Jack Culcay über Gegner in WM-Ausscheidung: Er ist eine Dampflok

Cheftrainer Michael Stachewicz und Jack Culcay – AGON Sports + Events GmbH Co KG

Interview mit „Golden Boy“ Jack Culcay vor seinem Kampf gegen den Ukrainer Sergiy Derevyanchenko

Jack Culcay boxt am 13. April um eine WM-Chance der IBF gegen den Ukrainer Sergiy Derevyanchenko. Eigentlich sollte der Kampf in „Golden Jacks“ Geburtsstadt Ambato stattfinden. Doch daraus wird nichts. Die Purse Bid (Kampfversteigerung) ging verloren. Es scheiterte an 20.000 Euro. Nun wird der Kampf in Minneapolis veranstaltet. Dafür holt sich Culcay bei Jürgen Brähmer den letzten Feinschliff. Zwischen zwei Trainingseinheiten nahm er sich die Zeit für ein Interview.

Jack, es sind nur noch wenige Wochen bis zum Fight. Wie hoch ist die Anspannung?

Jack Culcay: Von einer Anspannung merke ich noch gar nichts. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich voll in der Vorbereitung stecke und gar keine Zeit habe, darüber nachzudenken.
Irgendwie ist es jetzt auch anders. Früher habe ich vor den Kämpfen schlecht geschlafen. Das ist heute nicht so, weil ich weiß, dass ich fit bin und extrem gut vorbereitet sein werde.

AGON Chef Ingo Volckmann überlässt nichts dem Zufall. Höhentraining in Ecuador und Vorbereitung mit AGONs Headcoach Michael Stachewicz in Berlin und nun bei Jürgen Brähmer in Schwerin der letzte Feinschliff.  Was genau wird jetzt trainiert?

Jack Culcay: Wir arbeiten an der Kraft-Ausdauer und bolzen weiter Kondition. So halten wir das Niveau, dass wir uns im Höhentraining in Ecuador erarbeitet haben. Jürgen stellt mich perfekt auf Derevyanchenko ein. Er gibt mir immer neue Trainingsreize und das fühlt sich wunderbar an. Wir beginnen nun mit der Sparringsphase. Neben ausgewählten Gegnern trainiere ich auch mit meinem Stallgefährten Björn Schicke. Björn ähnelt in der kämpferischen Veranlagung dem Ukrainer. Zurückblickend war und ist meine Vorbereitung unglaublich professionell angelegt und ähnelt einer Pyramide:  Unten das breite Grundlagen- und Ausdauertraining in Ecuador, in der Mitte die Akklimatisierung in Berlin mit meinen AGON-Kameraden und nun die Spitze, die unmittelbare Wettkampfvorbereitung mit Jürgen in Schwerin.

Michael Stachewicz sagte uns, dass sie in Ecuador wie ein Volksheld gefeiert wurden.

Jack Culcay: Es war unglaublich. Es ist 28 Jahre her, dass ich für eine so lange Zeit in meiner Geburtsstadt war. Mein Vater Roberto war vorgereist und hatte das Trainingscamp organisiert. Ich habe in Ecuador eine sehr große Familie. Meine Verwandtschaft hat ein Gartenfest organisiert, auf dem wir uns nach der langen Zeit alle wiedergesehen haben. Es war phantastisch. Ins Training kamen viele Fans, die ein Selfie oder ein Autogramm mit mir haben wollten oder einfach nur zum „Hallo“ sagen. Und nachdem ein Fernsehsender eine Reportage aus dem Trainingscamp ausstrahlte, da haben mich die Menschen auf der Straße angesprochen und mir ihre Freude entgegengebracht. Sie sind stolz auf mich und drücken mir die Daumen. Ein tolles Gefühl.

Macht es ihnen nichts aus, aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen zu werden?

Jack Culcay: Ingo Volckmann sagte, es würde auf keinen Fall gehen, dass ich so lange von meiner Frau Anna und meiner kleinen Tochter Liane getrennt bin. Deshalb hat er dafür gesorgt, dass die beiden in Ecuador bei mir waren. Dafür bin ich Herrn Volckmann sehr dankbar. In Schwerin bin ich alleine. Das habe ich mit Anna abgestimmt, damit ich mich intensiv auf das Training konzentrieren kann.

Wird Jürgen Brähmer sie nach Minneapolis begleiten?

Jack Culcay: Ja. Jürgen reist mit, genauso wie Micha. Es werden noch viele andere aus dem AGON Team mitkommen. Mein Vater und mein Bruder werden auch dabei sein.

Eigentlich sollte der Kampf in ihrer Geburtsstadt stattfinden. Jetzt ist es Minneapolis geworden.  Belastet es sie, in den USA zu boxen?

Jack Culcay: Am Anfang war ich schon enttäuscht. Es wäre der Knaller gewesen, in Ambato anzutreten. Jetzt ist es halt Amerika und das ist die Heimat von Derevyanchenko. Es bedeutet, dass ich jede Runde gewinnen muss und das werde ich auch. (Culcay lächelt) Ich habe von Boxern gehört, die tatsächlich schon einmal im Ausland gewonnen hätten. Zu denen werde ich dann auch gehören.

Frage: Ist dies der wichtigste Kampf ihrer Karriere?

Jack Culcay: Hätte ich meinen ersten Kampf verloren, dann hätte ich vermutlich direkt mit meiner Profikarriere aufgehört. War das vielleicht mein wichtigster Kampf?
Was ich sagen möchte: Jeder Kampf ist für meine Entwicklung als Boxer wichtig. Dabei zählt ein Sieg genauso viel, wie eine Niederlage.

Frage: Wie schätzen sie Derevyanchenko ein?

Jack Culcay: Der ist wie eine Dampflok. Er rollt langsam los, nimmt Fahrt auf und fährt dann mit konstanter Kraft und Geschwindigkeit bis zum Zielbahnhof. Das ist schon beachtlich, wie er seine Kämpfe anpackt. Ab Halbzeit ist er warm. Alles was er dann haut, kommt mit der gleichen Kraft und das hält er bis zur letzten Runde durch. Aber er ist eine Dampflok und kein Hochgeschwindigkeitszug.

Frage: Der amtierende IBF Weltmeister Daniel Jacobs boxt Anfang Mai gegen Saul Alvarez. Wenn sie sich gegen den Ukrainer durchsetzen würden. Wer wäre bei dem anstehenden WM Kampf ihr Wunschgegner?

Jack Culcay: Vielen Dank für die Vorschuss-Lorbeeren! Die nehme ich gerne! Aussuchen könnte ich mir das sicherlich nicht. Aber ich glaube, es würde Canelo (Saul Alvarez) werden.

Herr Culcay, vielen Dank für das Gespräch.

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