Interview mit Ulli Wegner

Arhur Abraham und Ulli Wegner

Ulli Wegner: „Arthur ist die Herausforderung meines Lebens!“

Arthur Abraham gegen Robert Stieglitz. Für ein viertes und wohl letztes Mal treffen die beiden Super-Mittelgewichtler beim Kampf um die WM-Krone des Weltverbandes WBO aufeinander. Im GERRY WEBER STADION in Halle/Westfalen findet am 18. Juli (live ab 22:20 Uhr in SAT.1) dieser „Final Showdown“ statt. Wenige Tage bevor es so weit ist, gibt Ulli Wegner seine Gedanken zu diesem „Klassiker“ preis. Außerdem lässt Sie das Trainer-Urgestein ganz nah an sich ran – erzählt, wie schwer es eigentlich ist, Weltmeister Arthur Abraham auf so einen großen Fight vorzubereiten. Das und noch vieles mehr können Sie im folgenden Interview nachlesen.

Ulli Wegner, zum nunmehr vierten Mal trifft Arthur Abraham auf Robert Stieglitz. Wie schaffen Sie es, Ihren Schützling für dieses „ewige“ Duell zu motivieren?

Ulli Wegner: Zwei Worte: Stolz und Ehre – eine bessere Motivation gibt es nicht! Finanziell hat Arthur doch schon lange ausgesorgt. Doch er sollte nicht vergessen, dass ihm der Boxsport das alles ermöglicht hat. Der Junge hat sich zum einen durch seine Leistungen, zum anderen durch seinen Umgang mit den Fans nach oben geboxt. Im Endeffekt muss er diesen Kampf für die Zuschauer gewinnen, um ihnen damit etwas zurückzugeben.

Sie stehen jetzt kurz vor Ende der Vorbereitungen. Wie sind diese verlaufen?

Ulli Wegner: Zunächst haben wir in Berlin mit dem Grundlagentraining begonnen, welches wir dann von Anfang bis Mitte Juni an die Ostsee verlagert hatten. Hier hat uns die frische Meeresluft gut getan und Arthur konnte entsprechend Kondition bolzen. Für den boxspezifischen Teil sind wir dann schließlich ins Bundesleistungszentrum Kienbaum umgezogen. Dort wurde zudem nochmals die Intensität gesteigert. Die Splittung in zwei Trainingslager hatte ich übrigens ganz bewusst gewählt, um jeglichen Lagerkoller zu vermeiden. Bei einer Vorbereitung von knapp 12 Wochen war mir das sehr wichtig.

Hat Ihr Weltmeister denn voll mitgezogen?

Ulli Wegner: Dazu kann ich nur sagen, dass Arthur kein pflegeleichter Athlet ist. Man sollte niemandem verheimlichen, dass es immer wieder ein teils unmenschliches Unterfangen ist, den Jungen in Top-Form zu bringen. Ich würde so weit gehen und sagen, dass es wohl die größte Herausforderung ist, die ich in meinem Leben habe. In der Öffentlichkeit macht er seinem Kampfnamen „King Arthur“ alle Ehre – bei mir im Training muss er sich allerdings unterordnen. Das ist ein Zwiespalt, mit dem Arthur so seine Probleme hat und mich vor eben solche stellt. Im Training und Wettkampf hat der Junge immer die Einstellung, dass er der Beste ist. Man kann mir aber glauben, wenn ich sage, dass ihn z. B. ein Jack Culcay gewaltig fordert. Jack ist der genaue Gegenentwurf zu Arthur, wenn es um das Thema Trainingsfleiß geht. Daher habe ich ihn von Beginn an in die Vorbereitungen auf den WM-Kampf am 18. Juli miteingebunden. Das war ein psychologisches Mittel, um Arthur zu provozieren. Er zeigt es zwar nicht direkt nach außen, aber Arthur braucht das, um sich neu zu beweisen und noch mehr aus sich herauszuholen.

Immer wieder hört man ja, dass Arthur Probleme mit dem „Abkochen“ hat. Was sagen Sie dazu und mischen Sie sich an dieser Stelle ein?

Ulli Wegner: Ich sage es ganz deutlich: In Sachen Ernährung ist Arthur ein Individualist. Ich weiß, dass es ihm immer enorm schwer fällt, das Gewichtslimit zu bringen. Wir haben ja schon einmal vor Jahren einen Ernährungsplan anfertigen lassen, doch er konnte damit einfach nicht umgehen, was sich in seiner damaligen Trainingsleistung wiederspiegelte. Arthur braucht diese Freiheit sich so zu ernähren, wie er es für richtig hält. Gleichzeitig baut er sich dadurch selbst Druck auf und befindet sich in einer Sackgasse. Den Kampf gegen die Waage zu verlieren wäre für ihn schlimmer als jede Niederlage im Ring.

Neben dem Duell im Ring kommt es am 18. Juli ja auch wieder zum direkten Vergleich mit Stieglitz-Coach Dirk Dzemski. Was halten Sie von ihm? Kann er mit seinem Schützling das Gespann Wegner/Abraham überraschen?

Ulli Wegner: Dirk Dzemski ist ein junger Trainer, der noch viel lernen muss. Bei der wichtigsten Eigenschaft für diesen Job kann man ihm bereits das Prädikat „Weltklasse“ attestieren – er ist mit Herzblut bei der Sache und auf dem Weg ein angesehener Trainer zu werden. Aber ich muss ehrlich sein: Wenn man das Potenzial eines Abraham und Stieglitz vergleicht weiß man, dass sein Junge am Limit ist. Der Mix aus Arthurs Leistungsfähigkeit und meinen Erfahrungen und Ideen ist auf einem anderen Level. Ich erwarte erneut einen Stieglitz, der sein Heil in der Offensive suchen wird – er kann einfach nicht anders. Und Arthur wird unter meiner Anleitung entsprechend darauf reagieren.

Zuletzt hat ihr „Aushängeschild“ angekündigt, in spätestens zwei Jahren seine Handschuhe an den Nagel zu hängen. Was kommt im Super-Mittelgewicht nach Arthur Abraham aus Deutschland? Kann jemand die Lücke füllen?

Wir müssen doch bloß einen Blick auf das Vorprogramm am 18. Juli werfen – da boxt zum Beispiel ein Vincent Feigenbutz. Sowohl er als auch Tyron Zeuge haben ein gewisses Talent, das beide ganz nach oben führen kann. Doch auf Talent allein konnte sich noch nie jemand verlassen. Oben an der Weltspitze wird die Luft immer dünner – die muss man erst einmal atmen können. Tyron hat zuletzt bereits bewiesen, dass der Weg für ihn nicht mehr allzu weit ist – Feigenbutz ist meiner Meinung nach diesen Beweis noch schuldig. Doch zum Profisein gehört nicht nur die Leistung im Ring, sondern die Darstellung in der Öffentlichkeit. An dieser Stelle haben beide noch einen weiten Weg vor sich.

Eintrittskarten für die Box-Nacht am 18. Juli in Halle/Westfalen sind ab 38,00 Euro unter der telefonischen Hotline des GERRY WEBER Ticket-Centers (05201) 81 80, im Internet unter www.gerryweber-world.de und www.tickethall.de sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

Quelle: Team Sauerland / Fotos: Sebastian Heger

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