenommen im kommenden Jahr findet ein Round Robin Turnier mit 4 deutschen Boxern aus dem Crusiergewicht statt. Welche 3 Boxer außer dir sollten mit dabei sein?
Oronzo Birardi: Roman Fress und Artur Mann müssten dabei sein. Und die Nummer 1, Noel, müsste natürlich auch dabei sein.
Boxen1: Lass uns abschließend über das Jahr 2023 sprechen. Wie oft planst du im kommenden Jahr zu Boxen? Was sind deine Ziele?
Oronzo Birardi: Ich hätte gerne 3-4 Kämpfe, damit ich ein paar Siege aufs Konto kriege und dann 2024 richtig angreifen kann. Es ist mir aber auch wichtig verletzungsfrei durch das Jahr zu kommen. Die deutsche Meisterschaft wäre toll. Ich könnte auch einen Juniorentitel eines Weltverbandes anstreben.